Wegen der drohenden Insolvenz der Baywa AG haben im letzten Jahr viele Landwirte gebangt, ob das Handelsunternehmen das Geld für angeliefertes Getreide bezahlen kann. Inzwischen befindet sich die Baywa in der Sanierungsphase und strukturiert um. Was bedeutet das für die Ernte 2025.
"Wir befinden uns jetzt in einer sehr geordneten Sanierungsphase"
Trotz der drohenden Insolvenz haben im Erntejahr 2024 viele Landwirte der Baywa die Treue gehalten und Getreide geliefert. Wie hoch war die Andienungsquote im Vergleich zu den Vorjahren?
Jörg-Simon Immerz: Wir haben am Schluss 85 bis 90 % der Menge im Vergleich zu Durchschnittsjahren erfasst. Was aber in dem Kontext wichtig ist: Die Ernte 2024 war gerade bei den wichtigen Getreidearten wie Wintergerste oder Winterweizen ertraglich enttäuschend. Der Rückgang ist also eine Mischung aus den Ertragseffekten und der Ausnahmesituation der Baywa im letzten Jahr.
Konnten Sie alle Lieferungen aus der Ernte 2024 fristgerecht bezahlen?
Immerz: Wir haben fristgerecht und zu absolut branchenüblichen Zeitpunkten bezahlt. Natürlich war das eine angespannte Phase für die Landwirte gewesen, die mit der Ernte den Ertrag eines Jahres an Arbeit abliefern.
Wir sind nicht nur gegenüber den Landwirten, sondern auch gegenüber allen anderen Geschäftspartnern unseren kaufmännischen Kontraktverpflichtungen fristgerecht nachgekommen.
Wir sind nicht nur gegenüber den Landwirten, sondern auch gegenüber allen anderen Geschäftspartnern unseren kaufmännischen Kontraktverpflichtungen fristgerecht nachgekommen.
Wie sicher können Landwirte sein, die Körnerfrüchte vermarkten, dass sie auch dieses Jahr ihr Geld von der Baywa bekommen werden?
Immerz: Wir befinden uns jetzt in einer sehr geordneten Sanierungsphase, die überhaupt nicht zu vergleichen ist mit der Krisensituation im Sommer letzten Jahres. Dementsprechend gibt es keinerlei Anlass zur Sorge, dass Landwirte, die heuer Ware zur BayWa liefern, nicht genauso wie letztes Jahr ganz normal fristgerecht und auch mit der entsprechenden Sicherheit ihre Zahlungen bekommen.
Welche Nachteile müssen Landwirte in der kommenden Ernte durch die Standortschließungen befürchten?
Immerz: Von den Standortschließungen in diesem Jahr sind zehn Agrarstandorte betroffen, die in der Ernteerfassung eine sehr untergeordnete Rolle spielen. An den Standorten, die regional eine gewisse Bedeutung in der Erfassung haben, werden wir 2025 noch eine Ernteerfassung machen und diese dann erst im Laufe des restlichen Jahres schließen. Aber in Summe geht es hier um kleinere Standorte, die verteilt übers unser Erfassungsgebiet sind und dem Leistungsanspruch der Kunden nicht mehr gerecht werden. Dafür werden wir weiter in umliegende Standorte investieren.
Wird im Zuge der Effizienzsteigerung der Geschäftsbereiche die Erfassung von Druschfrüchten und der Verkauf von Betriebsmitteln neu organisiert?
Immerz: Aktuell versuchen wir alle Teilbereiche der Agrarsparte entsprechend unserer Rolle in den Wertschöpfungsketten weiterzuentwickeln bzw. zu optimieren. Dabei wird es konkret bei der Ernteerfassung von Getreide in diesem Jahr keine wesentlichen Veränderungen in den Abläufen geben. Das betrifft auch die verschiedenen Möglichkeiten der Landwirte in der Vermarktung wie Vorkontrakte, Erntevermarktung oder Einlagerung mit späterer Vermarktung.
Mit welchen Erntemengen rechnen Sie dieses Jahr in Ihren Erfassungsregionen?
Immerz: Die Diskussion rund um die Trockenheit hat sich Gott sei Dank wieder etwas relativiert. Der Regen kam in vielen Regionen noch rechtzeitig. Die Ernteprognose geht wieder Richtung Durchschnitt und sollte besser ausfallen als letztes Jahr, gerade für Gerste und Weizen. Wir haben ein paar Hotspots, was Trockenheitsschäden betrifft, aber die sind nicht wirklich großflächig. Betroffen sind in unserem Kernarbeitsgebiet Teile von Unterfranken und der neuen Bundesländer. In der Summe gehen wir aktuell bei den Erträgen und beim Erfassungspotenzial vom Durchschnitt der letzten Jahre aus.
Die Rohproteingehalte des Getreides haben in den letzten Jahren nachgelassen. Wie beurteilen Sie die Situation?
Immerz: Das kann ich bestätigen. Wir sehen einen strukturellen Trend, natürlich mit jährlichen Schwankungen, hin zu weniger Rohprotein, der vor allem durch die Düngeverordnung bedingt ist. Dementsprechend hatten wir in den letzten beiden Saisons große Preisabstände zwischen Qualitätsweizen, Brotweizen und Futterweizen.
Die Jahre, in denen wir 5 € pro t Preisdifferenz zwischen A- und B-Weizen haben, gehören wahrscheinlich in eher der Vergangenheit an. Inzwischen reden wir von 15 bis 30 € pro t Preisunterschied.
Die Jahre, in denen wir 5 € pro t Preisdifferenz zwischen A- und B-Weizen haben, gehören wahrscheinlich in eher der Vergangenheit an. Inzwischen reden wir von 15 bis 30 € pro t Preisunterschied. Das sollte ein Anreiz für Landwirte sein, in den gesetzten Rahmenbedingungen durch noch zielgerichtetere Düngung oder Anpassung der Fruchtfolge die Qualitäten des Weizens bestmöglich auszuschöpfen. Auch die verarbeitende Industrie wie die Mühlen schaut da hin. Die interessiert inzwischen deutlich mehr, was in der Landwirtschaft auf der Fläche passiert.
Das Ernteguturteil des BGH verpflichtet die Erfasser, sich bei den Landwirten nach der Einhaltung des Sortenschutzes zu erkundigen. Wird es für die Lieferanten der Baywa ausreichen, eine Erklärung zum Erntegut abzugeben? Oder fordern Sie von den Landwirten eine Erntegut-Bescheinigung der Saatgut-Treuhandverwaltung (STV)?
Immerz: Wir fordern von unseren Lieferanten für die Ernte 2025 die Erntegutbescheinigung der STV. Eine Erklärung zum Erntegut wird nicht reichen. Wir informieren unsere Landwirte dazu unter anderem auch mit persönlichen Anschreiben. Unsere klare Empfehlung ist, dass die Landwirte sich unbedingt noch vor der Ernte um die Nachbauerklärung kümmern und die Erntegutbescheinigung erstellen sollten.
Vielen Dank für das Gespräch!