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Volle Konzentration auf das Kerngeschäft

Lesezeit: 10 Minuten

Bei Agravis geht es jetzt wieder um das Geschäft in den Kernregionen – und um eine gute Partnerschaft mit den Primärgenossenschaften. Das macht der neue Vorstand im top agrar-Gespräch deutlich.


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6,6 Mrd. € Umsatz und 30,4 Mio. € Ergebnis vor Steuern in vergangenen Jahr. Lagen Sie im Ziel?


Schulte-Althoff: Nicht ganz. Beim Umsatz waren wir leicht über Plan, beim Ergebnis aber 12 Mio. € darunter. Wir konnten die Folgen der Dürre nicht ganz auffangen.


Wie viel hat sie das gekostet?


Schulte-Althoff: Am Ende fehlten uns 2018 beim Ergebnis im Bereich Pflanze und bei Dienstleistungen ca. 26 Mio. €. Die Hälfte konnten wir in anderen Unternehmensbereichen auffangen.


Was machte Ihnen stark zu schaffen?


Schulte-Althoff: Wir haben rund 700000 t weniger Getreide erfasst als geplant. Und es fehlten Erträge für Trocknung und Lagerung. Viele Erzeuger haben früh verkauft. Am Ende haben wir bei den Dienstleistungen ca. 6 bis 7 Mio. € weniger erlöst.


Und wie waren die Ergebnisse in den anderen Geschäftsbereichen?


Schulte-Althoff: Im Bereich Tiere stieg der Umsatz um 7%, in der Technik um 6%, in Energie um 5% und in Märkte sogar um 11%.


Wie lief das erste Quartal 2019?


Köckler: Wir liegen beim Ergebnis bei einer schwarzen Null. Geplant waren zwar gut 3 Mio. €, aber die Dürredelle bei den Agrarerzeugnissen beschäftigt uns weiterhin. Dagegen sehen wir bei Dünger sowie Pflanzenschutz schon eine Stabilisierung, und beim Futter liegen wir über Plan. Mit den Bereichen Energie und Technik sind wir ebenfalls zufrieden.


Was peilen sie Sie für gesamt 2019 an?


Köckler: Etwa 6,5 Mrd. € Umsatz und ein Ergebnis von rund 30 Mio. €.


0,5% Umsatzrendite in 2018. Reicht Ihnen das?


Schulte-Althoff: Wir streben nach wie vor die Marke von 1% an. Das wird nicht leicht: Der Wettbewerb ist hoch, und die Witterungsbedingungen haben sich verändert.


Auf der Hauptversammlung haben Sie von Formschwächen gesprochen. Welche meinten Sie?


Köckler: Wir hatten und haben auch jetzt noch Schwächen bei den Agrarerzeugnissen. Die Getreidepreise haben sich gegen uns entwickelt. Da fehlen schnell an der Börse 20 €/t und bei der Prämie 15 €/t.


Wie reagieren Sie darauf?


Hesseler: Wir arbeiten mit noch engeren stopp-loss-Regeln, straffen die Limits und vervollständigen unsere Leitungsebene.


Wo besteht Handlungsbedarf?


Hesseler: Wir optimieren die Prozesse und bauen die Transparenz noch weiter aus.


Was werden Landwirte davon spüren?


Schulte-Althoff: Wenig. In der Abwicklung mit den Landwirten orientieren wir uns weiterhin am Markt. Allerdings wollen wir künftig schneller entscheiden, ob bzw. wann wir erfasste Ware durch Gegengeschäfte absichern.


Also keine neuen Abschlagszahlungen.


Köckler: Nein. Die will keiner. Wir bieten Einlagerungsmodelle an und stellen uns proaktiv im Markt auf.


Was heißt das?


Köckler: Wir optimieren als Erfasser Paritäten und Qualitäten. Letzteres gilt in normalen Jahren für gut 4 Mio. t. Wir produzieren in eigenen Werken inklusive Beteiligungen rund 5 Mio. t Mischfutter, dafür benötigen wir rund 1,5 Mio. t Getreide. Außerdem sind wir als Großhändler für unsere starken erfassenden Genossenschaften tätig.


Wie entwickelt sich Ceravis?


Schulte-Althoff: Agravis ist an der Ceravis zu 25 Prozent beteiligt. Wir sind auf dem Weg. Ziel waren minus 10 Mio. € – immer noch negativ, aber deutlich besser als in den Vorjahren. Bis Juli 2018 waren die Zahlen sogar 2 Mio. € besser als gedacht, dann hat die Dürre das Ergebnis verschlechtert und auf minus 25 Mio. € gedrückt.


Was planen Sie für das laufende Jahr?


Schulte-Althoff: Minus 10 Mio. €.


Wann kommt die schwarze Null?


Schulte-Althoff: Innerhalb der nächsten zwei Jahre.


Sind Sie damit im Zeitplan?


Schulte-Althoff: Wenn wir ehrlich sind, hätten mit schnelleren Sanierungsergebnissen gerechnet.


Belastet das Ihre Zusammenarbeit mit Danish Agro?


Köckler: Nein. In den anderen Bereichen, z.B. Vilomix und Hamburger Leistungsfutter, sind wir sehr erfolgreich. Wir könnten uns gut vorstellen, zusammen mit den Dänen im internationalen Bereich mehr zu machen.


Sie zahlen in diesem Jahr eine Dividende von 1,02 €/Aktie und schütten damit 44% des Konzernjahresüberschusses aus. Wie liegt dieser Wert im Verhältnis zu den Vorjahren?


Schulte-Althoff: 2018 haben wir sogar 56% des Konzernjahresüberschusses als Dividende ausgeschüttet. Aber damals lag die Dividendenrendite bei 3,5%, jetzt bei 4%.


Ist das nicht zu viel?


Schulte-Althoff: Nein, wir wollen die Aktionäre am Unternehmensergebnis teilhaben lassen, und wir haben uns 2018 vor Steuern verbessert.


Wird das Ihre Investitionen 2019 schmälern?


Köckler: Nein. Die Investitionen in Stahl und Beton gehen zwar zurück. Dafür nehmen wir mehr Geld für die digitale Entwicklung in die Hand.


In den nächsten fünf Jahren können Sie Genussrechte von bis zu 100 Mio. € ausgeben. Brauchen Sie frisches Eigenkapital?


Schulte-Althoff: Das Eigenkapital zu stärken, ist immer gut. In den nächsten Jahren laufen allerdings auch Genussrechte von insgesamt 66 Mio. € aus. Diese wollen wir wieder ausgeben und eventuell 34 Mio. € neu platzieren.


Wie haben sich Ihr Eigenkapital und die Eigenkapitalquote entwickelt?


Schulte-Althoff: Als Agravis 2004 startete lagen wir bei 17 bis 18%, heute sind wir bei gut 29%. Das Ziel von rund 30% ist also fast erreicht. ▶


Schauen wir nach vorn. Welche Akzente setzt der neue Agravis-Vorstand?


Köckler: Offensiv kommunizieren und um das Geschäft mit den Genossenschaften werben. Die machen vor Ort das Geschäft mit den Kunden.


Das klingt unspektakulär.


Köckler: Wir wollen den Agrarhandel nicht neu erfinden. Es gilt, Fehler zu vermeiden, die einfachen Sachen richtig zu machen und jeden Morgen neu anzufangen.


Wird es weitere Veränderungen im Vorstand geben?


Köckler: Wir passen gut zueinander.


Auf der Hauptversammlung haben Sie gesagt: Agravis muss das tun, was Agravis kann und wofür sie ein nachhaltig wirtschaftliches Geschäftsmodell liefern kann. Was können Sie gut?


Köckler: Pflanze, Tiere, Technik können wir. Hier müssen wir Klassenbester sein. Statt uns zu internationalisieren müssen wir uns auf unser Kerngebiet vor Ort konzentrieren.


Werden Sie die Aktivitäten des vorherigen Vorstands beerdigen?


Köckler: Bei der Strategie „Hanse“, in der es z.B. um Wachstum, Straffung und Effizienz ging, haben wir uns viel Arbeit gemacht. Diese Arbeit war richtig. Jetzt haben wir die Dinge priorisiert und konzentrieren uns auf den Markenkern Agravis.


Wo hat Agravis noch Luft nach oben?


Köckler: Wir wollen die Partnerschaft mit unseren Genossenschaften ausbauen. Das geht nur mit Offenheit und Vertrauen. Das gilt für beide Richtungen. Aber klar ist auch: Wir können auch nicht auf den Langsamsten im Prozess warten.


Haben die Genossenschaften die neuen Töne schon verstanden?


Köckler: Das ist ein Marathon. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir zu positiven Ergebnissen kommen.


Welche Auswirkungen hat der zunehmende Strukturwandel in der Landwirtschaft auf den Agrarhandel.


Köckler: Die Zahl der Akteure nimmt auch im Handel ab.


Und wie stellen Sie sich darauf ein?


Köckler: Beispielsweise indem wir uns zusammen mit den Genossenschaften spezialisieren.


Sie stellen also die Zweistufigkeit nicht in Frage?


Schulte-Althoff: Im Gegenteil. Die Zweistufigkeit ist ideal, um auch künftig in sich konzentrierenden Märkten zu bestehen, weil wir nah am Kunden sind.


Auf welche Region konzentriert sich die Agravis im Kerngeschäft Agrar?


Köckler: Vor allem auf die Mitte Deutschlands zwischen Polen und Holland. Dort müssen wir unsere Hausaufgaben richtig machen.


In diesem Raum liegt auch die RWZ. Gibt es konkrete Pläne, enger zusammenzurücken?


Köckler: Konkret nicht.


Was haben sie in Süddeutschland vor?


Köckler: Wir konzentrieren uns auf unser Kerngebiet. Da steht Süddeutschland nicht im Fokus – bleibt aber interessant für uns.


Wie wollen Sie Ihre Kosten im Griff behalten. Sind beim Personal Einsparungen geplant?


Köckler: Kosteneffizienz ist uns extrem wichtig. Aber in Zeiten der annähernden Vollbeschäftigung haben wir eher das Problem, genug hochqualifizierte Mitarbeiter zu bekommen.


Wie passen da zwei Zentralen ins Bild?


Schulte-Althoff: Als wir zur Agravis zusammenwuchsen, war das Firmenpolitik. Nun konzentrieren wir immer mehr Aufgaben auf die Standorte in Kundennähe. Wir leisten uns keine Doppelbesetzungen. In Hannover haben wir z. B. keine Mischfutter- und keine Raiffeisen-Markt-Aktivitäten, dafür ist der Pflanzenbau hier stärker vertreten.


Wie wirkt sich der Rückgang der Viehhaltung auf Ihr Geschäft aus?


Köckler: Der Einbruch der Sauenhaltung macht uns Sorgen. Aber die Veredelung bleibt wichtig.


Haben ihre Werke Auslastungsprobleme?


Köckler: Insgesamt sind wir durchaus zufrieden – über alle Werke gesehen, passen die Zahlen. Aber natürlich müssen auch wir regional sehr genau hinschauen.


Wie wollen Sie den Wettbewerb gewinnen?


Köckler: Durch Kompetenz und Know how, das wir durch regionale Vertriebseinheiten und über unsere Genossenschaften verstärkt an die Kunden bringen wollen.


Was geschieht, wenn bei uns die Afrikanische Schweinepest ausbricht?


Köckler: Das wäre für die Veredlung ganz bitter. Für das Getreide gibt es zum Glück Absatzalternativen. Die Stärkeproduzenten brauchen immer mehr Rohware. Deshalb sehe ich nicht unbedingt Absatzprobleme. Es würde dennoch Preisdruck geben.


Sind regionale Impulse für unsere Getreidepreise stärker als internationale?


Köckler: In den letzten drei Jahren haben wir nur sehr wenig exportiert. Das mag sich bei deutlich größeren Ernten wieder ändern. Aber vorerst ist noch der Inlandsmarkt unser Brot- und Buttergeschäft.


Welche Folgen hat die neue Düngeverordnung für die Agravis?


Köckler: Der Düngerabsatz wird weiter sinken, dafür wird die Nachfrage nach Dienstleistungen steigen.


Wie bereiten Sie sich darauf vor?


Köckler: Wir sind schon aktiv, z.B. mit unserer Beteiligung Odas in Dorsten. Zusammen entwickeln wir die Software Delos weiter. Damit können Landwirte ihr Nährstoffmanagement optimieren.


Wie ist diese Aktivität in die gesamte digitale Strategie der Agravis eingebunden?


Hesseler: Es geht uns darum, vorhandene Informationen besser und vor allem stärker zu nutzen.


Wie wollen Sie das schaffen?


Hesseler: Mit der Plattform Myfarmvis. Dort laufen alle Daten zusammen. Von den vorhandenen Insellösungen sowie von anderen Apps, z.B. Futterbestell- und Pflanzenbau-Apps.


Wie weit sind Sie in der Umsetzung?


Hesseler: Die Plattform steht. Wir sind jetzt dabei, unsere bestehenden digitalen Produkte zu integrieren.


Wie gut sind die Genossenschaften schon auf die digitale Welt vorbereitet?


Schulte-Althoff: Es gab Vorbehalte. Jetzt wächst die Bereitschaft, sich damit auseinander zu setzen.


Hesseler: Ich bin fest davon überzeugt, dass mehr Schwung in die Entwicklung in der Fläche kommt, wenn unsere Plattform erfolgreich läuft.


Ziehen die Genossenschaften bei Myfarmvis mit?


Hesseler: Davon gehen wir aus. Wir starten mit fünf Genossenschaften aus dem gesamten Arbeitsgebiet – und diese bewusst unterschiedlich in ihren Anforderungen.


Die RWZ und 28 Primärgenossenschaften, auch aus dem Kerngebiet der Agravis, haben die Plattform „Raiffeisen Networld“ gegründet. Wie passt das mit Myfarmvis zusammen?


Köckler: Wir sind mit myfarmvis als offene Plattform im genossenschaftlichen Verbund und unseren weiteren digitalen Angeboten auf einem guten Weg – und Digitalisierung lebt von Vielfalt und Vernetzung.


Wann soll der Myfarmvis-Verbund stehen?


Köckler: Im Sommer.


Wie werden die Landwirte einbezogen?


Köckler: Über ihre regionalen Genossenschaften.


Wie sind die Rückmeldungen?


Köckler: Positiv, weil wir das Thema pragmatisch und praxistauglich anpacken.


Und was ist mit der Datensicherheit?


Köckler: Die Datenhoheit liegt absolut in den Händen der Kunden – sonst funktioniert das nicht. Teils besteht aber auch die Sorge, künftig keinen Ansprechpartner mehr zu haben.


Zu Recht?


Köckler: Nein. Das Geschäft wird weiter zwischen Menschen gemacht. Die digitale Verknüpfung ist notwendig, um Prozesse schlanker und schneller zu machen. Die Datenhoheit bleibt beim Landwirt bzw. bei der Genossenschaft. Das ist sicher.


Neues Thema: Bio ist ein Zukunftsmarkt. Auch für Agravis?


Köckler: Ja. Viele Genossenschaften bekommen z.B. schon Biogetreide angedient. Biofutter wird ebenfalls vermehrt gehandelt. Dem tragen wir Rechnung, indem Standorte auf Bio umgestellt werden.


Wie viel Musik ist in diesem Markt?


Köckler: Die Zeiten der Pioniergewinne ist vorbei. Der Biomarkt ist hart umkämpft und wird in unserem Portfolio nur ein kleiner Baustein bleiben.


Kerngeschäft in der Kernregion ist Ihr Leitsatz. Wie groß ist die Gefahr, dass neue Wettbewerber aus dem Ausland den Markt aufmischen?


Köckler: Bei unseren mageren Umsatzrenditen im Agrarbereich? Wer sollte sich dafür interessieren?


Köckler: Bei unseren mageren Umsatzrenditen im Agrarbereich? Wer sollte sich dafür interessieren?


Das Interview führten Dr. Ludger Schulze Pals und Jörg Mennerich.


joerg.mennerich@topagrar.com

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