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Der Düngermarkt dreht komplett durch

Rekordforderungen, Lieferausfälle und Stundenpreise bestimmen derzeit den Düngermarkt. Bis zur Ernte 2022 dürften Harnstoff, KAS und Co. knapp reichen. Doch was kommt danach?

Lesezeit: 5 Minuten

Festgefahren! Der Markt dreht durch! Völlig überhitzt! Der Düngermarkt eilt derzeit von Rekord zu Rekord, eine Force Majeure-Meldung jagt die nächste Gaspreisnachricht. Bisher nicht gesehene Düngerpreise bestimmen den Markt. Von immer weiter steigenden Kursen bis zum Aussetzen von Angeboten seitens der Industrie und des Handels ist alles dabei – der weitere Marktverlauf scheint völlig offen. Wie geht es jetzt weiter?

Preise auf Rekordniveau

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Fakt ist: Dünger ist knapp, der Nachschub stockt. Die Preise zeigen sich entsprechend fest und haben ein nie gesehenes Niveau erreicht. Schon im Herbst 2021 und zu Beginn dieses Jahres waren sehr hohe Gaspreise bereits ein wesentlicher Grund für steigende Düngernotierungen. Seit der russischen Invasion in die Ukraine Ende Februar fehlt zusätzlich der globale Hauptanbieter Russland für Stickstoff, Kali und Phosphor. Sanktionen der EU gegen Russland machen den Handel mit den Anbietern dort unmöglich.

In der Folge bestimmen Tagespreise und individuelle Geschäfte inzwischen den Markt. Die Abgabepreise des Handels (frei Hof oder ab Lager) für Harnstoff lagen zuletzt je nach Region zwischen 900 und 1300 €/t. Für Kalkammonsalpeter (KAS) mussten zwischen 800 bis teils mehr als 1000 €/t angelegt werden. Rückblick: Die Harnstoffpreise lagen im Juli 2021 in Norddeutschland noch zwischen 435 und 445 €/t! KAS kostete vor einem Jahr zwischen 250 und 290 €/t frei Hof (siehe Übersicht).

Während die Kurse für KAS und Harnstoff Anfang April 2022 zeitweise leicht nachgaben, bleiben die Forderungen für Kali und DAP weiter sehr fest. Kali kostete zuletzt je nach Region 400 bis 515 €/t ab Lager. Auch hier zum Vergleich: Im Juli 2021 kostete die Tonne Kali nicht einmal halb so viel (240 €/t).

Aktuelle Düngerpreise finden Sie auf agrarfax.de und regionalisiert auf www.topagrar.com.

Wie lange reichts?

Hinter den Rekordpreisen standen bislang relativ wenig echte Geschäfte: Die meisten Landwirte hatten den Bedarf für die erste, inzwischen ausgebrachte, N-Gabe frühzeitig gesichert. Teilweise haben sie auch die zweite Gabe vorgekauft, auch wenn viele Ackerbauern die Beschaffung vor der Saison angesichts der hohen Preise regional und je nach Betriebsform eher zögerlich angegangen sind.

Einige landwirtschaftliche Betriebe haben 60 bis 70% der Ware vorab eingedeckt. Andere haben erst zum Jahreswechsel mit dem Verkauf von Getreide agiert und alles an Dünger gekauft, was zur Verfügung stand.

Die andere Seite der Medaille: Die zusätzliche Nachfrage trieb die Kurse noch weiter nach oben. Wer jetzt prompte Ware einkaufen muss, bekommt die Preisexplosion voll zu spüren. Immerhin: Dünger für die zweite Stickstoffgabe ist beim Handel vor Ort verfügbar. Schnäppchenpreise sind in diesem Frühjahr allerdings Geschichte. Dennoch gibt es nach wie vor Offerten: Laut Marktteilnehmern existieren Angebote aus verschiedenen anderen Herkunftsländern – in erster Linie aus Europa, allerdings in nur überschaubaren Mengen. Harnstoff, KAS und auch AHL stehen zur Verfügung.

Die Versorgung mit Kali und Phosphor wurde bisher ebenfalls zu einem großen Teil aus Russland und Belarus, Phosphate auch aus Litauen gedeckt. Im Februar dieses Jahres meldete Belaruskali Force Majeure an – also höhere Gewalt – und musste damit Verträge nicht erfüllen.

Die Auswirkungen der angespannten Lage auf dem Düngermarkt auf Ertrag und Qualität für die kommende Ernte in Deutschland könnten noch überschaubar ausfallen. Allerdings bleibt die Versorgung mit der dritten Gabe an Stickstoff noch unübersichtlich. Damit könnte die Qualitätsgabe beim Weizen wegfallen und die Eiweißgehalte schwächer ausfallen.

Die weitere Entwicklung der Preise für Düngemittel bleibt ungewiss und hängt in erster Linie von den Entwicklungen in der Ukraine und dem zukünftigen Verhältnis der EU zu Russland ab. Eine Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Beziehungen kann aus heutiger Sicht infrage gestellt werden. Eine stärkere Konzentration auf alternative Bezugsquellen wie Marokko für Phosphat oder Israel für Phosphat und Kali sind möglicherweise zu suchen, vielleicht aber auch nur bedingt umsetzbar. In jedem Fall wird es kein „Weiter so“ geben. Der Markt wird sich neu sortieren müssen. Entscheidend wird auch sein, wie sich die Getreidepreise weiterhin entwickeln und den Einsatz des teuren Düngers zulassen.

Gärrest und Gülle begehrt

Um den zwischenzeitlich fehlenden Mineraldünger zu ersetzen, bekommen Gülle und Biogas-Gärreste derzeit einen neuen Stellenwert: Während flächenknappe Viehhalter bisher Geld bezahlen mussten, um die Gülle überhaupt loszuwerden, haben die Anfragen vonseiten der Ackerbauern jetzt deutlich zugenommen.

Wirtschaftsdünger hat sogar einen Preis bekommen: 5 bis 8 € je Kubikmeter zahlen aufnehmende Landwirte, wobei diese Preise sehr individuell gehandhabt werden und regional auch höher liegen können. Einige Betreiber von Biogasanlagen berichten darüber hinaus bereits, dass ihre Gärreste ausverkauft sind.

Das Angebot an Gülle ist allerdings auch vor der Tatsache zu sehen, dass die Tierzahlen rückläufig sind und das Angebot damit kleiner ausfällt. Zudem ist Gülle nicht überall einzusetzen. Auch ist davon zu hören, dass Landwirte Gerste gegen Gülle verkaufen.

Gas treibt Düngerpreise

Bereits vor dem russischen Angriff auf die Ukraine haben hohe Gaspreise dazu geführt, dass Düngerhersteller ihre Produktion zumindest vorübergehend gedrosselt oder ganz eingestellt haben.

Der Gaspreis ist im vergangenen Jahr von rund 20 €/Mwh Anfang 2021 auf zwischenzeitlich über 200 € gestiegen, um dann aber leicht zu sinken. Zuletzt lag der Kurs wieder bei gut 120 €/Mwh. (Anm. d. Red.: Die Preise waren zunächst fälschlicherweise in US-Dollar/mmbtu angegeben. Wir haben den Fehler korrigiert.)

Gas ist der wesentliche Grundstoff für die Erzeugung von Stickstoffdünger. Die Versorgung mit Gas bleibt nach den Ereignissen in der Ukraine umso mehr zentraler Punkt für die Entwicklung der Kurse. Denn Deutschland bezieht bislang rund die Hälfte seines Erdgases aus Russland.

Mit Beginn des Krieges haben sich Düngerhersteller und nicht wenige -händler vorübergehend aufgrund der unsicheren Lage vom Markt zurückgezogen. Wie lange die Ausfälle bzw. die Reduzierung in der Produktion an halten, war bei Redaktionsschluss noch nicht abzusehen.

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