Relativ geringe Vorräte an alterntiger Ware, schon reges Interesse an importierten „Frühen“: Der Start in die Frühkartoffelsaison 2022 steht unter positiven Vorzeichen. Optimisten erwarten feste Preise.
Unser Autor: Christoph Hambloch, Marktexperte der AMI:
Die Kartoffelpreise sind nicht so gestiegen wie die Kurse für Getreide und Raps. Und selbst Optimisten bezweifeln, dass die Notierungen für Erdäpfel das noch nachholen. Sie sind allerdings davon überzeugt, dass Erzeuger dem Start der deutschen Frühkartoffelsaison 2022 mit Zuversicht entgegenblicken können.
Das Statistische Bundesamt meldete zum 31.12.2021 Kartoffelvorräte von 3,6 Mio. t, also rund 400.000 t weniger als ein Jahr zuvor. Besonders klein waren die Vorräte in Niedersachsen und Bayern. Dagegen meldete NRW sogar einen deutlichen Zuwachs. Im Westen Deutschlands werden allerdings immer mehr Verarbeitungskartoffeln angebaut und gelagert, der Anbau von Speiseware schrumpft hingegen leicht.
Gleichzeitig fielen im Vergleich zu 2020/21 die Ausfuhren in Länder, die eher Speise- anstatt Verarbeitungsrohstoff aufnehmen, größer aus. Dazu gehören Schweden, die baltischen Staaten sowie Polen, Rumänien, Österreich und Länder entlang der Adria.
Dass alterntige Speisekartoffeln in Deutschland keineswegs reichlich angeboten werden, belegt auch der schon im Januar und damit rund 14 Tage früher als im Vorjahr erfolgte Aufschlag für Ware aus gekühlten Kisten. Die oft hohen Sortierabgänge ließen die Vorräte aber weiter zurückgehen, und Importware hat sich verspätet.
Importfrühe verzögern sich
Normalerweise lagern Abpacker im ersten Quartal des Jahres Frühkartoffeln aus Ägypten in Hafenläger und Kühlhäuser für die spätere Vermarktung ein. Doch im Jahr 2022 lief das nicht so wie geplant. Erst gab es Verspätungen, weil die Knollen in Ägypten wegen kühler und feuchter Witterung – zumindest im Norden – im Januar nur langsam abreiften. Mittlerweile hat die Ernte zwar begonnen, und in Alexandria warten Frühkartoffeln auf den Transfer. Dafür sind jetzt Container knapp, und die Transportkosten haben angezogen.
Offen ist überdies, wie viele „Ägypter“ 2022 überhaupt zu uns geliefert werden. Bis Anfang März sollen zwar 20 % mehr Frühe das Land verlassen haben als 2021. Neben der EU beliefern ägyptische Exporteure aber auch arabische Staaten, Nordafrika und vor allem Russland. Wie es aus Ägypten heißt, soll das Kriegsgeschehen in der Ukraine bisher keine Auswirkungen auf den Export haben. Sogar die Bezahlung sei abseits von Swift geklärt.
Für die EU gab es zuletzt tendenziell abnehmende Mengen aus Ägypten. Im Jahr 2019 wurden rund 290 000 t zu uns verschickt, 2021 dagegen nur noch 220 000 t. Ein großer Teil davon wird in Deutschland und Griechenland verkauft, und zwar in diesem Jahr zu relativ stolzen Preisen. Für festkochende Erdäpfel in mittleren Kalibern werden 2022 franko Abpacker bis zu 70 €/dt durchgesetzt (siehe Übersicht) – inklusive der höheren Transportkosten.
Das wird auch israelische Ware verteuern. Nach einigen rückläufigen Jahren liefert das Land jetzt wieder mehr Knollen in die EU. Bis einschließlich Juli 2021 waren es gut 115.000 t (16 % mehr als im Vorjahr). Große Mengen davon werden nach Deutschland, Frankreich und in jüngster Zeit auch nach Spanien geliefert.
Anfang April war mit ersten Angeboten für den deutschen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zu rechnen. Dieser hoffte, dass für Aktionen zum Ostergeschäft genügend Ware eingetroffen war, was in den Vorjahren oft nicht der Fall war. Preislich werden sich die Israelis wieder über den Ägyptern ansiedeln.
Auch ein weiterer wichtiger Lieferant, Zypern, möchte vom aktuellen Geschäft profitieren. Nach Auskunft von Beobachtern ist der Anbauumfang der sogenannten „spring crop“ auf Zypern in etwa so groß wie 2020/2021. Ernte und Liefertermine sind allerdings verspätet. Denn erst wurde wegen Nässe verspätet gepflanzt, und dann hat Frost vor allem Ende Januar die Stauden in ihrer Entwicklung zurückgeworfen. Im März gab es weitere Kältewellen. Negative Folgen für den Ertrag drohen auch.
Letzteres bereitete auch spanischen Kartoffelanbauern Sorgen. Im Süden war es dort bis Januar viel zu trocken. Die Wasserreservoire in den Bergregionen waren nur noch zu 20 bis 30 % gefüllt und Restriktionen bei der Verwendung von Trinkwasser auf Ackerflächen hätten drastisch ausfallen können. Zuerst zögerten viele Erzeuger denn auch bei den Auspflanzungen. Es gibt deshalb nicht sehr viele frühe Bestände.
Die Lage in puncto Wasserversorgung hat sich allerdings inzwischen entspannt. Die Erwartungen an die Frühkartoffelernte in Andalusien sind jetzt sogar groß. Über die Exportmengen in Richtung Deutschland kann man allerdings nur spekulieren. Eventuell bleiben mehr spanische Erdäpfel als sonst auf dem eigenen Markt.
Gute Startbedingungen
Bisher spricht einiges für gute Rahmenbedingungen für den Beginn der deutsche Frühkartoffelsaison 2022. Der zeitige Vermarktungsstart der Importware bei vermutlich ähnlichen Liefermengen wie im Vorjahr dürfte Mitte Juni zumindest zu einem problemlosen und vor allem relativ frühen Sortimentswechsel auf deutsche Ware führen.
Dabei muss aber auch die Nachfrage der Verbraucher mitspielen. Die sinkt zwar mit dem Auslaufen von Kontaktbeschränkungen etwas, hat aber wegen mehr Homeoffice ein recht starkes Fundament. Bislang lagen die Einkaufsmengen über denen vor Corona.
Ab März haben Landwirte das trockene, aber kalte Hochdruckwetter genutzt, um vorgekeimtes Pflanzgut auszubringen und anschließend die Felder mit Folie bzw. Vlies abzudecken.
Zum Flächenumfang gibt es keine Statistik. Aus dem Kreis der Erzeugergemeinschaften heißt es aber unisono, dass sich gegenüber dem Vorjahr insgesamt nicht viel verändert hat. Womöglich gibt es in Baden-Württemberg eine geringfügige Verschiebung zu frühen Chipskartoffeln. In der Pfalz könnten Frittensorten leicht gewonnen haben, auch wenn die Vertragspreise nicht wirklich zugkräftig waren. Und im Rheinland gibt es mehr frühen Frittenkartoffelanbau unter Vertrag.
Während Liefertermine für deutsche Frühkartoffeln vor allem vom weiteren Witterungsverlauf abhängen, wird die Verfügbarkeit im Frühsommer mehr von den Erträgen beeinflusst. Ein gutes Fundament für eine vergleichsweise zeitige Versorgung mit heimischer Ware wurde aber gelegt, und die Aussichten haben sich, begünstigt durch sonniges und warmes Wetter, Ende März sogar noch verbessert.
Jetzt müssen nur noch die Preise den richtigen Kurs einschlagen. Wenn alles gut geht, besteht trotz der Kostenexplosion wirklich eine reelle Chance auf mehr als auskömmliche Erlöse für die deutschen Frühkartoffelerzeuger.
Hinweis:
Bitte aktivieren Sie Javascipt in Ihrem Browser, um diese Seite optimal nutzen zu können
Zum Lesen dieses Artikels benötigen Sie ein top agrar Abonnement
Unser Autor: Christoph Hambloch, Marktexperte der AMI:
Die Kartoffelpreise sind nicht so gestiegen wie die Kurse für Getreide und Raps. Und selbst Optimisten bezweifeln, dass die Notierungen für Erdäpfel das noch nachholen. Sie sind allerdings davon überzeugt, dass Erzeuger dem Start der deutschen Frühkartoffelsaison 2022 mit Zuversicht entgegenblicken können.
Das Statistische Bundesamt meldete zum 31.12.2021 Kartoffelvorräte von 3,6 Mio. t, also rund 400.000 t weniger als ein Jahr zuvor. Besonders klein waren die Vorräte in Niedersachsen und Bayern. Dagegen meldete NRW sogar einen deutlichen Zuwachs. Im Westen Deutschlands werden allerdings immer mehr Verarbeitungskartoffeln angebaut und gelagert, der Anbau von Speiseware schrumpft hingegen leicht.
Gleichzeitig fielen im Vergleich zu 2020/21 die Ausfuhren in Länder, die eher Speise- anstatt Verarbeitungsrohstoff aufnehmen, größer aus. Dazu gehören Schweden, die baltischen Staaten sowie Polen, Rumänien, Österreich und Länder entlang der Adria.
Dass alterntige Speisekartoffeln in Deutschland keineswegs reichlich angeboten werden, belegt auch der schon im Januar und damit rund 14 Tage früher als im Vorjahr erfolgte Aufschlag für Ware aus gekühlten Kisten. Die oft hohen Sortierabgänge ließen die Vorräte aber weiter zurückgehen, und Importware hat sich verspätet.
Importfrühe verzögern sich
Normalerweise lagern Abpacker im ersten Quartal des Jahres Frühkartoffeln aus Ägypten in Hafenläger und Kühlhäuser für die spätere Vermarktung ein. Doch im Jahr 2022 lief das nicht so wie geplant. Erst gab es Verspätungen, weil die Knollen in Ägypten wegen kühler und feuchter Witterung – zumindest im Norden – im Januar nur langsam abreiften. Mittlerweile hat die Ernte zwar begonnen, und in Alexandria warten Frühkartoffeln auf den Transfer. Dafür sind jetzt Container knapp, und die Transportkosten haben angezogen.
Offen ist überdies, wie viele „Ägypter“ 2022 überhaupt zu uns geliefert werden. Bis Anfang März sollen zwar 20 % mehr Frühe das Land verlassen haben als 2021. Neben der EU beliefern ägyptische Exporteure aber auch arabische Staaten, Nordafrika und vor allem Russland. Wie es aus Ägypten heißt, soll das Kriegsgeschehen in der Ukraine bisher keine Auswirkungen auf den Export haben. Sogar die Bezahlung sei abseits von Swift geklärt.
Für die EU gab es zuletzt tendenziell abnehmende Mengen aus Ägypten. Im Jahr 2019 wurden rund 290 000 t zu uns verschickt, 2021 dagegen nur noch 220 000 t. Ein großer Teil davon wird in Deutschland und Griechenland verkauft, und zwar in diesem Jahr zu relativ stolzen Preisen. Für festkochende Erdäpfel in mittleren Kalibern werden 2022 franko Abpacker bis zu 70 €/dt durchgesetzt (siehe Übersicht) – inklusive der höheren Transportkosten.
Das wird auch israelische Ware verteuern. Nach einigen rückläufigen Jahren liefert das Land jetzt wieder mehr Knollen in die EU. Bis einschließlich Juli 2021 waren es gut 115.000 t (16 % mehr als im Vorjahr). Große Mengen davon werden nach Deutschland, Frankreich und in jüngster Zeit auch nach Spanien geliefert.
Anfang April war mit ersten Angeboten für den deutschen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zu rechnen. Dieser hoffte, dass für Aktionen zum Ostergeschäft genügend Ware eingetroffen war, was in den Vorjahren oft nicht der Fall war. Preislich werden sich die Israelis wieder über den Ägyptern ansiedeln.
Auch ein weiterer wichtiger Lieferant, Zypern, möchte vom aktuellen Geschäft profitieren. Nach Auskunft von Beobachtern ist der Anbauumfang der sogenannten „spring crop“ auf Zypern in etwa so groß wie 2020/2021. Ernte und Liefertermine sind allerdings verspätet. Denn erst wurde wegen Nässe verspätet gepflanzt, und dann hat Frost vor allem Ende Januar die Stauden in ihrer Entwicklung zurückgeworfen. Im März gab es weitere Kältewellen. Negative Folgen für den Ertrag drohen auch.
Letzteres bereitete auch spanischen Kartoffelanbauern Sorgen. Im Süden war es dort bis Januar viel zu trocken. Die Wasserreservoire in den Bergregionen waren nur noch zu 20 bis 30 % gefüllt und Restriktionen bei der Verwendung von Trinkwasser auf Ackerflächen hätten drastisch ausfallen können. Zuerst zögerten viele Erzeuger denn auch bei den Auspflanzungen. Es gibt deshalb nicht sehr viele frühe Bestände.
Die Lage in puncto Wasserversorgung hat sich allerdings inzwischen entspannt. Die Erwartungen an die Frühkartoffelernte in Andalusien sind jetzt sogar groß. Über die Exportmengen in Richtung Deutschland kann man allerdings nur spekulieren. Eventuell bleiben mehr spanische Erdäpfel als sonst auf dem eigenen Markt.
Gute Startbedingungen
Bisher spricht einiges für gute Rahmenbedingungen für den Beginn der deutsche Frühkartoffelsaison 2022. Der zeitige Vermarktungsstart der Importware bei vermutlich ähnlichen Liefermengen wie im Vorjahr dürfte Mitte Juni zumindest zu einem problemlosen und vor allem relativ frühen Sortimentswechsel auf deutsche Ware führen.
Dabei muss aber auch die Nachfrage der Verbraucher mitspielen. Die sinkt zwar mit dem Auslaufen von Kontaktbeschränkungen etwas, hat aber wegen mehr Homeoffice ein recht starkes Fundament. Bislang lagen die Einkaufsmengen über denen vor Corona.
Ab März haben Landwirte das trockene, aber kalte Hochdruckwetter genutzt, um vorgekeimtes Pflanzgut auszubringen und anschließend die Felder mit Folie bzw. Vlies abzudecken.
Zum Flächenumfang gibt es keine Statistik. Aus dem Kreis der Erzeugergemeinschaften heißt es aber unisono, dass sich gegenüber dem Vorjahr insgesamt nicht viel verändert hat. Womöglich gibt es in Baden-Württemberg eine geringfügige Verschiebung zu frühen Chipskartoffeln. In der Pfalz könnten Frittensorten leicht gewonnen haben, auch wenn die Vertragspreise nicht wirklich zugkräftig waren. Und im Rheinland gibt es mehr frühen Frittenkartoffelanbau unter Vertrag.
Während Liefertermine für deutsche Frühkartoffeln vor allem vom weiteren Witterungsverlauf abhängen, wird die Verfügbarkeit im Frühsommer mehr von den Erträgen beeinflusst. Ein gutes Fundament für eine vergleichsweise zeitige Versorgung mit heimischer Ware wurde aber gelegt, und die Aussichten haben sich, begünstigt durch sonniges und warmes Wetter, Ende März sogar noch verbessert.
Jetzt müssen nur noch die Preise den richtigen Kurs einschlagen. Wenn alles gut geht, besteht trotz der Kostenexplosion wirklich eine reelle Chance auf mehr als auskömmliche Erlöse für die deutschen Frühkartoffelerzeuger.