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Wird Geiz jetzt wieder geil?

Lesezeit: 5 Minuten

Krieg und Inflation lassen Lebensmittel teurer und knapper werden. Wie Verbraucher reagieren und wo sie sparen, haben Wissenschaftler der Uni Göttingen und des Thünen-Instituts untersucht.


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Der Krieg in der Ukraine wirkt sich spürbar auf die globale Land- und Ernährungswirtschaft aus. Massiv gestiegene Produktionskosten stellen Landwirtschaft und Direktvermarkter aktuell vor große Herausforderungen. Extremwetterverhältnisse wie in Indien verschärfen die Situation auf den Lebensmittelmärkten zusätzlich.


Die Folge: Lebensmittel in Deutschland waren im April 2022 um 8,6% teurer als ein Jahr zuvor. Besonders stark sind die Preise für Speisefette und -öle (+27%), Fleisch (+12%), Molkereiprodukte und Eier (+9%) sowie Gemüse (+9%) gestiegen. Wie nehmen Verbraucherinnen und Verbraucher die Entwicklung wahr, und wie wirkt sich dies auf das Konsumverhalten aus? Verändert sich die Einstellung zu Nachhaltigkeitsthemen wie Klima- und Umweltschutz, Tierwohl, Bio-Lebensmittel und Regionalität unter dem Preisdruck und Knappheitsbefürchtungen?


Um das zu beantworten, haben das Thünen-Institut und die Universität Göttingen im April 2022 knapp 1000 Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland befragt.


Viele müssen sparen


Die Ergebnisse zeigen, dass die überwiegende Anzahl der Teilnehmer große Angst vor steigenden Energiepreisen (82%), höheren Lebensmittelpreisen (77%) und noch teurerem Kraftstoff (72%) hat. Engpässe bei Energie und Strom befürchten etwa 60%, während 42% große Sorge vor einer Lebensmittelknappheit in Deutschland haben. Fast 64% glauben, dass der Krieg in der Ukraine noch lange oder sehr lange dauern wird, 32% sind unsicher. Fast alle (97%) erwarten, dass sowohl die Kosten für Energie als auch für Lebensmittel zukünftig weiter steigen werden. Solche deutlichen Werte sind ungewöhnlich.


Der Schock sitzt also tief und wirkt sich erwartungsgemäß auf das Kaufverhalten aus. Insbesondere Sonderangebote (57%) und niedrige Preise (54%) sind beim Einkauf von Lebensmitteln für über die Hälfte der Verbraucher seit dem Beginn des Krieges wichtiger geworden (s. Übersicht).


Ebenfalls wichtiger für die Kaufentscheidung werden zudem Regionalität (43%) und das Herkunftsland der Lebensmittel (38%). Offenbar vertrauen die Verbraucher der heimischen Landwirtschaft in Krisenzeiten mehr, und es besteht die Sorge vor einer Verknappung der Lebensmittel aus anderen Ländern. Trotzdem haben Klima- und Umweltschutz sowie Tierschutz für knapp ein Drittel der Befragten an Relevanz gewonnen.


Aktuell wird dieser Trend allerdings ausgebremst von der starken Preissensibilität vieler Menschen, die der Kaufkraft einen Dämpfer verpasst. Die Sorge vor Engpässen bei bestimmten Lebensmitteln und auch die Angst vor einer Ausweitung des Krieges können auch ein Grund dafür sein, dass 38% der befragten Personen seit Kriegsbeginn verstärkt auf eine lange Haltbarkeit von Produkten achten, um diese einlagern zu können.


Weniger wichtig beim Lebensmittelkauf sind den befragten Personen seit Kriegsbeginn hingegen Genuss und Luxus sowie teure Marken – was ebenfalls zur erhöhten Preissensibilität passt. Bei Ökolebensmitteln gibt es aufgrund ihrer hohen Preise ebenfalls bei einer kleineren Gruppe einen Dämpfer.


Wie sich die Preissteigerungen auf das konkrete Einkaufsverhalten auswirken, haben die Wissenschaftler in einer weiteren Frage untersucht. Auch hier zeigen die Antworten, wie „preissensibel“ viele Verbraucher geworden sind: Knapp drei Viertel wollen künftig mehr auf den Preis achten, und 66% vermehrt Lebensmittel aus der eigenen Region kaufen. 43% der Befragten wollen insgesamt weniger tierische Erzeugnisse konsumieren, vermutlich weil die Preise für Tierwohlprodukte ebenfalls weiter steigen werden. Denn Tier- schutz und Nachhaltigkeit sind den Verbrauchern auch in der aktuellen Krise (noch) wichtig: Immerhin 43% der Befragten wollen künftig mehr Fleisch mit einem Tierwohllabel kaufen. Gut ein Drittel hält Klimafreundlichkeit und ein Viertel eine ökologische Produktion beim Lebensmittelkauf für relevant.


Tier- und Umweltschutzbleiben weiterhin wichtig


Für viele Menschen ist das Thema Nachhaltigkeit grundsätzlich weiterhin wichtig: Über 40% der Befragten sorgen sich, dass aufgrund des Krieges Tierschutz, Umwelt- und Klimaschutz in der Gesellschaft unwichtiger werden. Genauso viele Verbraucher haben aktuell allerdings größere Sorgen als die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit beim Lebensmittelkauf. 30% der Befragten sagen, dass sie es sich aktuell nicht leisten können, beim Lebensmitteleinkauf auf Nachhaltigkeitsaspekte zu achten. Andererseits: Gut ein Drittel sieht den Krieg aber auch als Chance, Nachhaltigkeitsziele stärker umzusetzen.


Neben den sehr unterschiedlichen Einstellungen zu dieser Aussage zeigen die Ergebnisse auch, dass die gesellschaftliche Bedeutung von Tierschutz stärker verankert und aktuell wichtiger ist als Klima- und Umweltschutz. Dies kann darin begründet liegen, dass der Tierschutz zum einen bereits seit einigen Jahren stärker thematisiert wird und zunehmend auch gekennzeichnet wird und zum anderen emotionaler aufgeladen ist.


Die steigenden Preise machen es einem Teil der Verbraucherinnen und Verbraucher schwerer, sich entsprechend ihrer Ideale zu verhalten, da ihr Handlungsspielraum aufgrund von begrenztem Einkommen kleiner ist.


Die Ergebnisse machen den wachsenden Zielkonflikt zwischen Nachhaltigkeitsthemen und Lebensmittelpreisen deutlich und weisen darauf hin, dass sich die Prioritäten beim Lebensmitteleinkauf verändert haben: Dies zeigt sich bereits bei teureren saisonalen Produkten wie Spargel und Erdbeeren und kann sich z.B. auf Fleisch ausweiten, da hier aktuell die stärksten Preissteigerungen zu beobachten sind.


Einen Rückgang der Nachfrage nach teureren (Marken-)Produkten gab es auch in früheren Preiskrisen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich diese starke Preisfokussierung wieder verliert, wenn die Preise wieder fallen. Daher hängt jetzt vieles davon ab, wie stark die Inflation ausfällt und wie lange diese anhält.


Ihr Kontakt zur Redaktion:christian.brueggemann@topagrar.com

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