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Legehennenhaltung erschwert durch Futter- und Energiepreise

Eiererzeuger kämpfen mit massiv gestiegenen Kosten, schwierigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den Folgen der Geflügelgrippe. Vor allem die ökologische Erzeugung ist betroffen.

Lesezeit: 8 Minuten

Unser Autor: Mathias Klahsen, LWK Niedersachsen

Die deutsche Legehennenhaltung galt in den vergangenen Jahren als Paradebeispiel für einen positiven Strukturwandel. Die Zahl der in Deutschland gehaltenen Legehennen in Betrieben mit mehr als 3.000 Hennenplätzen stieg im Jahr 2021 auf rund 43,2 Mio. Stück.

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Zählt man nun noch Mobilstallhaltungen sowie Kleinerzeuger hinzu, kommt man auf rund 49,6 Mio. Legehennen. Damit setzte sich der kontinuierliche Ausbau der Eiererzeugung in den letzten Jahren fort.

Dieser Text ist Teil unserer Reihe Potenzialcheck Agrarmärkte. Der Potenzialcheck Legehennen umfasst mehrere Beiträge:

Der Eier-Markt im Überblick

Mobilstall-Haltung: Dier Eier-Preise müssen rauf

Freilandhaltung in der Kostenfalle

Ein Drittel weniger Hennen

Die jüngsten Zahlen der Brütereistatistik zeigen jetzt aber, dass der Ausbau nicht nur pausiert, sondern erstmals mit einem Rückgang der Legehennenzahlen zu rechnen ist. Die Marktinfo Eier & Geflügel (MEG) hat berechnet, dass im vierten Quartal 2022 die Vorjahreszahlen deutlich unterschritten werden.

Absehbar ist, dass die Zahl der Legehennen auf 35,3 Mio. Tiere und damit um rund 25 % zurückgehen wird. Der düstere Ausblick: Für Anfang 2023 rechnen die Marktbeobachter sogar mit einer Abstockung des Legehennenbestandes um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr.

Ursache für die Trendwende ist eine schwere „Multikrise“, in die die Eierbranche geraten ist. Zeitgleich sorgen folgende Entwicklungen vor allem für steigende Kosten, aber auch für schrumpfende Nachfrage und gestörte Lieferketten:

1. Futterkosten

In Weser-Ems kostete Legehennenalleinfutter zu Jahresbeginn 2022 bereits rund 400 €/t. Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gerieten die globalen Warenströme für Futterkomponenten vollends aus den Fugen. In der Sorge um eine ausreichende Versorgung stiegen die Preise im Jahresverlauf weiter und erreichten in der Spitze über 500 €/t.

Die Preise liegen nach einer leichten Entspannung aktuell weiter auf hohem Niveau. Wenig spricht dafür, dass das Vorjahrespreisniveau kurzfristig wieder erreicht wird. Im Gegenteil: Gestörte Lieferketten im Rohwarenbezug, die Ungewissheit über die zukünftigen Getreideexporte aus der Ukraine und sehr hohe Energiekosten deuten auf anhaltend hohe Preise hin.

Das ist besonders in der Legehennenhaltung problematisch, da die Futterkosten den größten Kostenblock ausmachen. Insgesamt sind die variablen Kosten, die sich aus den Futterkosten, dem Junghennenbezug, Strom, Wasser und sonstigen Kosten zusammensetzen, um rund 30 % gegenüber den Vorjahren gestiegen.

2. Legehennenpreise 

Eine konventionelle Junghenne kostet mit 6,50 bis 7,00 € aktuell über 20 % mehr als im Vorjahr. Ursache dafür sind neben den gestiegenen Produktionskosten auch Aufschläge durch das Verbot des Tötens männlicher Küken. In der Folge haben mehr Betriebe ihre Herden gemausert, statt sie durch Junghennen zu ersetzen. Marktbeteiligte erwarten auch künftig eine verstärkte Mausertätigkeit. Denn ab 2024 darf die Geschlechtsbestimmung im Ei nur noch bis zum siebten Bruttag erfolgen, ein geeignetes Verfahren gibt es aber noch nicht.

Eine weitere Folge des Kükentötenverbotes ist übrigens ein spürbarer Rückgang der Bruteiproduktion in Deutschland. Im EU-Ausland, wo Polen, Frankreich und die Niederlande die Hauptrolle spielen, sieht es dagegen anders aus: Dort wird für 2022 ein Ausbau der Kapazitäten erwartet.

Die Aviäre Influenza bzw.  Geflügelpest  grassiert europaweit in diesem Jahr nahezu ununterbrochen. Auch Legehennenbestände sind immer wieder von Ausbrüchen betroffen oder leiden unter den Restriktionen. Das führt ­zeitweise und regional zu einem kleineren verfügbaren Angebot am Eiermarkt.

Das „Krisen-Ei“ stammt aus Bodenhaltung

Auch beim Eierverbrauch sorgt die Krise für Verschiebungen. Inflationsbedingt verzichten viele Konsumenten auf höherpreisige Lebensmittel. Das trifft besonders den Biobereich. Eier aus ökologischer Erzeugung sind in den vergangenen Monaten in der Gunst der Kunden deutlich gesunken. Insider berichten teils von „sehr schleppender Vermarktung“. Dies gilt auch für Eier aus Freilandhaltung und Mobilställen.

In der aktuellen Krise noch Gewinner zu benennen, wäre vermessen – aber die Produzenten von preiswerteren Bodenhaltungseiern profitieren noch am ehesten von der Situation. Das Angebot ist nämlich allgemein durch vermehrte Leerstandszeiten aufgrund der sehr hohen Produktionskosten und der europaweiten Geflügelpest verknappt.

Kaum abzuschätzen

Nie war es so schwer, anhand der aktuellen Lage eine Aussage über den weiteren Marktverlauf zu treffen. Die Unsicherheiten über die Entwicklung der Energie- und Futterpreise sowie das Kaufverhalten der Konsumenten sind einfach zu groß. Die Märkte reagieren sehr empfindlich auf „Wettermeldungen“.

Klar ist aber, dass in Krisenzeiten auch am Eiermarkt preiswerte konventionelle Ware gefragt ist und bleiben wird. Nicht ohne Grund bewegen sich die Preise am knapp versorgten Spotmarkt für Klasse M Bodenhaltungseier in Weser-Ems auf Rekordhöhe von rund 15 Cent/Ei. Zum Vergleich: Der Vorjahrespreis betrug rund 7,5 Cent/Ei. Weitere Preissteigerungen dürften aber durch die sinkende Akzeptanz der Verbraucher ausgebremst werden.

Hinzu kommt: Die derzeit katastrophalen wirtschaftlichen Zustände am Biomarkt und im Segment der Tierschutz-geprüften Eier könnten längerfristig nachwirken und den politischen Ausbauzielen einen Strich durch die Rechnung machen. Für diese Eier lässt sich aktuell aufgrund der schwachen Nachfrage kein kostendeckender Preis erzielen. Es wird sicherlich noch einige Zeit dauern, bis dieser Markt zu seiner alten Stärke zurückfindet. Bis dahin ist zu befürchten, dass der deutsche Eiermarkt bei einem Selbstversorgungsgrad von 73 % (2021) rechnerisch noch stärker unterversorgt bleiben wird.

Nicht zuletzt entwickelt sich die Geschlechtsbestimmung im Ei zum teuren Bremsklotz für die Rentabilität und den Tierschutz: Sollte sich in nächster Zeit kein geeignetes Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei vor dem siebten Bruttag etablieren, ist zu befürchten, dass noch mehr Brütereien ins Ausland abwandern und der Tierschutz damit mit abwandert.

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R E P O R T A G E

„Die Hennen bleiben länger“

Um Kosten zu sparen, lässt Familie Sur ihre Biolegehennen länger im Betrieb und durchmausern. Damit kann sie den teureren Junghennenkauf verschieben.

Eigentlich müssen wir unseren zweiten Hennendurchgang bald ausstallen und Junghennen einkaufen, aber das verschieben wir erst einmal.“ Ende Oktober 2022 lässt Landwirt Matthias Sur aus Geeste im Emsland (Niedersachsen) seine rund 14.900 Biofreilandhennen in die Mauser kommen, statt sie gegen neue Tiere zu tauschen.

Was bislang die wenigsten Eiererzeuger getan haben, entwickelt sich in diesem Jahr zum Trend: Verbreitet berichten Berater und Halter von durchgemauserten Herden. „Wenn die Tiere vor der Mauser gesund sind und die Legeleistung noch stimmt, ist das derzeit eine interessante Alternative“, erklärt Landwirt Sur: Die Tiere bleiben bis zu 30 Wochen länger im Betrieb und den Kauf der derzeit deutlich verteuerten und knappen Junghennen kann Sur weit nach 2023 verschieben. Allerdings legen die Hennen in der etwa einen Monat dauernden Mauser einige Wochen lang keine Eier bzw. während der zeitweisen Stallhaltung Bodenhaltungseier.

Ganz Neuer Betriebszweig

Dass sich der Wind auf dem Bioeiermarkt so deutlich drehen könnte, hatten sich Surs 2020 nicht vorgestellt. Damals stallten sie die ersten Junghennen in ihrem neuen Freilandstall ein. Zuvor hatten sich Dagmar und Matthias Sur und auch ihr Sohn Marek lange mit der Investition in einen neuen Betriebszweig auseinandergesetzt.

Die Altgebäude für die Sauenhaltung und Schweinemast zu modernisieren, hätte hohe Investitionen nötig gemacht. Zugleich wurden in der Region eine ganze Reihe von Freiland-Legehennenställe neu gebaut. „Damals investierten zahlreiche Landwirte in die Eiererzeugung, etliche waren Neueinsteiger so wie wir“, erinnert sich Landwirt Sur.

Für den heute 55-Jährigen stand damals die Entscheidung im Raum, einen komplett neuen Betriebszweig zu starten. Hinzu kam die Frage, ob und wenn ja, wie Sohn Marek (15) künftig den Betrieb weiterführen will.

Letztlich entschied die Familie sich für die Investition in den Stall für knapp 15.000 Hennen und die Erzeugung von Biofreilandeiern nach EU-Biovorgaben. Seit Mitte 2020 produzieren Surs jetzt Eier, die Leistungen stimmen und die Rechnungen gehen auf. Mit einem festen Eierabnahmevertrag über zwei Jahre mit einem Händler haben Surs Sicherheit auf der Erlösseite.

Auch wenn die Kosten in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen sind und die Rechnung derzeit nur knapp aufgeht, bereuen Surs den Einstieg in die Eiererzeugung nicht. Zur Herausforderung sind allerdings die um 30 bis 40 % gestiegenen Futterkosten entwickelt. Die Rohstoffe für das Futter in Bioqualität haben sich seit dem Kriegsbeginn nochmals deutlich verteuert.“

Die Futterkontrakte laufen deutlich kürzer als der Eiervertrag, sodass wir die Kostensteigerungen beim Futter nicht im Eierverkauf ausgleichen konnten“, erklärt Sur.

Beim Eierverkauf und im Futtereinkauf können wir kaum auf die gestiegenen Kosten reagieren.

2023 steht ein neuer Eierabnahmevertrag an, Sur will darin die höheren Futterkosten berücksichtigt sehen. Wenn es dann gelingt, die Investition in die neuen Junghennen ohne größere Leistungseinbußen möglichst weit nach hinten zu verschieben, hofft Sur, mit einem sprichwörtlichen blauen Auge davonzukommen.

„Eierhüsken“ für Direktvermarktung

Rund 6 ha Auslauffläche haben Surs rund um den Stall eingezäunt, die Hühner können bis zur Zufahrt des Hofes laufen. Dort steht auch das „Eierhüsken“ des Betriebes. Neben den hofeigenen Eiern bietet Dagmar Sur in dem Holzhäuschen weitere Direktvermarktungserzeugnisse wie z. B. Eiernudeln, -plätzchen in zwei Automaten an.

Obwohl der Betrieb etwas abseits einer Bundesstraße und zwischen zwei Orten liegt, sind Sur nach wie vor überrascht, wie viele Kunden zum Eierkauf den Hof ansteuern. Etwa 1.000 Eier pro Woche verkaufen Surs so direkt an Kunden. Zumindest beim Ab-Hof-Verkauf spürt Dagmar Sur keine Zurückhaltung der Kunden: „Der Absatz ist bislang stabil geblieben“, berichtet sie. Jetzt hoffen Surs, dass sich der Biomarkt insgesamt schnell wieder erholt, schließlich hätte sie sich mit ihrer Investition bewusst für Bio entschieden.

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