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Aus dem Heft

top agrar-SerieVermarktung - Der Preis ist nur die halbe Wahrheit

Lesezeit: 12 Minuten

Die Getreidevermarktung ist kein Buch mit sieben Siegeln. Worauf es ankommt und wie man sich vor Fallstricken schützt, erklärt Bernd Irps, Marktexperte der LWK Schleswig-Holstein.


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Was ist die richtige Strategie, um gute Preise für Getreide sowie Raps zu erzielen? Und worauf muss ich achten, um nicht über den Tisch gezogen zu werden? Diese Fragen beschäftigen viele Ackerbauern.


Die Antworten darauf hängen von Ihren betrieblichen Gegebenheiten, Ihren persönlichen Neigungen sowie Ihrer Risikobereitschaft ab. Voraussetzung für den Erfolg ist zudem, dass Sie die Abrechnungsdetails aushandeln und später kontrollieren, ob Ihr Abnehmer sich an die Absprachen gehalten hat.


Wer den saisonalen Angebots- und Preisdruck in der Ernte umgehen will, braucht Lagerraum. Für das meistens lukrativere Streckengeschäft – wenn Sie Mühlen oder andere Verarbeiter direkt beliefern – benötigen Sie zudem schlagkräftige Verlademöglichkeiten. Sie müssen also erst einmal Geld in die Hand nehmen, um eigene Getreideläger zu bauen. Oder Sie zahlen Gebühren und nutzen für die Lagerung die Kapazitäten Ihres privaten oder genossenschaftlichen Landhändlers. Lohnt sich das?


Damit sich die Einlagerung rechnet, müssen die Getreidepreise nach der Ernte steigen, und zwar deutlich. Inklusive Ein- und Auslagern, Schwund, Verzinsung, anderer variabler sowie der festen Kosten bewegen sich die Aufwendungen fürs Lagern von Getreide nach Berechnungen von Experten in abgeschriebenen Altanlagen monatlich zwischen 1,50 und knapp unter 2 €/t. Wer neu investiert hat, sollte schon eher mit 1,75 bis 2,50 € pro t und Monat kalkulieren, eventuell sogar mit mehr. Billiger geht es beim Handel übrigens auch nicht (1,50 € pro t und Monat plus ein- und auslagern). Einige Getreidehändler bieten an, zwei bis drei Monate gratis bei ihnen einzulagern. Allerdings nur, wenn man später auch an sie verkauft. Andernfalls muss man auf kosten-deckende Preissteigerungen hoffen. Das gilt auch, wenn man eigene Läger hat.


Angenommen, Sie verkaufen Ihr Getreide erst vier Monate nach der Ernte. Dann müssten die Preise je nach Ihren betrieblichen Gegebenheiten bzw. je nach Ihren speziellen Lagergebühren mindestens um 6 €/t (bei abgeschriebenen Altlägern) bis 10 €/t (bei Neuinvestitionen) steigen, damit Sie wenigstens auf Ihre Kosten kommen. Renditen haben Sie dann aber noch nicht erzielt.


Falls Sie eventuell auch noch Geld investiert haben, um z. B. Lkw beladen zu können, liegt die Preislatte, ab der sich die Einlagerung rechnet, noch höher. Im Streckengeschäft ab Hof bzw. ab Station sind dafür aber normalerweise höhere Erlöse zu realisieren als beim Verkauf frei Ersterfasser. Beobachter beziffern das Plus je nach Getreideart und Abnehmer auf 5 bis 7,50 €/t.


Jedes Jahr ist anders:

Geben Sie sich keinen Illusionen hin. Die Einlagerung und der späte Verkauf sind kein Selbstläufer. Das gilt besonders, seit sich die EU von der Intervention verabschiedet hat. Damals machte es fast immer Sinn, die Ernte bis November, also dem Interventionsbeginn, wegzulegen. Heute ist das anders. Nehmen wir z. B. 2012/13: In der ersten Saisonhälfte gab es Preissteigerungen. Diese reichten aber oft nicht einmal, um wenigstens die Lagerkosten zu decken. An Gewinne war gar nicht zu denken. Und in der zweiten Saisonhälfte ging es sogar schon wieder abwärts mit den Notierungen. Wer zu lange mit dem Verkauf gewartet hat, wurde also gleich doppelt bestraft.


Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Ohne Lagermöglichkeiten hat man keine Chance, aktiv zu vermarkten. Man muss abliefern und ist seinem Abnehmer im Prinzip auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Lagern ist aber keine Garantie für höhere Erlöse. Wer lagert, muss den Markt unbedingt mit Argusaugen beobachten, und dann im richtigen Moment beim Verkauf den Sack zumachen.


Lösen Sie sich von der Masse! Viele Landwirte verkaufen immer noch einen großen Teil ihrer Ernte direkt nach dem Drusch. In dieser Zeit stehen die Preise aber normalerweise unter Druck. Denn das Angebot ist groß, und der Handel sitzt am längeren Hebel. Wer sich vor dieser saisonalen Schwäche schützen will, muss sein Getreide einlagern, um es später zu verkaufen. Oder man tut genau das Gegenteil und macht schon weit vor der Ernte Nägel mit Köpfen.


Splitten Sie!

Viele Experten raten dazu, die Vermarktung zu splitten:


  • Früher hieß es: Ein Drittel aus der Ernte heraus verkaufen, ein weiteres um den Jahreswechsel und das letzte im nächsten Frühjahr.
  • Heute lautet die Empfehlung: Gut ein Drittel weit vor der Ernte mittels Vorvertrag verkaufen, den nächsten Teil im Spätherbst/Winter und anschließend nur mit einem überschaubaren Rest auf Preissteigerungen in der zweiten Saisonhälfte spekulieren.


Was bei verschiedenen Strategien herauskommt, können Sie in Übersicht 1 ablesen. Wir haben dabei anhand der top agrar-Preise für B-Weizen der Wirtschaftsjahre 2010/11, 2012/13 und 2014/15 ermittelt, welcher Durchschnittserlös bei verschiedenen Verkaufsszenarien unterm Strich erzielt worden wäre und zu welchen Gesamterlös das bei insgesamt 500 t geführt hätte. Das Ergebnis ist: Jedes Jahr ist anders, und jede Saison erfordert eine eigene Strategie.


Machen Sie Vorverträge!

Anfang dieses Jahres wurden zur Ernte 2015 für Brotweizen mit 220 sec. Fz und mindestens 12 % Protein zwischen 170 und annähernd 190 €/t geboten – letzteres allerdings nur kurzfristig an sehr absatzstarken Wasserplätzen. Wer sich solche Erlöse gesichert hat, traf die richtige Entscheidung. Das gilt vor allem für Betriebe, die ihr Getreide ohnehin sofort nach dem Drusch vermarkten.


Nach dem Erntestart schmierten die Getreidenotierungen regelrecht ab. Und auch heute kann man von den Vorkontraktpreisen des Frühjahrs 2015 immer noch nur träumen. In den meisten Gebieten bewegen sich die Weizennotierungen im Tagesgeschäft zwischen 145 und 167 €/t für B-Qualitäten, und in den Veredlungshochburgen werden für Futterweizen meistens auch nur höchstens 165 bis 177 €/t bewilligt.


Die Entscheidung, Vorkontrakte abzuschließen, wäre übrigens auch dann richtig gewesen, wenn heute höhere Weizenpreise notiert würden. Es ist allerdings ärgerlich, wenn man feststellen muss, dass man sich vorschnell auf deutlich zu niedrige Preisofferten eingelassen hat.


Mindestpreismodelle wählen?

Hier kommen Börsenoptionen ins Spiel. Den Optionshandel an einer Terminbörse, z. B. an der Pariser Matif, können auch Landwirte nutzen, um sich dadurch quasi gegen eine „Versicherungsgebühr“ gegen Preisrückgänge abzusichern, und zwar ohne sich gleichzeitig die Chance auf steigende Notierungen zu verbauen.


Es gibt aber auch Handelshäuser, die Kontrakte mit flexibler Preisfindung, aber fester Preisuntergrenze anbieten. Das sind sogenannte Mindestpreismodelle. Die Firmen sichern sich damit das Getreide, und die Erzeuger müssen sich nicht näher mit dem (schwierigen) Thema „Optionshandel“ befassen. Die Dienstleistung lassen sich die Abnehmer aber in der Regel fürstlich honorieren. Je nach Standort bewegen sich die fälligen „Gebühren“ zwischen 12 bis 25 €/t, teils aber auch darüber.


Diesen Modellen liegt ein Optionsgeschäft zugrunde. So wird beim Weizen der Kontrakt der Pariser Matif als Basis genommen. Normalerweise hat man als Landwirt nach Vertragsunterzeichnung einen Zeitkorridor, in dem man sich auf einen bestimmten Schlusskurs festlegen kann. Ob es sich gelohnt hat, erfährt man aber erst bei der Abrechnung.


Ein Beispiel: Angenommen, Sie hätten 180 €/t angepeilt und müssten dafür 20 €/t bezahlen. Dann würden Sie heute auf Ihre Kosten kommen, wenn die Matif jetzt mindestens 200 €/t ­notieren würde, denn 200 €/t minus 20 €/t ergeben 180 €/t. Die Matif liegt aktuell aber bei knapp 180 €/t – unterm Strich wären Sie also bei 160 €/t gelandet. Das hätten Sie ohne die „Versicherungsgebühr“ auch bekommen (Weitere Beispiele und Infos finden Sie in top agrar 1/2013, Seite 166).


Lesen Sie das Kleingedruckte!

Aufpassen sollten Sie auch beim „Kleingedruckten“, z. B. bei den geforderten Qualitäten. Einige Händler haben in den letzten Jahren in ihren Mindestpreismodellen den Landwirten durchaus mal Daumenschrauben angelegt. Es wurde z. B. ein B-Weizen-Preis ausgelobt, man sollte aber A-Qualitäten liefern. Die Preisdifferenz steckten sich die Abnehmer in die eigene Tasche. Neben den hohen Kosten (die Gebühr ist man auf jeden Fall los) hat auch das etwas am Ruf von Mindestpreisverträgen gekratzt. Dabei können solche Modelle, bei fairen Konditionen, durchaus Sinn machen. Das gilt vor allem für Betriebe, die ihr Getreide fremdlagern.


Gar nichts zu unternehmen, um sich vor Preiseinbrüchen zu schützen, ist ohnehin verkehrt. Gleiches gilt, wenn man vor Verkauf nur auf den Preis schielt und nicht über die Abrechnungskonditionen verhandelt.


Auch in diesem Jahr haben sich etliche Erzeuger mal wieder zunächst über lukrative Vorkontraktpreise gefreut. Mit der Abrechnung kam dann aber das böse Erwachen. Händler haben sich über teils abenteuerliche Abrechnungen und „kreative“ Aufbereitungskosten und sonstige Abzüge schadlos gehalten. Und unterm Strich wurde so aus dem vermeintlich guten Preis ein mäßiger oder gar schlechter.


Gerade bei der Aspiration, auf Abrechnungen oft als Staub oder Besatz bezeichnet, gibt es immer wieder Ungereimtheiten. So wird von einigen Landhändlern oder Genossenschaften pauschal ein Abzug für Aspiration vorgenommen – egal, ob vorhanden oder nicht. Andere ziehen auch schon einen Besatz unter 2 % beim Getreide ab, obwohl meistens eine Freigrenze von 2 % gilt. Und oft wird auch eine unerklärlich hohe Aspiration ausgewiesen. Bei einigen Abrechnungen sind z. B. im Norden Werte von 7 bis 10 % zu finden. Solche Werte sind bei der heutigen Erntetechnik kaum nachzuvollziehen. Besonders dann nicht, wenn aus stehendem Bestand gedroschen worden ist.


Details zur Aspiration und anderen Abrechnungskonditionen finden Sie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Ihres Handelspartners. Leider werfen nur wenige Landwirte regelmäßig einen Blick in die AGBs. Viele tun es z. B. erst dann, wenn sie sich darüber wundern, dass die Trocknungskosten trotz sinkender Energiepreise mal wieder angehoben wurden.


Wer die Abzüge nicht vor dem eigentliche Verkauf aushandelt, macht einen teuren Fehler. Hier lassen sich durchaus Rabatte von bis zu 50 % aushandeln.


Zu feuchtes Getreide sorgt aber nicht nur bei den Trocknungsgebühren für unliebsame Überraschungen. Auch bei den Schwundfaktoren gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Händlern. So wird bei einigen Firmen mit dem Faktor 1,2 bei einer leichten Überschreitung von 14,5 % Basisfeuchte gerechnet, andere starten dagegen gleich mit dem Faktor 1,3. Außerdem steigern einige Abnehmer die Faktoren bei steigenden Feuchtewerten schneller als andere.


Das Raumgewicht ändert sich.

Die Feuchte des angelieferten Getreides wirkt sich aber auch auf andere Parameter aus, z. B. auf das Naturalgewicht. Maßgeblich ist hier der Wert nach einer eventuellen Trocknung. Wird das Raumgewicht vorher festgestellt, muss es korrigiert werden.


Beim Weizen gilt normalerweise ein Zuschlag von 0,5 kg/hl je %-Punkt Überfeuchte der angelieferten Partie. Das muss bei der Abrechnung berücksichtigt werden. Teils wird so doch noch das vereinbarte Naturalgewicht von z. B. 77 kg/hl erreicht. Wenn nicht, erfolgt ein Preisabzug von 1 % je kg/hl.


Übrigens: Das Hektolitergewicht ist der einzige konkrete Abrechnungsbestandteil, der in den „Einheitsbedingungen der Getreide- und Ölsaatenhandels“ geregelt ist, auf die der Handel immer wieder verweist. Landwirte sollten den Verweis darauf in Kontrakten allerdings am besten streichen, da darin in erster Linie die Interessen der Abnehmerseite festgezurrt sind.


Spannend kann das Thema „Feuchte“ aber auch beim Proteingehalt werden. Normalerweise gilt als Basis der Wert in trockenem Getreide, also bei 15 % Feuchte. Falls der Proteinwert anhand der feuchten Anlieferungspartie ermittelt wird, muss er nach oben korrigiert werden. Das wird leider immer mal wieder „vergessen“.


Passen Sie auch auf, wenn Proteinwerte anhand einer Rückstellprobe untersucht werden. Die Bestimmung in getrockneter Ware ist teurer als die Bestimmung in der Originalsubstanz und dauert zudem etwas länger. Außerdem darf man dabei nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, also den Wert aus trockener Ware mit einem aus feuchter.


Und geben Sie unbedingt an, ob Futterweizen oder Brotweizen untersucht wird. Bei der Proteinbestimmung wird der N-Gehalt festgestellt und mit einem Faktor auf den Proteinwert hochgerechnet. Beim Futterweizen ist dieser Wert 6,25, bei Brotweizen hingegen lediglich 5,7.


Es gibt viele Stellschrauben, die den ausgehandelten Preis später ganz anders erscheinen lassen können als zuerst gedacht. Daher sollten Sie darüber vor dem Verkauf mit Ihrem Abnehmer verhandeln und sich die Vereinbarungen natürlich schriftlich bestätigen lassen. Und dass Sie die Abrechnung später akribisch kontrollieren müssen, versteht sich von selbst.


Übrigens gehören nicht nur die Trocknungsgebühren und die Bewertung von Qualitätsparametern zur Verhandlungsmasse bei Verkaufsgesprächen. Falls Sie ab Feld direkt in Con-tainer verladen, sollten Sie auch die dafür anfallenden Kosten aushandeln. Am besten wäre es allerdings, diese würde Ihr Abnehmer übernehmen.


Vereinbaren Sie bei größeren Kontrakten auch, wie mit unterschiedlichen Untersuchungsergebnissen von Teillieferungen später bei der Gesamtabrechnung verfahren wird. Nehmen wir z. B. die Proteinwerte. Bei einem Kontrakt auf Basis von 12 % Protein, drohen bei Unterschreitungen Preisabschläge. Normalerweise liegen diese bei 1 bis 1,50 €/t je 10tel Prozentpunkt. Bei mehr als 12 % werden aber keine Zuschläge vorgenommen. Vereinbaren Sie also eine Verrechnung der einzelnen Proben. Falls eine Partie etwas unterm Schnitt liegt, werden Sie also nicht gleich mit drakonischen Preisabschlägen bestraft. Sie könnten allerdings auch aushandeln, dass gleich eine Mischprobe erstellt wird. Das würde die Kosten senken.


Denken Sie bei Verkaufsgesprächen auch daran, den oder die Liefertermine anzusprechen. Beim Zahlungsziel – meistens 14 Tage nach Lieferung – gab und gibt es bislang kaum Probleme. Legen Sie trotzdem fest, wann das Geld auf Ihrem Konto sein muss.


Bei den Liefer- oder Abnahmeterminen drohen in diesem Jahr Probleme. Das gilt zumindest für Kontrakte, die eigentlich jetzt beliefert werden sollten. So wird verbreitet von vollen Lagern berichtet, denn über den Export fließt bislang wenig Ware ab. Erfasser und Großhändler klagen denn auch über Lagerraum-Engpässe. Landwirte, die laut Kontrakt in diesen Wochen liefern sollten, werden vertröstet. Ein Lagergeld für die Weiterlagerung erhalten aber nur diejenigen, die das ausgehandelt haben bzw. darauf bestehen. -me-

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