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Was einlagern, was zügig verkaufen?

Lesezeit: 6 Minuten

Kurz vor der neuen Getreideernte stehen die Preissignale nicht gerade auf steigend. Das Angebot soll deutlich zunehmen. Allerdings hat 2018/19 gezeigt: Erntemengen sind nur die halbe Wahrheit.


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Theorie und Praxis: Vor einem Jahr waren die meisten Analysten fast sicher, dass sich die Einlagerung der Getreideernte 2018 lohnen würde. Schließlich waren die Erträge in vielen wichtigen Erzeugungsregionen auf dem Halm regelrecht verdorrt. Landwirte sollten mit dem Verkauf ruhig warten, hieß es. Viele Praktiker sahen das anders und verkauften den Großteil ihrer Ernte zeitnah. Damit lagen sie absolut richtig (siehe Zusatzinfo „Strategie“, Seite 108 unten). Lagern hat sich 2018/19 nicht gelohnt. Die große Frage ist jetzt allerdings: Welche Vermarktungsstrategie ist die richtige für 2019/20?


Das Angebot wird größer


Zügig verkaufen oder abwarten: Das hängt in erster Linie von den Preisen ab, die Ihnen geboten werden. Je stärker diese kurz vor und in der Ernte einbrechen – weil Erfasser aus dem Vollen schöpfen können und die Kurse massiv drücken – desto wahrscheinlicher gibt es später Luft nach oben. Diese bleibt jedoch dünn, wenn wie 2018 schon früh attraktive Erlöse geboten werden.


Davon kann aus Sicht vieler Erzeuger derzeit allerdings keine Rede sein. Nach einer kurzen Erholung haben die Preise (siehe Übersicht rechts) zuletzt wieder nachgegeben. Selbst Skeptiker gehen davon aus, dass die Ernte 2019 deutlich größer ausfallen wird als die vorherige. Von einem Überangebot könne allerdings keine Rede sein, sagen Analysten.


In der Tat. Der internationale Getreiderat (IGC) erwartet in der neuen Saison eine globale Ernte von insgesamt 2,177 Mrd. t Getreide (ohne Reis). Das wäre ein Plus von 39 Mio. t gegenüber 2018/19. Den Bedarf beziffert der IGC aber sogar auf 2,192 Mrd. t (+26 Mio. t), und die Vorräte sinken bis Mitte 2020 auf 602 Mio. t (-15 Mio. t). Einen erheblichen Teil davon bunkert zudem China, das damit vor allem die eigene Versorgung sichert. Die greifbaren Mengen sind also noch kleiner als sie auf den ersten Blick erscheinen, außerdem ergeben sich je nach Getreideart unterschiedliche Versorgungssalden.


Die Weizenernte steigt laut IGC um 33 Mio. t auf 766 Mio. t. Die USA sollen die Vorjahresmengen knapp verfehlen. Die EU und auch andere Exporteure, z.B. Russland, die Ukraine, Australien sowie Kanada sollen hingegen kräftige Zuwächse verzeichnen, so der IGC. Der Verbrauch legt nur moderat zu, und zwar auf 753 Mio. t. Die weltweiten Vorräte werden deshalb binnen Jahresfrist um 13 Mio. t größer und ein Allzeithoch erreichen. 46% von den 276 Mio. t werden zwar Mitte 2020 in China lagern, schätzen die Londoner Marktbeobachter. Aber auch ohne diesen Weizen sei die Versorgung sicher.


Bei Mais reicht die weltweite Ernte von 1,118 Mrd. t (-8 Mio. t) nicht, um den Bedarf zu decken. Es klafft eine Lücke von 33 Mio. t, die durch die Vorräte geschlossen werden muss. Diese sinken in den nächsten zwölf Monaten laut IGC auf 284 Mio. t. Das ist nicht gerade viel. Besonders wenn man bedenkt, dass weit mehr als die Hälfte der globalen Maisvorräte in chinesischer Hand vermutet werden.


Die weltweite Versorgung mit Gerste, Roggen und anderem Grobgetreide dürfte hingegen spürbar besser werden. Der IGC erwartet ausgeprägte Erntesteigerungen. Die Gerstenvorräte wachsen deshalb in der neuen Saison um 13% und die Roggenvorräte sogar um fast 160%. Letztere sind aber 2018/19 auch regelrecht weggeschmolzen.


Der Export muss brummen


Die Zahlen für die EU ergeben ein ähnliches Bild. Der Dachverband des europäischen Getreide- und Ölssaatenhandels (Coceral) erwartet eine Getreideernte von etwa 301Mio t (+7%), davon rund:


  • 140 Mio. t Weichweizen (+10%) sowie 8,1 Mio. t Durum (-6%),
  • 63 Mio. t Mais (+3%),
  • 59 Mio. t Gerste (+5%),
  • 10 Mio. t Triticale (+4%),
  • 8,6 Mio. t Roggen (+34%) und
  • 7,9 Mio. t Hafer (+1%).


Der starke Zuwachs beim Roggen ist ein Problem, das vor allem dem deutschen und dem polnischen Markt zu schaffen machen könnte und eventuell auch den Dänen. In den anderen EU-Staaten ist der Roggenanbau weitgehend unbedeutend. Die Steigerungen bei Weichweizen, Gerste und Co. könnten hingegen ab der Ernte EU-weit die Preise deckeln – es sei denn, der Drittlandexport kommt besser und früher in Schwung als in der Saison 2018/19. Wie sind die Perspektiven?


Auf diese Frage antworten Beobachter derzeit nur ausweichend. Fakt ist: Viele traditionelle Handelspartner der EU haben Importbedarf. Das gilt für Nordafrika, den Nahen und Mittleren Osten ebenso, wie für den richtungsweisenden asiatischen Markt. Unsere Konkurrenz schläft aber nicht, und Analysten erwarten vor allem aus dem Schwarzmeerraum erheblich mehr Druck als 2018/19.


Die Prognosen zur russischen Ernte wurden jüngst moderat gesenkt, weil es dort stellenweise zu trocken war. Aber die Erwartungen liegen trotzdem nach wie vor weit über den Getreidemengen des Vorjahres. Gleiches gilt für Kasachstan und die Ukraine. „Normalerweise drängen vom Schwarzmeer früh große Getreidepartien auf den Weltmarkt“, sagt ein Branchenkenner. Darauf müsse sich der EU-Exporthandel auch in der neuen Saison einstellen.


Analysten machen sich überdies Sorgen um das „Chinageschäft“, und zwar aus zwei Gründen:


  • In China wütet die Afrikanische Schweinepest. Deshalb wurde schon bis zu einem Drittel des Schweinebestands Chinas gekeult. Deshalb wird weniger Futter gebraucht, also auch weniger Importgetreide. ▶23


  • Der Handelsstreit zwischen den USA und China belastet ebenfalls das Geschäft. Denn dadurch verändern sich die Absatzkanäle. Hinzu kommt die Unberechenbarkeit von US-Präsident Donald Trump. Der Weltmarkt ist entsprechend unruhig.24


Die jüngsten Exportprognosen der EU-Kommission wirken vor diesem Hintergrund für etliche Analysten wie das sprichwörtliche Pfeifen im Walde. Brüssel geht z.B. bei Weichweizen in der Saison 2019/20 von einer Steigerung der Drittlandausfuhren um rund 4,5 Mio. t auf 25,5 Mio. t aus und bei Gerste um 1,8 Mio. t auf ca. 8,8 Mio. t. Das sind ambitionierte Zahlen, wenn man sich den enttäuschenden Verlauf der Saison 2018/19 vor Augen hält.


Was soll man einlagern?


Eines ist klar: Schwache Qualitätensollten Sie direkt nach der Ernte abgeben. Für solches Getreide sehen Analysten nur sehr wenig Preisspielraum nach oben. Je höher der Anteil schwacher Qualitäten ist, z.B. wenn die Ernte ins Wasser fallen sollte, desto eher droht zeitweilig Angebots- und Preisdruck. Dagegen würden einwandfreie Partien dann Aufschläge erzielen.


Wenn Sie einlagern wollen, sollten Sie dabei vor allem auf Mühlen- bzw. Exportweizen mit mindesten 12,5% Protein und 220/230 sec. Fallzahl setzen. Auch bei guter Futtergerste sowie einwandfreier Braugerste erwarten Beobachter im weiteren Verlauf der Saison durchaus Preissteigerungen. Gleiches könnte je nach der durchschnittlichen Qualität der Ernte 2019 auch für Spitzenroggen gelten, heißt es. Bei schwachem Roggen müsse man sich hingegen auf Druck einstellen.


Noch ist das allerdings nichts als Spekulation. In den letzten Jahren haben sich vor allem die Notierungen für Futtergetreide schnell wieder vom Erntedruck erholt. 2018/19 hat fast durchgehend das Geschäft mit den hiesigen Futtermischern bei uns die Schlagzahl am Getreidemarkt vorgegeben. Das könnte auch jetzt wieder so sein. Entsprechend schwer ist es, die richtige Strategie zu finden.


joerg.mennerich@topagrar.com

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