Vollmilchpulver subventionieren und verbilligt an die Futtermittelindustrie abgeben, um den Milchmarkt zu entlasten. Kann das funktionieren? Mehrere niedersächsische Milcherzeuger sind davon überzeugt. Sie planen einen Pulver-Fonds, der kurzfristig starten könnte.
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Vollmilchpulver subventionieren und verbilligt an die Futtermittelindustrie abgeben, um den Milchmarkt zu entlasten. Kann das funktionieren? Mehrere niedersächsische Milcherzeuger sind davon überzeugt. Sie planen einen Pulver-Fonds, der kurzfristig starten könnte.
Landwirt Dirk Jürgens (56) aus Varel stellt die Idee vor: Alle Erzeuger sollen 0,5 Cent/kg produzierter Milch in einen Fonds einzahlen. Mit dem Geld kann Vollmilchpulver (VMP) aufgekauft und verbilligt an die Mischfutterindustrie verkauft werden, die das proteinhaltige Pulver vor allem in den Schweinerationen einsetzen könnten. Das würde den Milchmarkt direkt entlasten.
Die Rechnung geht folgendermaßen auf: In Deutschland (32 Mio. t Milcherzeugung) würden mit dem halben Cent je kg Milch jährlich rund 160 Mio. € zusammenkommen, in der EU bei einer Milchmenge von 150 Mio. t wären es sogar 750 Mio. €. Damit die Futtermischer VMP in ihre Rezepturen aufnehmen, müsste das vergleichsweise teure Pulver auf das Preisniveau von Sojaschrot gebracht werden. Anfang März waren dafür bei Sojaschrotpreisen von 320 €/t und einem VMP-Kurs von 2850 €/t rund 2500 €/t nötig gewesen (unterschiedliche Futterwerte, der höhere Fettgehalt und niedrigere Proteinwert des Pulvers bleiben unberücksichtigt, vgl. Übersicht). Mit Vollmilchpulver kalkulieren die Landwirte, um Fett und Eiweiß der Milch gleichermaßen vom Markt zu nehmen. Ein vollständig gefüllter Pulver-Fonds könnte demnach gut 62.000 t VMP verbilligen und für die Mischer verfügbar machen. Zum Vergleich: Die deutsche VMP-Jahreserzeugung beträgt derzeit etwa 68.000 t. In der gesamten EU sind es 690.000 t. Mithilfe des Fonds könnten also immerhin für rund 90% der derzeitigen deutschen Pulver-Erzeugung bzw. knapp 10% der EU-Erzeugung ein zusätzliches Absatzventil geschaffen werden. Sowohl EU-weit als auch in Deutschland wären das rund zwei Prozent der Milchmenge. „Von den Zahlen her funktioniert das Konzept“, ist sich Landwirt Jürgens sicher. Aber auch über weitere mögliche Hürden und Hindernisse haben die Erfinder des Pulver-Fonds nachgedacht – und Lösungen gefunden: „Entlang der Pulver-Kette gibt es ja einige Knackpunkte, die wir aber als lösbar ansehen“, erklärt Jürgens.
Geschenkt bekommen wollen die Milchbauern nichts, betont Jürgens. Vorstellbar sei z.B. eine Milchpreisschwelle, oberhalb derer der halbe Pulver-Cent nicht mehr in den Fonds fließen würde, sondern für die Rückzahlung einer Vorfinanzierung verwendet würde. Damit könnte Brüssel bei den Milcherzeugern Punkte zurückgewinnen. Schließlich habe die Politik die Grenzen nach Russland geschlossen und nicht die Bauern.
Was halten Sie von der Idee eines Pulver-Fonds? Können 0,5 Cent den Milchmarkt retten? Würden Sie mitmachen? Haben Sie bessere Ideen? Schreiben Sie uns: redaktion@topagrar.com
Weitere Details zum „Pulver-Fonds“ finden Sie übrigens in der neuen Ausgabe von top agrar ab Seite 156.
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Vollmilchpulver subventionieren und verbilligt an die Futtermittelindustrie abgeben, um den Milchmarkt zu entlasten. Kann das funktionieren? Mehrere niedersächsische Milcherzeuger sind davon überzeugt. Sie planen einen Pulver-Fonds, der kurzfristig starten könnte.
Landwirt Dirk Jürgens (56) aus Varel stellt die Idee vor: Alle Erzeuger sollen 0,5 Cent/kg produzierter Milch in einen Fonds einzahlen. Mit dem Geld kann Vollmilchpulver (VMP) aufgekauft und verbilligt an die Mischfutterindustrie verkauft werden, die das proteinhaltige Pulver vor allem in den Schweinerationen einsetzen könnten. Das würde den Milchmarkt direkt entlasten.
Die Rechnung geht folgendermaßen auf: In Deutschland (32 Mio. t Milcherzeugung) würden mit dem halben Cent je kg Milch jährlich rund 160 Mio. € zusammenkommen, in der EU bei einer Milchmenge von 150 Mio. t wären es sogar 750 Mio. €. Damit die Futtermischer VMP in ihre Rezepturen aufnehmen, müsste das vergleichsweise teure Pulver auf das Preisniveau von Sojaschrot gebracht werden. Anfang März waren dafür bei Sojaschrotpreisen von 320 €/t und einem VMP-Kurs von 2850 €/t rund 2500 €/t nötig gewesen (unterschiedliche Futterwerte, der höhere Fettgehalt und niedrigere Proteinwert des Pulvers bleiben unberücksichtigt, vgl. Übersicht). Mit Vollmilchpulver kalkulieren die Landwirte, um Fett und Eiweiß der Milch gleichermaßen vom Markt zu nehmen. Ein vollständig gefüllter Pulver-Fonds könnte demnach gut 62.000 t VMP verbilligen und für die Mischer verfügbar machen. Zum Vergleich: Die deutsche VMP-Jahreserzeugung beträgt derzeit etwa 68.000 t. In der gesamten EU sind es 690.000 t. Mithilfe des Fonds könnten also immerhin für rund 90% der derzeitigen deutschen Pulver-Erzeugung bzw. knapp 10% der EU-Erzeugung ein zusätzliches Absatzventil geschaffen werden. Sowohl EU-weit als auch in Deutschland wären das rund zwei Prozent der Milchmenge. „Von den Zahlen her funktioniert das Konzept“, ist sich Landwirt Jürgens sicher. Aber auch über weitere mögliche Hürden und Hindernisse haben die Erfinder des Pulver-Fonds nachgedacht – und Lösungen gefunden: „Entlang der Pulver-Kette gibt es ja einige Knackpunkte, die wir aber als lösbar ansehen“, erklärt Jürgens.
Geschenkt bekommen wollen die Milchbauern nichts, betont Jürgens. Vorstellbar sei z.B. eine Milchpreisschwelle, oberhalb derer der halbe Pulver-Cent nicht mehr in den Fonds fließen würde, sondern für die Rückzahlung einer Vorfinanzierung verwendet würde. Damit könnte Brüssel bei den Milcherzeugern Punkte zurückgewinnen. Schließlich habe die Politik die Grenzen nach Russland geschlossen und nicht die Bauern.
Was halten Sie von der Idee eines Pulver-Fonds? Können 0,5 Cent den Milchmarkt retten? Würden Sie mitmachen? Haben Sie bessere Ideen? Schreiben Sie uns: redaktion@topagrar.com
Weitere Details zum „Pulver-Fonds“ finden Sie übrigens in der neuen Ausgabe von top agrar ab Seite 156.