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Das Brexit-Finale

Sind Schlachter und Molkereien für einen harten Brexit gerüstet? Oder zahlen die Erzeuger mit niedrigen Preisen am Ende die Zeche?

Lesezeit: 5 Minuten

Formal sind die Briten schon im Februar 2020 aus der Europäischen Gemeinschaft ausgetreten. Seitdem gilt eine Übergangsphase, in der Großbritannien noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion ist.

Aber auch diese Phase läuft nun zum Jahresende aus. Ein Handelsabkommen ist noch immer nicht in Sicht. Und Beobachtern fällt es immer schwerer zu glauben, dass in den wenigen verbleibenden Wochen das gelingt, was über vier Jahre nicht möglich war.

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Last-Minute-Abkommen?

Die deutsche Agrarwirtschaft, die über Jahre gute Geschäfte auf der Insel gemacht hat, hofft weiterhin auf ein gutes Ende. „Ich bin Optimist und glaube, dass es noch ein Last-Minute-Abkommen gibt“, zeigt sich Eckhard Heuser vom Milchindustrie-Verband (MIV) zuversichtlich. So verrückt könne niemand sein, auf ein Abkommen zu verzichten, meint er. Als Wirtschaftsvertreter wünscht er sich naturgemäß weiterhin einen möglichst freien Warenverkehr zum Null-Zollsatz.

Weniger optimistisch ist das Management des niederländischen Schlachtkonzerns Vion, der auch in Deutschland etliche Rinder- und Schweineschlachtbetriebe betreibt. „Wir gehen davon aus, dass der harte Brexit zum Jahresanfang in Kraft tritt“, sagt der Vion-Sprecher Karl-Heinz Steinkühler.

Agrarbranche ist vorbereitet

Egal, ob Pessimist oder Optimist. Die meisten Unternehmen der Agrarbranche haben sich soweit wie möglich auf den Ernstfall vorbereitet. Fakt ist: Wenn der harte Brexit kommt, ist Großbritannien für EU-Exporteure ein Drittland. Ohne Handelsabkommen muss der Warenverkehr dann nach den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) betrieben werden. Grenzkontrollen und Zölle wären dann der neue Standard und dürften den Handel erschweren, meinen Branchenkenner.

Das Deutsche Milch Kontor (DMK) beobachtet die Lage deshalb sehr genau. „Wir rechnen ab Januar mit Abfertigungsproblemen an der Grenze“, erklärt DMK-Sprecher Oliver Bartelt. Dennoch sieht er keinen Grund zur Panik. Man habe Anfang 2020 zu Beginn der Coronakrise in der Logistik ähnliche Herausforderungen gehabt. Man sei deshalb nicht „gänzlich ungeübt“.

Bei der Vion fühlt man sich ebenfalls gut präpariert. Man habe sich mit den Logistik- und Transportdienstleistern abgestimmt, um auf den drohenden bürokratischen Aufwand vorbereitet zu sein. „Wir wollen lange Schlangen an den Zollstellen vermeiden“, heißt es bei der Vion.

Deutschlands größtes Schlachtunternehmen Tönnies setzt als Antwort auf den Austritt der Briten aus der Handelsunion auf Internationalisierung. „Wir haben uns bereits vor zwei Jahren auf den Brexit vorbereitet und mit dem Kauf von C&K Meats die Eigenproduktion in Großbritannien gestärkt“, erklärt Tönnies-Geschäftsführer Frank Duffe. So könne man unabhängig von Importzulassungen und Zöllen vor Ort produzieren.

Erst Anfang Oktober verkündete Tönnies, nochmals 25 Mio. € in Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung investieren zu wollen. „Es wird aber auch künftig Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien geben“, stellt Tönnies-Sprecher Dr. Andre Vielstädte klar.

Wie stark der harte Brexit die Unternehmen treffen würde, hängt wohl auch von den jeweiligen Geschäftsbeziehungen ab. Wo Exporteure und Importeure seit Jahren eng zusammenarbeiten, dürfte der Brexit die Verbindung nicht völlig kappen. Man werde selbst bei einem harten Brexit weiter Schweinefleischprodukte nach Großbritannien liefern, stellt die Vion klar.

Brexit ohne Marktfolgen?

Die Stimmen aus den Führungsetagen der Unternehmen klingen relativ gelassen. Es scheint, als hätte der harte Brexit über die Jahre an Schrecken verloren. Bleibt der Schock für den Markt somit aus?

Nicht alle sehen es so entspannt. MIV-Geschäftsführer Heuser verweist auf die drohenden Zölle. Nach jetzigem Stand würde z.B. ein Päckchen Butter mit 250 g mit 47 Cent belastet. „Zu diesem vollen WTO-Zollsatz hat die EU bisher fast nichts aus Drittländern importiert“, stellt Heuser (MIV) klar.

Das stimmt, mag aber auch daran liegen, dass die EU seit je her Nettoexporteur bei Milchprodukten ist und somit auch nicht importieren muss. Das ist bei Großbritannien anders. „Das Königreich hat ein Selbstversorgungsdefizit bei Milchprodukten“, erklärt DMK-Manager Bartelt. Er geht davon aus, dass die Briten trotz Zöllen weiter in der EU ordern werden.

Das wäre auch wichtig, denn insbesondere die „milchstarken“ Iren setzen viel Butter und Cheddar auf der Insel ab. „Wenn das nicht mehr geht, besuchen die Iren stärker unsere Märkte“, befürchtet Heuser.

Auch im Fleischbereich können die künftigen Zölle den Handel belasten. „EU-Rindfleisch wird für britische Importeure etwa ein Drittel teurer“, schätzt der Marktexperte Heribert Breker von der Landwirtschaftskammer NRW. Das könne dazu führen, dass die Iren auch mehr Rindfleisch aufs Festland schicken. Bei Schweinefleisch sieht er es weniger kritisch, weil der Zollsatz mit 5 bis 13% deutlich geringer ist.

Für Breker kommt es auch darauf an, wie gut es den Briten gelingt, sich mit gleichwertigen Produkten vom Weltmarkt einzudecken. „Wachstumshormone oder Chlordesinfektion werden die Briten nicht akzeptieren“, ist sich Breker sicher. Um das zu gewährleisten, verhandelt Großbritannien parallel mit den USA, Australien und Neuseeland. Unterschriftsreife Freihandelsabkommen gibt es hier aber bisher nicht.

Insgesamt halten Wirtschaft und Branchenkenner den harten Brexit für verkraftbar. Das hat wohl auch damit zu tun, dass die Corona-bedingten Folgen für den Markt die Brexit-Effekte überlagern. Durch die geschwächte Nachfrage ist der Warenaustausch zwischen der EU und Großbritannien zuletzt bereits spürbar zurückgegangen.

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