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Kartellamt​

Gasmangellage: Zuckerverarbeiter dürfen „zur Not“ zusammenarbeiten​

In der Gaskrise wird auch das Bundeskartellamt flexibel: Um der Gasmangellage zu begegnen, erlauben die Wettbewerbshüter den Zuckerproduzenten zu kooperieren.​

Lesezeit: 3 Minuten

Die vier in Deutschland herstellenden Zucker-Unternehmen Nordzucker, Südzucker, Pfeifer & Langen und Cosun Beet planen eine Kooperation, um für den Fall eines Gasversorgungsnotstandes die Verarbeitung von Zuckerrüben zu sichern. Die Vereinbarung sieht vor, dass sich die Unternehmen im Falle einer Kappung der Gasversorgung und resultierendem Produktionsstillstand in den betroffenen Fabriken gegenseitig Produktionskapazitäten zur Verfügung stellen. Der Verein der Zuckerindustrie (VdZ) soll bei der Kooperation einbezogen werden.

Für Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, ist diese Initiative zur Krisenbewältigung vom Kartellrecht abgedeckt. „Die Kooperation der Zuckerhersteller dient in diesen schwierigen Zeiten der Abfederung einer möglichen Gasmangellage in der Produktion. Zurzeit werden einige Zuckerfabriken mit Erdgas befeuert. Bleibt das Gas aus, käme es zum Produktionsstillstand mit gravierenden Folgen, da der Verderb großer Teile der Rüben-Ernte droht. Das ist auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher ein Szenario, das es zu vermeiden gilt, da sich übermäßige Preisspitzen beim Grundprodukt Zucker in der gesamten Wertschöpfungskette auswirken.“

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Wettbewerbsrechtlich hat er keine Bedenken, weil es sich um eine einmalige und zeitlich befristete Kooperation für den Fall eines Gasnotstandes handelt. Der Informationsfluss zwischen den Unternehmen werde zudem auf das Nötigste beschränkt.

Enge Regeln für Kooperation

Freie Produktionskapazitäten sollen zudem nur dann einander zur Verfügung gestellt werden, wenn es durch hoheitliche energiewirtschaftliche Maßnahmen zu Kürzungen oder Kappungen der Gasversorgung und als Folge zu Produktionsstillstand an einem Standort kommt. Allerdings müssen die Unternehmen zuvor konzernintern alle ihre freien Produktionskapazitäten in Deutschland und Europa nutzen und versuchen, die Zuckerrüben an einem anderen nicht mit Erdgas betriebenen Fabrikstandort des Unternehmens zu verarbeiten, sofern das wirtschaftlich aufgrund der Transportkosten möglich ist.

Als Vorbereitungs- und Umsetzungsmaßnahme soll der VdZ die an den einzelnen Standorten verfügbaren freien Verarbeitungskapazitäten bei den Zuckerunternehmen abfragen und ein fortlaufendes Monitoring einführen, welche Kapazitäten auf freiwilliger Basis bereitgestellt werden können.

Zeitlich begrenzte Maßnahme

Die Kooperation ist zeitlich auf die bevorstehende Zuckerrübenkampagne und die darauffolgende Abrechnung bis Juni 2023 begrenzt. Die Kampagne zur Verarbeitung der Zuckerrüben dauert üblicherweise von Anfang September 2022 bis in das erste Quartal 2023.

Neben dem besonderen Ziel der Abfederung einer einzigartigen geopolitischen Ausnahmesituation und der Befristung allein auf die aktuelle Zuckerkampagne ist es auch ein wesentliches Element der geplanten Kooperation, dass der Informationsfluss zwischen den Unternehmen auf das für die Kooperation unerlässliche Minimum reduziert wird. Die Abrechnung der Verarbeitung soll auf Grundlage der Produktionskosten erfolgen, die bilateral von einem unabhängigen ökonomischen Berater – vertraulich – bei den Zuckerunternehmen angefragt werden.

Unternehmen haben teilweise auf Kohle und Öl umgestellt

Das Amt hat daneben auch anerkannt, dass die Unternehmen wegen des drohenden Notstandes bei der Belieferung von Erdgas erhebliche Anstrengungen unternommen haben, Zuckerfabriken von Erdgas auf andere Brennstoffe wie insbesondere Heizöl und Kohle umzustellen. Bei einigen Fabriken war dies allerdings auch im Hinblick auf die Kürze der Zeit bis zur anstehenden Ernte nicht möglich, weil aus Umweltschutzgründen und aufgrund staatlicher Vorgaben zuvor eine komplette Umrüstung von Kohle und Öl auf Gas stattgefunden hat, die nicht mehr rückgängig zu machen war.

Die 18 Zuckerfabriken der vier beteiligten Unternehmen in Deutschland werden zum größeren Teil mit Erdgas betrieben. In der Gesamtschau hat das Bundeskartellamt in Ausübung seines Aufgreifermessens entschieden, kein Verfahren zur Prüfung der geplanten Kapazitätskooperation einzuleiten.

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