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Holzpreis-Explosion belastet Stallbau - Wer soll das bezahlen?

Die Rohholzpreise explodieren: Borkenkäfer und Coronakrise stellen den Holzmarkt auf den Kopf. Darunter leiden Bauern, die einen neuen Stall bauen. Wir berichten aus der Praxis über die Situation.

Lesezeit: 10 Minuten

Zu viel Käferholz, strikte Einschlagbeschränkungen, Chinas Hun­­ger auf Stahl und Chaos auf dem ­Seefrachtmarkt. Es sind nur ein paar Gründe von vielen, die derzeit die Rohstoffpreise vor sich hertreiben. Die Schmerzgrenze des Bezahlbaren ist für viele überschritten.

Der Holzmarkt läuft aus dem Ruder

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Während Schnitt- und Bauholzpreise massiv gestiegen sind, werden Waldbesitzer ausgebremst.

Alarmsignale vom Holzmarkt: Dachlatten kosten dreimal mehr, Preise für Platten haben sich verdoppelt, für Bau- und Konstruktionsvollholz ebenfalls – wenn es nicht ausverkauft ist. Von Tagespreisen und Lieferzeiten von bis zu fünf Monaten ist zu hören.

Gleichzeitig liegt bzw. steht immer noch massig Käferholz in den Wäldern, das, wenn überhaupt, nur zum Schleuderpreis zu vermarkten ist. Weitaus ärgerlicher für Waldbesitzer sind aber die nur minimal gestiegenen Preise für gesunde Stämme und die beschlossenen Einschlagrestriktionen.

Dass der Markt aus dem Ruder gelaufen ist, hat gleich mehrere Ursachen:

  • Die Borkenkäferkatastrophe dauert weiter an, trotz des kalten Frühjahrs ist bereits die Startpopulation so groß, dass der Borkenkäfer im Sommer in bislang noch nicht befallene Regionen vordringen könnte. Das anfallende Käferholz ist kaum als Bauholz geeignet, es muss aber aus den Wäldern, sodass es Säge- und Lkw-Kapazitäten bindet.

  • Die Käferkalamität hat den Staat auf den Plan gerufen, der mit Einschlagbeschränkungen die Fichtenbestände insgesamt schützen will. Das nimmt nicht nur den Waldbesitzern in diesem Jahr die Chance, dringend benötigtes Geld für die Sanierung der Käferflächen zu verdienen. Das knappe Angebot ist aber nicht die Hauptursache für die angespannte Lage auf dem Holzmarkt.

  • Die Holznachfrage ist massiv angezogen: Dabei ist es nicht nur China, das viel Holz in Europa einkauft. Auch die USA haben viel Ware bei uns eingekauft. Denn durch den strengen Winter in Nordamerika war der Einschlag dort lange Zeit gestoppt, während die boomende Baubranche dort viel Holz braucht. Hinzu kommt: Chinesen und Amerikaner geben für Holz traditionell mehr Geld aus, für europäische Sägewerke lohnt sich der Export also trotz der höheren Transportkosten.

Auch bei uns ist die Holznachfrage massiv gestiegen, die Baubranche läuft auf Hochtouren. Das Virus hat die Bautätigkeiten kaum ausgebremst, Maurer und Zimmerer konnten unter freiem Himmel ohne größere Einschränkungen weiterarbeiten, während die Sägewerke teils drosseln mussten. Entsprechend kleiner fiel die Gesamtproduktion von Schnittholz in den vergangenen Monaten aus, was zu den aktuellen Rekordpreisen und Ausverkäufen geführt hat.

Inzwischen sind die Rohholzpreise (für einwandfreie Qualitäten) zwar gestiegen. Das ist aber angesichts der Einschlagbeschränkungen für die gebeutelten Waldbesitzer nur ein schwacher Trost.

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Eigenes Holz für den Stallbau

Jan Hendrik Hohls nutzt eigenes Holz für den Neubau seines Maststalls. Das spart Zeit und Kosten.

Die Marge zwischen den Verkaufspreisen ab Wald und den Kanthölzern aus dem Handel ist aktuell so groß, dass wir seit 20 Jahren erstmals wieder eigenes Holz einsetzen“, erzählt Sauenhalter Jan Hendrik Hohls aus Becklingen, Niedersachsen. Er setzt beim Stallbau eigenes Holz ein, außerdem plant er eine Strohhalle mit Holzverschalung.

Wie Hohls stehen viele Landwirte ­aktuell vor einem Problem. Sie würden gerne mit dem Bau ihres Stalles warten, bis die Preise wieder sinken. Doch das kann nicht jeder. Denn Baugenehmi­gungen sind nicht ewig gültig. In Niedersachsen beträgt die Frist, wie in den meisten Bundesländern, zum Beispiel drei Jahre. In Bayern sind es vier. In dieser Zeit muss mit dem Bau begonnen oder eine Fristverlängerung beantragt werden. „Beachten Sie, dass das Bauamt Ihre Genehmigung dann erneut prüft. Ändern sich die gesetzlichen Grund­lagen, müssen Sie nachbessern“, warnt Martin Seeßelberg, Fachbereichsleiter für den Agrar- und Spezialbau bei der Niedersächsischen Landgesellschaft. Auch Fördergelder müssen die meisten innerhalb einer gewissen Frist ausgeben, ansonsten verfallen diese.

Der Zeitdruck und die hohen Preise haben Hohls auf eine ungewöhnliche Idee gebracht: Er schlägt Fichten und Lärchen, im eigenen Wald sowie einem Staatsforst ein und kauft Käferholz von umliegenden Landwirten zu. Die Stämme lässt er von einer mobilen Säge auf seinem Hof zuschneiden.

90 Festmeter (fm) liegen aktuell auf seinem Hof. Das Käferholz nutzt er auch als Konstruktionsbalken. Er achtet darauf, dass es frisch geschlagen ist und nicht monatelang tot im Wald stand. Die Holzqualität prüfen außerdem der Sägereimitarbeiter und der Zimmermann, der das Holz verbaut. „Es gibt DIN-Normen zur Qualität von Bauholz, um die technischen Anforderungen zu gewährleisten. Eigenes Holz kann man nicht reklamieren, eine fachmännische Beurteilung ist deshalb in Ihrem Interesse“, ist Martin Seeßelbergs Tipp.

Eigenes Holz kostengünstig einzusetzen, bedarf guter Planung. „Ich muss wissen, welche Balken und Brettermaße ich brauche, sodass ich die Stämme optimal einteilen kann und wenig Verschnitt anfällt. Maximal 20 % Restholz ist das Ziel, ansonsten lohnt sich das Sägen nicht“, spricht Hohls aus Erfahrung. Bei der Bauplanung klärt er mit dem Statiker, welche Holzstärken er benötigt und wo er Vollholzbalken statt Leimbindern einbauen kann. Da Leimbinder statisch mehr aushalten als Vollholzbalken mit gleichen Maßen, ist ein Austausch nicht immer möglich.

Auch im Wald längt der Sauenhalter die Stämme passend anhand der Holzmaße. Auf dem Hof geht er mit dem Mitarbeiter der Sägerei durch, was er an Balken und Brettern benötigt. Nach diesen Vorgaben teilt er die Stämme ein. Die Balken baut der Zimmermann ohne zeitaufwendiges Trocknen direkt ein. Das funktioniert nur bei offenen Gewerken ohne Folie und mit einem Schutzanstrich.

Die Kosten für das Sägen belaufen sich auf etwa 70 €/fm für die mobile Säge plus den Mitarbeiter der Sägerei. Dazu kommt noch die Arbeitszeit von Hohls beiden Mitarbeitern, die mit dem Stapler die Stämme zur Säge hin sowie die Bretter wegfahren und aufschichten. Dafür veranschlagt er 35 €/fm. Hohls empfiehlt bauwilligen Landwirten, die mobile Säge früh zu ordern, da die Auslastung hoch ist.

Im Süden ist Eigenleistung und der Einbau von eigenem Holz noch stärker verbreitet. „Dass sich Familien und Nachbarn untereinander helfen, liegt hier quasi im Blut. Gerade für kleinere Projekte wie Anbauten oder Umbauten in Gebäuden lohnt sich das auch“, ist sich Architekt Jochen Simon von der LfL in Bayern sicher.

Bei größeren Bauprojekten, die im Schadensfall mit größeren Risiken verbunden sind, sollten Sie aber auf Firmen setzen. „Gülle- oder Mistlager müssen Profis bauen“, rät er. „Im Schadensfall ist der Nachweis des Fachbetriebs essenziell.“

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Kuhställe: Die Materialien fehlen

Ob Metall, Kunststoff oder Öle, es fehlt an allen Ecken. Drei Firmen aus der Milchbranche berichten.

Melktechnikanbieter und Stalleinrichter sind sich einig: Die Auftragslage ist gut, doch Rohstoffe sind teuer und teilweise knapp verfügbar.

Insbesondere die globale Beschaffung von Stahl und Elektroteilen ist erschwert. Die Ursachen sind oft der Corona-Pandemie geschuldet: Zulieferer befanden sich in Kurzarbeit oder mussten die Produktion herunterfahren. Gleichzeitig stieg Anfang 2021 die globale Nachfrage nach Elektronikgeräten beim Endverbraucher, aber auch bei vielen Unternehmen durch die Aufstockung der Lagerbestände. Deshalb mussten die Zulieferer aus der Stahl- und Elektroindustrie auf Vollgas in der Produktion umschalten – das sei nicht von heute auf morgen möglich, berichten einige Hersteller.

Wie vielen in der Milchviehbranche geht es auch dem Melktechnikhersteller GEA: Die gestiegenen Einkaufspreise für Rohstoffe sorgen bei dem Unternehmen für Handlungsbedarf. „Wenn die Materialien knapp und damit teuer bleiben, müssen wir auch unsererseits die Preise moderat anpassen“, so Ulrich Raßenhövel, Vertriebsleiter GEA Farm Technologies in Deutschland.

Auch die Firma Kraiburg, die unter anderem Bodenbeläge und Liegematten herstellt, spürt die Knappheit der Rohstoffe und die damit verbundenen Preissteigerungen. Die Preise für Metalle, Kautschuk, Fette und Öle seien stark gestiegen. Genauso für Verpackungsmaterialien wie Paletten, Zurrbänder oder Kunststoffecken. Die Transportkosten steigen ebenfalls, da durch den Engpass bei Containern und Schiffen zu wenig Frachtraum am Markt verfügbar sei. Die Preise für die Seefracht ab deutschem Hafen seien um 20 bis 30 % gestiegen. Container aus Asien kosten aktuell das Zwei- bis Dreifache. „Rohstoffseitig – bei uns Gummigranulat aus dem Reifen-Recycling – fließen die Warenströme nahezu ungehindert. Wir haben uns durch langfristige Abnahmeverträge abgesichert“, so Ramona Kellner, Produktmanagerin Kraiburg.

Das auch regionale Wetterextreme die Rohstoffe knapp beeinflussen, spürt aktuell die US-Firma CalfTel, die unter anderem Kälberiglus produziert. Das Ausgangsprodukt für die Kunststoffherstellung ist Resin, dessen Produktion vor allem in Texas stattfindet. Ein Wintersturm hat Ende Februar für dort ungewöhnliche Temperaturen von -10 bis -20 °C gesorgt und die Produktion für bis zu sechs Wochen gestoppt.

Komplikationen gibt es weiterhin. „Wir haben geglaubt, die Probleme lägen nur am Wintereinbruch – scheinbar gibt es aber noch andere, uns unbekannte Faktoren. Unsere Resinvorräte sind fast aufgebraucht. Die entstandenen Lücken konnten wir bisher noch schließen“, so Bernd Kleiner, Vertriebsleiter von CalfTel. Seit März 2021 sind die Resinpreise um 20 bis 40 % gestiegen. Zudem ist Stahl ein wichtiger Produktionsstoff für die Firma, der jetzt um mehr als 50 % teurer ist.

Kleiner sagt: „Wir dachten, die Preise relativieren sich, eine Veränderung ist aber aktuell nicht absehbar. Die Rohstoffkosten sind hoch, machen je nach Produkt aber nur einen bestimmten Anteil der Endkosten aus. Die Endkundenpreise steigen daher geringfügiger“.

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Schweinehalter

Nutzen Sie Ihre ­Verhandlungsposition!

Schweinehalter stehen unter Druck: Sie müssen die Tierschutz-NutztierhaltungsVO umsetzen, neu bauen oder vorhandene Ställe umbauen. Doch Stahl, Kunststoff, Holz und Dämm­material sind um 30 bis 40 % teurer geworden. Hinzu kommen Lieferzeiten von bis zu acht Wochen. Gleichzeitig gibt es kaum Alternativen zu den herkömmlichen Materialien.

Sollte man als Schweinehalter daher warten, bis sich die Lage wieder entspannt? Davon rät Christian Meyer von der Lehr- und Versuchsanstalt Futterkamp ab. Wer eine Genehmigung habe, sollte loslegen.

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I N T E R V I E W

Baumaterial: Die Lage bleibt extrem angespannt

Schweinehalter müssen in Tierwohltechnik investieren, Baumaterial ist aber knapp. Was bedeutet das?

Meyer: Die Lage ist dramatisch. Viele Sauenhalter müssen die Tierschutz-NutztierhaltungsVO umsetzen und haben Fördermittel beantragt. Bei vielen kam die ­Förderzusage im April, die Nachfrage ist jetzt entsprechend hoch. Die Folge sind Lieferengpässe, einige Firmen melden Lieferzeiten von acht bis zehn Wochen. Parallel dazu kosten Stahl, Kunststoff, Holz, Dämmmaterial usw. 30 bis 40 % mehr.

Kann man auf andere ­Materialien ausweichen?

Meyer: Der Spielraum ist ­begrenzt. Im Stall sollten Sie auf hochwertige Spaltenböden nicht verzichten. Auch bei der Bewehrung sind Sie auf Stahlmatten angewiesen.

Bei der Unterkonstruktion für den Kunststoffboden könnte man statt des stark nachgefragten Stahls ggf. ­Unterzüge aus Glasfaser kaufen. Der Preisunterschied ist zwar kaum noch vorhanden, dafür hält Glasfaser aber länger als z. B. verzinkter Stahl.

Beton ist eine Alternative bei den Buchtenabtrennungen. Oder Sie können anstatt der üblichen Hohlkammerprofile andere Kunststoff­abtrennungen nehmen, die weniger stark gefragt sind.

Wie sieht es bei den ­Dämmmaterialien aus?

Meyer: Auch hier haben wir lange Lieferzeiten und Preisanstiege. Alternativen zu Dämmplatten sind Celluloseschüttungen oder Mineralwolle.

Sollte man lieber abwarten?

Meyer: Auf keinen Fall. Wer eine Baugenehmigung oder sogar eine Förderzusage hat, sollte loslegen. Denn derzeit ist nicht abzusehen, wann sich die Lage wieder entspannt. Bei Inanspruchnahme einer Förderung sind zudem Fristen einzuhalten.

Wann sollte man das Bau­material bestellen?

Meyer: Sofort! Wichtig sind in diesem Zusammenhang zwei Dinge: Legen Sie mit der Baufirma den Baubeginn fest und treffen Sie Absprachen, wie stark die Preise bis zum Baustart maximal steigen dürfen. Die Preisbindung ist wichtig, weil die Firmen die jetzt zugesagten Preise nicht lange halten können.

Worauf sollten Landwirte bei der Auftragsvergabe achten?

Meyer: Landwirte sind derzeit in einer guten Verhandlungsposition. Denn viele Stallbaufirmen und -einrichter sind nach langer Flaute froh über jeden Auftrag.

Wichtig ist, dass der Bauherr beim Auftrag wesentlich präziser die gewünschte Qualität und Funktion der einzelnen Komponenten ­vorgibt. Denn so können beide Seiten späterem Ärger schon im Vorfeld aus dem Weg gehen.

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