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Licht und Schatten in Russlands Fleischwirtschaft

Die einzelnen Branchen des russischen Fleischsektors haben sich in den vergangenen Jahren völlig unterschiedlich entwickelt. Während die Schweine- und die Geflügelproduktion spürbar zulegen konnten und mittlerweile jeweils fast den Eigenbedarf decken, gehen die Rindfleisch- und Milcherzeugung weiter zurück.

Lesezeit: 7 Minuten

Die einzelnen Branchen des russischen Fleischsektors haben sich in den vergangenen Jahren völlig unterschiedlich entwickelt. Während die Schweine- und die Geflügelproduktion spürbar zulegen konnten und mittlerweile jeweils fast den Eigenbedarf decken, gehen die Rindfleisch- und Milcherzeugung weiter zurück. Das 2014 erlassene Einfuhrverbot für Nahrungsmittel aus westlichen Ländern hat nach Auffassung des US-Agrarattachés in Moskau, Rachel Vanderberg, diese Entwicklung noch verstärkt. Die Expertin des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) weist beispielsweise darauf hin, dass industriellen Großbetrieben, in denen ein Großteil der russischen Schweine- und Geflügelfleischproduktion erfolge, mit staatlich subventionierten Krediten geholfen worden sei, um möglichst rasch das Ziel der Importsubstitution zu erreichen.

 

Im Bereich der Milch- und Rindfleischerzeugung würden jedoch nur rund 40 % der Tiere in solch kommerziellen landwirtschaftlichen Organisationen gehalten, und die russische Regierung habe wegen Sparmaßnahmen im Haushalt ein für 2016 geplantes Hilfsprogramm für den Milchsektor gestrichen. Private Investitionen in den Sektor erfolgten wegen hoher Kapitalkosten und einem Zinssatz von mehr als 10 % bei nach wie vor niedrigen Milchpreisen kaum, weshalb die Bestände mit Ausnahme der Großbetriebe zurückgingen, berichtet Vanderberg.

 

Das USDA gehe deshalb davon aus, dass sich die Zahl der Rinder in Russland im kommenden Jahr gegenüber 2016 weiter verringern werde, und zwar um 2,2 % auf 18,43 Millionen Stück. Die Kuhherde dürfte sich dabei um 2,8 % auf 7,58 Millionen Tiere verkleinern, während bei den Fleischkühen mit einem Bestandsaufbau um 20 000 Tiere auf 540 000 Stück zu rechnen sei. Anders sieht die Entwicklung beim Fleischgiganten Miratorg aus, der seine Rinderherde auch durch Importe stetig vergrößert und im Juli mehr als 420 000 Aberdeen-Angus-Rinder sein eigen nannte.


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Rindfleisch für Verbraucher zu teuer


Der US-Agrarexpertin zufolge wird es aufgrund des rückläufigen Gesamtbestandes mit der russischen Rindfleischerzeugung weiter bergab gehen. Nach einer Produktionseinschränkung von voraussichtlich 1,1 % in diesem Jahr wird für 2017 mit einer Abnahme um 1,9 % auf dann knapp 1,32 Mio t gerechnet. Da sich die Verbraucher bei sinkenden Realeinkommen das vergleichsweise teure Rindfleisch immer weniger leisten könnten - es habe im Schnitt zuletzt 30 % mehr als Schweine- und 140 % mehr als Geflügelfleisch gekostet - stünden auch beim Konsum die Zeichen auf Rückgang. Laut USDA dürfte der Verbrauch 2016 und 2017 im Vorjahresvergleich jeweils um 1,3 % sinken und im kommenden Jahr bei knapp 1,92 Mio t liegen. Dazu trägt auch bei, dass laut einem Dekret der russischen Regierung vom August dieses Jahr Fleisch, das nicht aus der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) stammt, von öffentlichen Einrichtungen nicht mehr beschafft werden darf. Angesichts der Sparzwänge ist davon auszugehen, dass von dieser Regelung Schweine- und Geflügelfleisch auf Kosten von Rindfleisch profitieren werden.

 

Der russische Importbedarf an Rindfleisch wird bei einem Selbstversorgungsgrad von knapp 70 % vom USDA für 2016 und 2017 auf jeweils 610 000 t geschätzt. Seit dem Einfuhrembargo 2014 und dem praktischen Abbruch des Agrarhandels mit der Ukraine konzentrieren sich die russischen Rindfleischeinfuhren de facto nur noch auf drei Länder; das sind Weißrussland, Brasilen und Paraguay, auf die im ersten Halbjahr 2016 zusammen 96 % der Importe entfielen. Während dabei Weißrussland vor allem Frischfleisch lieferte, verkauften die Südamerikaner gefrorene Ware und Verarbeitungsfleisch nach Russland.  


Schweinefleischimporte noch unverzichtbar


Zufrieden ist die russische Regierung nach dem Inkraftsetzen der Importrestriktionen für Lebensmittel aus dem Westen mit der Entwicklung der heimischen Schweine- und Geflügelfleischerzeugung. Landwirtschaftsminister Dr. Alexander Tkatschow äußerte kürzlich gegenüber der Presse, dass sich die Wettbewerbskraft dieser Branche - auch dank staatlicher Hilfen - stark verbessert habe und die Betriebe Gewinne erzielten. Deswegen werde auch nach einer Aufhebung der Sanktionen „nichts passieren“; die Versorgungslücke sei mit eigenen Produkten geschlossen worden.

 

Tatsächlich weisen auch die Daten des USDA für den russischen Schweinemarkt eine steigende Erzeugung und rückläufige Importe aus; doch ganz konnte die Versorgungslücke bisher nicht geschlossen werden. Erstmals seit langem nahm die Schweinefleischeinfuhr Russlands im ersten Halbjahr 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar wieder zu, und zwar um 23 % auf 162 000 t. Großen Anteil daran hatten die um fast 60 % auf 145 000 t gestiegenen Bezüge aus Brasilien, was einem Anteil an den Gesamtimporten von 90 % entsprach. Die Anbieter des südamerikanischen Landes sollen laut Analysten in den vergangenen Monaten mit Preisabschlägen von mehr als 30 % im Vergleich zum Vorjahr russische Kunden in der Verarbeitungsindustrie gewonnen haben.

 

Insbesondere bei den Wurst- und Fleischwarenherstellern in Russland macht sich das Embargo immer noch durch eine knappe Verfügbarkeit gewisser Qualitäten und Teilstücke bemerkbar, weshalb beispielsweise die Einfuhr von Fetten und Speck aus der EU weiterhin erlaubt ist. Seine Prognose zur russischen Schweinefleischeinfuhr 2016 hat das USDA von vormals 355 000 t auf 410 000 t heraufgesetzt; für 2017 geht es von einer Importmenge von 400 000 t aus.


Vor allem Großbetriebe gefördert


Nach Angaben des russischen Verbandes der Schweineproduzenten hat die Regierung seit 2008 insgesamt rund 132 Mrd Rbl (1,83 Mrd Euro) in die Modernisierung und den Ausbau des Schweinesektors gesteckt. Profitiert haben davon vor allem die industriellen Großbetriebe, und zwar in Form subventionierter Kredite, mit denen neue Ställe, aber auch Verarbeitungskapazitäten für Fleisch und Fleischwaren aufgebaut wurden. Die Großbetriebe sind denn auch der Treiber für das Wachstum der russischen Schweinefleischerzeugung; ihr Anteil an der Gesamtproduktion lag 2015 bei 78 %. Im ersten Halbjahr 2016 ist dem Moskauer Statistikamt (Rosstat) zufolge die Schweinefleischerzeugung in den industriellen Anlagen um 15,8 % gestiegen, während sie in den privaten Hofwirtschaften wegen der niedrigen Schweinepreise und Problemen mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) gesunken ist.

 

Die US-Agrarexperten in der Moskauer Botschaft gehen davon aus, dass die russische Schweinefleischproduktion in der zweiten Jahreshälfte 2016 wegen geringerer Gewinnmargen langsamer wachsen, im Vergleich der Kalenderjahre gegenüber 2015 aber noch um 5,9 % auf 2,77 Mio t steigen wird. Für das kommende Jahr wird bei einem weiter zunehmenden Schweinebestand ein Produktionszuwachs von 4,9 % auf 2,90 Mio t erwartet. Weiter im Aufwärtstrend dürfte sich auch der Verbrauch befinden. Das USDA geht von sinkenden Verbraucherpreisen für Schweinefleisch aus. Das dürfte den Konsum beflügeln, der in diesem Jahr um 4,8 % auf 3,16 Mio t und 2017 um 3,8 % auf 3,28 Mio t steigen soll.


Schwächeres Wachstum bei Hähnchenfleisch


Die Geflügelfleischerzeugung in Russland ist laut Rosstat seit der Jahrtausendwende von gut 1 Mio t auf annähernd 6 Mio t im vergangen Jahr gestiegen. Das wichtigste Segment Hähnchenfleisch wird nach Einschätzung des USDA im kommenden Jahr aber kaum noch zulegen können, da mittlerweile die Erzeugung mehr oder weniger dem heimischen Bedarf entspricht und niedrige Preise beziehungsweise Margen die Expansion begrenzen. Die US-Analysten erwarten, dass die russische Hähnchenfleischproduktion im kommenden Jahr nur noch um 0,5 % auf 3,77 Mio t zulegen wird, nachdem sich die Wachstumsrate in diesem Jahr voraussichtlich noch auf 4,2 % belaufen wird.

 

Ein Grund für das schwächere Wachstum ist laut Experten, dass die großen Integratoren aufgrund der niedrigen Margen inzwischen weniger in neue Stallbauten investieren, sondern versuchen, ihre Produktionsprozesse zu optimieren oder eine höhere Wertschöpfung im Vermarktungskanal zu generieren. In Zeiten der russischen Wirtschaftskrise wurde das günstige Hähnchenfleisch von der Bevölkerung stark nachgefragt und verzeichnete stetige Verbrauchszuwächse.

 

Im kommenden Jahr soll sich dieser Trend jedoch dem USDA zufolge stark abschwächen und der Verbrauch gegenüber 2016 nur noch um 0,1 % auf 3,83 Mio t zunehmen. Begründet wird dies mit der größeren Konkurrenz durch Schweinefleisch und dem höheren Angebot an Putenfleisch. Weiter zulegen, wenn auch mit gebremster Zuwachsrate, dürften 2017 die russischen Hähnchenfleischexporte; diese sollen gegenüber 2016 um 20 000 t oder 14 % auf 160 000 t steigen. Neben den EAWU-Ländern zählen auch Staaten in Asien und dem Mittleren Osten zu den Kunden Russlands. Mit Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) wurden zuletzt neue Märkte erschlossen; China soll bald folgen. AgE

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