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Der schwere Bulle bringts

Wann und mit welchem Gewicht vermarkte ich meine Bullen? Diese Frage beschäftigt Mäster seit Jahrzehnten: Eine Bachelorarbeit der Hochschule Osnabrück gibt nun Aufschluss.

Lesezeit: 6 Minuten

Unser Autor: Joachim Höckmann, Hochschule Osnabrück

Bullenmäster müssen mit immer spitzerem Bleistift rechnen. Steigende Auflagen bei der Haltung von Bullen und stagnierende Preise setzen die Tierhalter unter Druck. Ob sich die Mast rechnet, hängt dabei nicht zuletzt vom optimalen Vermarktungszeitpunkt ab.

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Kein Wunder, dass Bullenhalter seit vielen Jahren über das richtige Schlachtgewicht bzw. -alter diskutieren. Die Hochschule Osnabrück hat deshalb untersucht, ob ein höheres Schlachtalter wirtschaftlich interessant ist und welche Auswirkungen eine verlängerte Mastdauer auf die Mastleistung, den Schlachtkörperwert und die Wirtschaftlichkeit hat.

Für den Versuch wurde auf einem Praxisbetrieb mit spezialisierter Bullenmast die Futteraufnahme von insgesamt 72 Fleckviehbullen in den letzten Mastwochen erfasst. Die eine Hälfte der Tiere ging im Alter von durchschnittlich 18,5 Monaten zum Schlachthof und die andere mit 19,5 Monaten.

Die Futteraufnahme wurde bereits zwei Wochen vor dem ersten Schlachttermin erfasst. Das Alter, die Futteraufnahme und die Schlachtleistungen wurden auf ihre Zusammenhänge analysiert.

Empfehlungen überholt?

Die tägliche Futteraufnahme schwankte zwischen 30 und 23 kg Frischmasse je Tier. Während des Versuchszeitraums von sechs Wochen nahm jeder Bulle durchschnittlich 28,42 kg Frischmasse je Tag auf, was einer TS-Aufnahme von 13,26 kg entspricht. Innerhalb der sechs Wochen sank in allen Gruppen die tägliche Futteraufnahme im Schnitt um ein Kilogramm.

Auffällig ist, dass die erfassten Werte deutlich über den von der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft 2018 empfohlenen Mengen liegen. Dort werden in der Endmast 9,8 bis 11,7 kg TS je Tier und Tag angesetzt. Dafür könnte es mehrere Erklärungen geben:

  • Die Qualität des Grundfutters war schlecht, weil durch die Dürre 2018 nur niedrige Nährstoffgehalte erreicht wurden. Dadurch könnte sich der Input an Frischmasse zur Deckung des Bedarfs erhöht haben. Allerdings deckte die eingesetzte Ration den Nährstoffbedarf der Tiere bereits ab einer Futteraufnahme von 24 kg Frischmasse oder 11,2 kg TS je Tier.



  • Der Nährstoffbedarf der Fleckviehbullen hat sich durch züchterische Maßnahmen zu großrahmigen, langen und schnellwüchsigen Tieren so verändert, dass die offiziell empfohlenen Werte überholt sind.



  • Die Fressplatzbreite ist mit 85 cm pro Tier relativ groß. Möglicherweise hat das zu weniger Rangkämpfen und Konkurrenz geführt, sodass die Bullen mehr Futter aufnehmen konnten.

Schlachtdaten überraschen

Bei der Auswertung der Schlachtdaten fällt auf, dass trotz ähnlicher Genetik die Gleichung „Hohes Alter gleich hohes Schlachtgewicht“ nicht so eindeutig ist, wie erwartet. Nicht selten erreichten jüngere Tiere höhere Schlachtgewichte als die vier Wochen später geschlachteten Bullen. Das gilt zum Teil sogar für ganze Versuchsgruppen.

Insgesamt beeinflusst das Schlachtalter das Schlachtgewicht nur recht schwach. Offenbar prägen andere Faktoren das Schlachtgewicht viel stärker als das Alter. Vor allem das genetische Potenzial der Tiere oder auch mögliche Erkrankungen während der Aufzuchtphase können die späteren Mastleistungen schmälern.

Für diese Annahme spricht, dass sich die Nettozunahmen der Einzeltiere sehr deutlich unterscheiden. Obwohl alle Tiere die ganze Mast unter den gleichen Umständen gehalten wurden, erreichten die besten Tiere eine Nettozunahme von deutlich über 800 g pro Tag. Die schwächeren Tiere kamen lediglich auf rund 650 g pro Tag.

Auch auf das Klassifizierungsergebnis hatte das Alter der Tiere im Versuch kaum Einfluss. Die meisten U-Tiere brachte die Altersgruppe zwischen 18,5 und 19,5 Monaten hervor.

Schlachtgewicht hebt Klasse

Deutlich klarer ist hingegen der Zusammenhang zwischen dem Schlachtgewicht der Tiere und dem Klassifizierungsergebnis. Von den insgesamt 72 Mastbullen schneiden die 36 leichteren Tiere bei der Fleischigkeit deutlich besser ab als die 36 schwereren Tiere. Mit einem durchschnittlichen Schlachtgewicht von rund 444 kg erreichen die „schweren“ Bullen im Schnitt fast die Handelsklasse U. Die leichten Tiere mit einem Schnittgewicht von nur 384 kg kamen hingegen nur in die Klasse R.

Auf die Fettklassenklassifizierung hat das Schlachtgewicht hingegen wenig oder kaum Einfluss. Mit einem durchschnittlichen Wert von 2,38 hat die schwere Gruppe nur eine marginal stärkere Fettabdeckung des Schlachtkörpers als die leichten Tiere. Die landläufige Meinung, bei höheren Schlachtgewichten verfetten die Tiere, lässt sich in dem Gewichtskorridor der Versuchstiere nicht nachweisen.

Das Gleiche gilt für den Zusammenhang zwischen dem Alter und der Fettklassifizierung. Die Versuchsergebnisse zeigen, dass ältere Bullen nicht mehr zur Verfettung neigen als die jüngeren Tiere. Kurzum: Bei den Merkmalen Alter, Fleischigkeit und Fettklasse waren in den Schlachtdaten keine Zusammenhänge erkennbar.

Wie und wann vermarkten?

Wann Bullenmäster ihre Tiere am besten vermarkten, lässt sich anhand der Versuchsergebnisse nicht pauschal beantworten.

Sehr wahrscheinlich ist, dass höhere Schlachtgewichte, die in Richtung 450 kg SG gehen, die Chance auf eine bessere Klassifizierung erhöhen. Eine Verfettung der Tiere müssen Mäster bei diesen Gewichten offenbar nicht fürchten. Da sich die Tiere sehr unterschiedlich entwickeln, ist der ideale Schlachtzeitpunkt aber von Tier zu Tier sehr unterschiedlich. Den Verkaufstermin allein vom Alter abhängig zu machen, ist deshalb nicht zu empfehlen.

Ob sich diese Vermarktungsstrategie rechnet, hängt aber noch von weiteren Faktoren ab. Vor allem die saisonale Preisentwicklung spielt eine Rolle. Im Winterzeitraum sind die Erzeugerpreise normalerweise besser als im Sommer. Wer also im Spätherbst die Mastbullen länger hält, hat die Chance auf eine bessere Klassifizierung durch ein höheres Gewicht bei gleichzeitig festen Preisen. Diese Strategie kann natürlich nur funktionieren, wenn die Tiere nach Klassifizierungsergebnissen abgerechnet werden und nicht pauschal.

Bei allen Überlegungen muss man zudem auch die Einstallkosten für die Kälber oder Fresser im Auge behalten. Begrenzter Güllelagerraum oder Futterknappheit können die Entscheidung ebenfalls beeinflussen. Letztlich ist die Frage nach der optimalen Vermarktung somit doch wieder sehr betriebsindividuell zu beantworten. Die Diskussionen dürften also weitergehen.

Begleitet wurde das Projekt von der Hochschule Osnabrück durch Prof. Dr. Ralf Waßmuth und vom Beratungsring Osnabrück durch Dipl.-Ing (FH) Norbert Ihorst.

Versuchsdesign 72 Fleckviehbullen auf Praxisbetrieb

Die Untersuchungen fanden auf einem Praxisbetrieb mit spezialisierter Bullenmast im Raum Osnabrück statt. Die Tiere wurden in der Endmast auf Spaltenboden mit Gummibelag gehalten (3,56 m2/Tier, Liegefläche 2,36 m2/Tier mit Gummibelag).

Im Versuch wurde die Futteraufnahme von drei Versuchsgruppen mit insgesamt 72 Mastbullen der Rasse Fleckvieh ermittelt. Die Gruppen umfassten 29, 19 und 24 Mastbullen. Alle Tiere einer Versuchsgruppe wurden am selben Tag eingestallt, befanden sich in einem ähnlichen Altersbereich und hatten dieselben Vorbedingungen in der Mast.

Um zu erkennen wie sich die Futteraufnahme bei einer verlängerten Mast entwickelt, wurden die Versuchsgruppen halbiert. Die eine Hälfte der Tiere ging im Alter von 18,5 zum Schlachter und die andere mit 19,5 Monaten. Die Tiere einer Versuchsgruppe befanden sich in gemeinsamen Buchten mit sieben oder acht Tieren und wurden als gesamte Bucht bei der Messung der Futteraufnahme betrachtet.

Die Messung der Futteraufnahme begann zwei Wochen vor dem ersten Schlachttermin der Versuchsgruppen. Die Fütterung erfolgte täglich zur selben Zeit, die Futterreste wurden zurückgewogen und entfernt. Eine Waage am Futterwagen erfasste die vorgelegte Futtermenge.

Neben der Futteraufnahme wurden die Schlachtdaten der Versuchstiere dokumentiert und ausgewertet.

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