Bei der Sojabohne geht noch was! Mehr Soja wagen! Diese und ähnliche Rufe nach der Bohne sind landauf, landab oft zu hören. 2024 wuchs die proteinreiche Leguminose bundesweit auf rund 41.000 ha, knapp drei Viertel davon entfielen aber auf die südlichen Bundesländer Bayern (22.400 ha) und Baden-Württemberg (6.200 ha).
Auch wenn sich die deutsche Anbaufläche in den vergangenen zehn Jahren ungefähr verdreifacht hat, stammen tatsächlich bislang nur rund 3,5 % der in Deutschland benötigten Sojabohnen aus heimischem Anbau.
60 % Selbstversorgung wären möglich
Dabei gehen Experten davon aus, dass in Deutschland jährlich rund 2 Mio. t Sojabohnen erzeugt werden könnten, die dann etwa 60 % des einheimischen Bedarfs abdecken würden.
Möglich ist dieser Umfang durch die zunehmende Wärme und den Zuchtfortschritt. Die Züchter haben in den letzten Jahren deutlich mehr frühe Sojasorten für Grenzstandorte hervorgebracht, die den Anbau auch in weiter nördlich liegenden Regionen Deutschlands erlauben.
Komplettpaket mit Vertrag
Eine Karte des Thünen-Instituts geht davon aus, dass für den Sojaanbau nicht nur der Süden Deutschlands, sondern u.a. auch große Teile NRWs, Hessens, Niedersachsens und die angrenzenden nordöstlichen Bundesländer geeignet wären.
Auf dieses Potenzial setzt seit mehreren Jahren auch die Raiffeisen Warendorf eG im westfälischen Münsterland. Am Standort in Freckenhorst (Kreis Warendorf) unterstützen Anbauberater Dirk Steltig und Geschäftsstellenleiter Conrad Strunk Landwirte quasi mit einem Komplettpaket für den Sojabohnenanbau:
Es reicht von der Saatgutbeschaffung und Unterstützung bei der Impfung mit Knöllchenbakterien über die konkrete Anbauberatung zu Aussaat und Pflanzenschutz bis zur Ernte und Vermarktung: „Wir bieten jeweils früh im Jahr Anbauverträge mit klaren Konditionen an und unterstützen dann von der Sortenwahl bis zur Erfassung und Abnahme“, erklärt Steltig. Rund 700 ha Vertragssojabohnen haben Landwirte im vergangenen Jahr so angebaut und über die Genossenschaft vermarktet.
Regionale Proteinfrucht
Die Bohnen werden überwiegend für die Verwendung als Lebensmittel angebaut, erfasst und als regionaler GVO-freier pflanzlicher Eiweißrohstoff sortenrein an einen Abnehmer weitervermarktet. Die Qualitätsanforderungen an die geernteten Lebensmittel-Sojabohnen sind dabei durchaus hoch: Unter anderem sind maximal 13 % Feuchte, maximal 1,5 % Besatz inkl. Bruchkorn gefordert, und die Bohnen müssen frei von Fremdstoffen, Schädlingen und Pilzen sein. Die Lebensmittelware wird zentral am Standort Freckenhorst erfasst, dieser ist als GVO-freies Lager zertifiziert.
Hinzu kommt, dass der Anbau der Sojabohnen generell anspruchsvoll ist:
Sojabohnen sammeln Luftstickstoff über Knöllchenbakterien, die vor der Saat an das Saatgut gebracht werden müssen. Die Impfung muss bislang mit Spezialgeräten möglichst kurzfristig vor der Saat im Beisein des Landwirts (Stichwort: Saatgutrecht) erfolgen.
Für einen guten Start benötigt die Bohne ein lockeres und möglichst warmes Saatbett, die Aussaat startet im Norden im Mai.
Frühjahrstrockenheit und Tauben können dann die Jugendentwicklung der Pflanzen stören.
Relativ späte Ernte im September, bei feuchter Witterung auch teils erst im Oktober. Die Trocknungskosten können dann relativ hoch ausfallen, weil die Trocknungsdauer bei niedriger Temperatur sehr lang wird.
Erlöse halten mit
Anbauberater Steltig ordnet die Herausforderungen ein: „Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Die pflanzenbaulichen Punkte sind beherrschbar.“ Die zusätzlichen Anforderungen für die Lebensmittelware werden durch höhere Erlöse aufgefangen.
Generell orientiert sich der Auszahlungspreis an den Terminnotierungen der deutschen Ölmühlen. Zuletzt notierten süddeutsche Verarbeiter für den Liefertermin September/Oktober 2025 für GVO-freie Sojabohnen rund 420 €/t (19 % Öl, 34 % Protein). Für die Lebensmittelware und den höheren Aufwand gibt es einen Aufschlag von 10 bis 15 €/t auf den Basispreis.
Ziel: 1.000 Hektar Sojabohnen
Lohnen sich damit die Bohnen auch im Norden? Steltig sieht die Sojabohne so: „Beim Ertrag kommen wir auch im Norden auf über 3 t/ha. Beim Erlös können die Sojabohnen durchaus auch mit anderen Früchten mithalten.“ Mehr Informationen dazu finden Sie auch im top agrar-Beitrag: „Sommerungen: Wie rechnen sie sich 2025“ in der Ausgabe 4/2025 (ab Seite 44).
Der Anbauberater betont aber, dass man bei der Sojabohne auch den Vorfruchtwert der Leguminose und die Auflockerung der Fruchtfolge mit in die Kalkulation einbeziehen müsse. Dann könne Soja auch im Norden eine gute Alternative zum Mais sein.
Steltig würde den Sojabohnenanbau in den geeigneten Regionen in der Nordhälfte Deutschlands gerne weiter ausdehnen. „Wir würden gerne die 1.000 ha-Marke erreichen, um mit einer relevanten Bohnenmenge am Markt vertreten zu sein“, erklärt er. Auch für den Anbau als Futterbohne sieht er noch Potenzial.
In diesem Frühjahr hat er das Ziel noch nicht ganz erreicht und rührt die Werbetrommel: „Kurzentschlossene können noch einsteigen. Die Aussaat beginnt erst, und Saatgut ist vorhanden.“
Fazit
Sojabohnen in Deutschland anzubauen, ergibt aus einigen Gründen Sinn: Neue, frühe Sorten eignen sich auch für Grenzstandorte. Regionales, GVO-freies Soja ist als Lebensmittel gefragt. Nimmt man den Vorfruchtwert und den gesammelten Stickstoffdünger hinzu, kann sich der Anbau auf Grenzstandorten rechnen.