Unsicherheit und steigende Preise
Knappe Märkte: Sind die Bauern am Zug?
Agrarprodukte werden knapper, und Abnehmer zeigen sich offen für höhere Erzeugerpreise. Die Landwirtschaft sitzt scheinbar endlich am längeren Hebel. Für Jubel ist allerdings kein Platz.
Unser Autor: Dr. Albert Hortmann-Scholten, LWK Niedersachsen:
Die Preise für Nahrungsmittel explodieren weltweit und das nicht erst seit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24.2.22. Der FAO-Food Preis-Index stand schon im Januar 2022 auf einem 10-Jahreshoch und bekommt durch den Krieg neues Feuer. Seit Ausbruch des Krieges zogen die Preise für Weizen und andere Lebensmittel weiter um 50 % an. Selbst in der westlichen Welt werden nun Engpässe in der Lebensmittelversorgung beobachtet.
Auch in Deutschland haben die Erzeugerpreise deutlich angezogen. Sogar der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) musste erkennen, dass der Wind sich gedreht hat und war plötzlich bereit, für knappe Ware auch deutlich mehr Geld auszugeben.
Aber sind die Zeiten wirklich vorbei, in denen Aldi & Co die Lieferanten beliebig gegeneinander ausspielen konnten? Profitieren die Landwirte wirklich oder steigen die Erzeugungskosten am Ende sogar noch schneller als die Erlöse? Welche weiteren Folgen hat der Umbruch?
Kosten steigen überall
Die Preisrallye an den internationalen Agrarmärkten hat vor allem mit den steigenden Kosten zu tun. Weltweit kämpfen Landwirte und Verarbeiter plötzlich mit viel höheren Kosten für Energie, Düngemittel oder Futter. Reihenweise erklärten Unternehmen „Force Majeure“ bzw. „höhere Gewalt“, weil sie Verträge nicht erfüllen konnten und schafften ein Klima, in dem Preiserhöhungen leichter durchzusetzen sind. Verarbeiter berichten von vergleichsweise viel Verständnis bei den Abnehmern für Nachverhandlungen und Aufschlägen. In „Friedenszeiten“ wäre das so sicherlich nicht möglich.
Das Problem aus Erzeugersicht
In vielen Produktionszweigen stiegen die Kosten mindestens genauso schnell wie die Erlöse. Insofern verschafft die Krise den Landwirten kaum Luft zum wirtschaftlichen Durchatmen. Im Gegenteil: Die Kostenexplosion könnte den Abbau der Tierbestände noch beschleunigen.
Die Nutztierhaltung befindet sich in einem rasanten Abbauprozess. Denn steigende Tierschutz- und Umweltauflagen begrenzen die Produktion immer stärker. Die Zahl der in Deutschland gehaltenen Schweine liegt auf einem 25-Jahres-Tief und die Zahl der Rinder so tief wie zuletzt vor 35 Jahren.
Auslastungsprobleme
Das knappere heimische Angebot verbessert zwar die Verhandlungsposition der Erzeuger, bringt aber neue Probleme mit sich. In den vor- und nachgelagerten Stufen der Landwirtschaft sinkt die Auslastung teilweise dramatisch. Der gesamte Sektor rund um die Tierhaltung schrumpft und konzentriert sich dadurch weiter. Wurden beispielsweise in der Spitze in den Jahren 2011/12 in Deutschland rund 60 Mio. Schweine geschlachtet, sind es im laufenden Jahr schätzungsweise nur noch 47 bis 48 Mio. Tiere.
Bei den Rindern sieht...
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