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Die Veggie-Welle rollt – aber langsam

Der Absatz von vegetarischen und veganen Produkten steigt rasant und scheint tierische Produkte regelrecht zu verdrängen. Haben Fleisch, Milch und Co. noch eine Chance? Experten raten zur Gelassenheit.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Markt für vegetarische und vegane Alternativen zu tierischen Produkten boomt. Fast jeder zweite Privathaushalt in Deutschland kaufte im Verlauf des vergangenen Jahres Fleischersatzprodukte oder pflanzenbasierte Alternativen zu Milch und Milchprodukten, berichtet die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).

Die Gründe sind vielfältig. Neugierde ist der häufigste, laut dem Ernährungsreport 2021 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Dieses Motiv nannten 71 % der Befragten, die Veggie-Produkte schon mal gekauft haben. 59 % griffen aus Gründen des Tierschutzes zu. Geschmack, Umwelt- bzw. Klimaschutz sowie Gesundheitsaspekte folgten auf den Plätzen.

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Besonders dynamisch entwickelte sich 2020 die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten. Der Absatz dieses Sortiments, das sich vor allem aus Kurzbratartikeln, Gehacktem und Wurstwaren zusammensetzt, stieg auf Jahressicht um fast 60 %. Hauptgrund dafür ist die wachsende Käuferschaft. Rund 31 % aller Privathaushalte kauften im Jahresverlauf mindestens einmal vegetarische Alternativen zu Fleisch und Wurst. Ein Jahr zuvor lag dieser Anteil noch bei 24 %. Parallel dazu griffen Verbraucher dann auch noch häufiger zu.

Fleischlos knapp 50 % teurer

Das ist bemerkenswert, weil die fleischfreien Alternativen keinesfalls günstig sind. So gaben Verbraucher für ein Kilogramm Fleisch, Fleisch- und Wurstwaren oder Geflügel durchschnittlich 8,54 € aus. Für die vegetarischen und veganen Alternativen zahlten sie mit 12,52 €/kg allerdings 46 % mehr.

Dabei fällt der Veggie-Zuschlag je nach Sorte und Produkt recht unterschiedlich aus. Demnach kostete Salami aus konventioneller Erzeugung 2020 im Durchschnitt 13,59 €/kg. Die fleischfreie Alternative war im Schnitt 17 % teurer. Bei der Bratwurst ist der Preisunterschied hingegen viel höher. Ein Kilo vegetarische Alternative kostete 2020 durchschnittlich 13,91 €/kg – das ist ein Plus von 70 %.

Die Jüngeren kaufen

Beliebt sind vegetarischen Produkte vor allem bei jüngeren Menschen. Das zeigen Analysen. Laut Ernährungsreport haben fast zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen schon mal danach gegriffen. In der Gruppe 60 Jahre und älter war es dagegen nur ein Viertel der Befragten.

Noch deutlicher wird es bei der GfK. Ein Drittel der Fleischersatzprodukte und pflanzenbasierten Alternativen zu Milchprodukten kauften Haushalte, die von Personen unter 35 Jahren geführt werden. Die sonst sehr nachfragestarken Haushalte der Altersklasse 55plus kamen nur auf ein Viertel der Menge, obwohl sie beim klassischen Fleisch für rund die Hälfte der Einkaufsmenge verantwortlich sind.

Das Geschlecht spielt für die Produktwahl offenbar keine so große Rolle. Bei den Singlehaushalten, in denen immerhin rund 20 % der Bevölkerung Deutschlands leben, gab es keine großen Unterschiede zwischen Mann und Frau. Allerdings griffen Frauen bei den pflanzenbasierten Milchalternativen wie Hafer- und Sojadrinks deutlich häufiger zu als Männer.

Fleischersatz bleibt Nische

Trotz der dynamischen Nachfrage bei Fleischersatzprodukten ist dieser Markt weiterhin eine Nische. Bezogen auf die insgesamt nachgefragten Mengen an Fleisch, Wurst und Geflügel erhöhte sich der Anteil der fleischfreien Alternativen lediglich auf knapp 1,6 %. Wie präsent klassische Fleischprodukte auch weiterhin in der Bevölkerung sind, zeigt sich an einer weiteren Zahl. Gut 98% der privaten Haushalte in Deutschland kauften 2020 mindestens einmal Fleisch, Wurst oder Geflügel. Das heißt, lediglich zwei von 100 Privathaushalten kauften im vergangenen Jahr kein Fleisch.

Dennoch ist der Trend eindeutig. Aktuell verzichten schätzungsweise 2 % der Bevölkerung vollständig auf den Verzehr tierischer Produkte. Weitere 10 % ernähren sich vegetarisch. Das ist ein spürbarer Anstieg im Vergleich zu älteren Befragungsergebnissen.

Wie geht es weiter?

Der Veggie-Trend setzt sich fort. Das zeigen auch die aktuellsten Absatzzahlen, die ein Jahr nach Pandemiebeginn nicht mehr dadurch verzerrt sind. Demnach liegt die Zuwachsrate für Fleischersatzprodukte auch im Frühjahr 2021 bei 40 %. Im Vergleich dazu ließ sich im gleichen Zeitraum der Verkauf von Fleisch, Wurst und Geflügel an private Haushalte kaum halten.

Tierhalter und ihre Abnehmer müssen trotzdem nicht in Panik verfallen. Dennoch lässt das junge Käuferprofil der Ersatzprodukte die Fleischbranche und Molkereien nicht kalt. Unternehmen wie Vion, PHW-Gruppe oder auch Arla investieren längst in das neue Segment – allerdings ohne die „alten“ Märkte zu vernachlässigen.

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K O M M E N T A R

Tiere behalten Platz in der Nahrungskette

Bei dem medialen Hype um die meist pflanzlichen Alternativen von Fleisch- und Milchprodukten könnte man meinen, Mäster brauchen nicht mehr einzustallen und Züchter nicht mehr besamen. Die Realität sieht dann doch anders aus: 1,6% Marktanteil sind noch keine übermächtige Konkurrenz für das echte Steak auf dem Teller.

Fakt ist aber auch: Weltweit fließen Milliardensummen in Tausende Lebensmittel-Start-ups, die alle damit werben, das Klima zu retten und Tiere zu schonen. Das Veggie-Angebot wird immer größer, billiger und wohl auch besser. Der Tag wird kommen, an dem das vegetarische Hackfleisch von dem echten geschmacklich nicht mehr zu unterscheiden ist.

Gerade die Jugend wird darauf anspringen. Das heißt aber auch, dass die Mehrheit den tierischen Produkten vorerst treu bleibt. Außerdem reden wir hier meist von stark verarbeiteten Produkten, wie Bratwurst oder Nuggets. Das fein marmorierte Rindersteak ist mit bisherigen Methoden kaum zu kopieren.

Und noch etwas: Um weltweit die wachsende Bevölkerung auch künftig mit ausreichend Proteinen versorgen zu können, muss der globale Speiseplan pflanzlicher werden – allerdings ohne Fleisch, Eier oder Milch vollständig zu verdrängen. Tiere werden auch weiterhin ihren Platz haben. Nicht nur als Kuscheltier!

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