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Agrarmarkt-Experte: „Wer Getreide flexibel vermarktet, erzielt bessere Preise!“

Niedrige Preise, drohende Trockenheit, politische Unsicherheiten: Für Ackerbauern ist die Gemengelage schwierig. Agrarmarkt-Experte Jan Peters gibt Orientierung in unruhigen Zeiten.

Lesezeit: 5 Minuten

Jan Peters ist Marktanalyst und Gründer von agrarfax, das heute unter dem Namen Markt Pro firmiert. Er ist weltweit vernetzt und kann die Agrarmärkte ausgezeichnet einordnen – genau die Orientierung, die Ackerbäuerinnen und -bauern in den aktuell unruhigen Zeiten benötigen.

Herr Peters, wie ist aktuell die Lage auf den Feldern in Norddeutschland? Halten die Bestände der Trockenheit stand?

Peters: Die Wetterlage in diesem Jahr ist wirklich extrem. In meiner Region in Norddeutschland sind im Zeitraum Jahresbeginn bis Mitte Mai gerade einmal 30 mm Niederschlag gefallen, was erschreckend wenig ist. Gleichzeitig lese ich von 300 bis 400 mm Regen auf Mallorca, in Italien oder Spanien. Es scheint sich regelrecht umgedreht zu haben. Aktuell regnet es zwar endlich, aber das Regendefizit ist nach wie vor enorm.

Mit welchen Erträgen ist derzeit – etwa bei Raps und Getreide – zu rechnen?

Peters: Auf den leichten, sandigen Standorten merkte man die Trockenheit deutlich – da haben die Kulturen bereits gelitten. In den besseren Lagen, etwa an der Westküste Schleswig-Holsteins oder in den Küstenregionen Mecklenburgs, stehen die Bestände dagegen noch recht ordentlich. Ich habe erst gestern mit Anbauberatern gesprochen. Wenn der Regen jetzt zur rechten Zeit kommt, können wir durchaus mit guten Erträgen rechnen, insbesondere beim Raps. Aber das ist natürlich noch mit Unsicherheiten verbunden.

Die Trockenheit lässt die Wasserstände in den Flüssen sinken. Wie ist die Lage in der Binnenschifffahrt?

Peters: Bisher ist dort noch keine kritische Lage festzustellen. Die Flüsse führen aktuell noch genug Wasser, sodass die Binnenschifffahrt bislang nicht beeinträchtigt ist.

Schauen wir nun auf die landwirtschaftlichen Betriebe. Gibt es noch viel alterntige Ware auf den Höfen?

Peters: Insgesamt ist die Vermarktung weitgehend abgeschlossen. Es gibt aber vereinzelt Betriebe, etwa in Mecklenburg-Vorpommern, die noch 60 bis 70 Prozent ihrer Getreidemengen eingelagert haben. Das ist allerdings eher die Ausnahme. Wer noch Ware hat, dem rate ich zum Verkauf. Wir haben zuletzt einen Preisanstieg von rund 10 € pro t gesehen – ein guter Zeitpunkt also. Wer finanziell gut aufgestellt ist, kann auch auf flexible Vermarktungsmodelle setzen, beispielsweise eine Auslagerung mit späterer Preisfestlegung bis Dezember. Dabei wird mit einem fixen Abschlag der Dezembertermin an der Euronext genutzt, um den Preis zu einem späteren Zeitpunkt festzulegen. Bis zur neuen Ernte erwarte ich keine großen Preissteigerungen.

Zuletzt lagen die Inlandspreise über den Exportpreisen. Das ist ungewöhnlich. Was sind die Gründe?

Peters: Das ist eine Ausnahmesituation. Wir hatten 2024 in Europa aufgrund einer schwachen Ernte – vor allem in Frankreich – eine ausgeglichene Bilanz. Dadurch waren die Inlandspreise fester als sonst. Mit einer normalen Ernte in diesem Jahr wird sich das jedoch wieder ändern und die Exportpreise werden wieder an Bedeutung gewinnen.

Welche Rolle spielen die Exporthäfen für die Preisbildung in Norddeutschland?

Peters: In normalen Jahren eine sehr große. Häfen wie Hamburg und Rostock sind wichtige Preisanker. Je näher ein Betrieb am Hafen liegt, desto besser ist meist der Erzeugerpreis. Was sich in den letzten Jahren stark verbessert hat, ist die Logistik, etwa der Bahntransport aus dem Binnenland. Dadurch gleichen sich die Preise in entfernteren Regionen den Hafenpreisen stärker an.

Wie haben sich die Getreideprämien vor allem im Norden entwickelt?

Peters: Die Prämien für gute Qualitäten, also A- und E-Weizen, sind stabil hoch. E-Weizen liegt aktuell etwa 45 € über dem Börsenkurs für den Septembertermin, A-Weizen etwa 25 € und B-Weizen 18 € darüber. Ich rechne auch langfristig mit stabilen Prämien, da es durch die Einschränkungen bei der Düngung immer schwieriger wird, diese Qualitäten überhaupt zu erzeugen.

In Deutschland verlieren wir einen wichtigen Qualitätsvorteil gegenüber Ländern wie Frankreich oder der Ukraine.

Welche Qualitäten sind im Export besonders gefragt?

Peters: Im Export zählen vor allem Weizenqualitäten mit 11,5 bis 13,5 % Protein. Damit können wir uns von französischem Weizen, der oft nur 10,5 % erreicht, gut abheben. Konkurrenz gibt es vor allem aus dem Baltikum, insbesondere aus Lettland, das ähnlich gute Eiweißwerte liefert.

Wird das Thema sinkende Eiweißwerte zunehmend zum Problem?

Peters: Definitiv. Durch die strengeren Düngevorgaben sinken die Eiweißwerte im Getreide. Damit verlieren wir einen wichtigen Qualitätsvorteil gegenüber Ländern wie Frankreich oder der Ukraine. Das führt letztlich dazu, dass es nur noch um den Preis geht – und das ist für unsere Landwirte eine schlechte Entwicklung.

Die neuen Düngerpreise passen eigentlich nicht zu den aktuellen Getreidepreisen.

Wie sollten Landwirte aktuell bei der Düngestrategie vorgehen?

Peters: Die neuen Startpreise für Stickstoffdünger sind höher als erwartet und passen eigentlich nicht zu den Erzeugerpreisen für Getreide. Dennoch empfehle ich liquiden Landwirten, jetzt erste Mengen zu kaufen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass durch Sanktionen gegen Russland – beim Dünger oder Gas – weitere Preissteigerungen folgen.

Wie ist die Lage bei Diesel und Heizöl?

Peters: Die Versorgungslage ist gut und die Preise sind niedrig. Die Welt hat mehr als genug Öl und Gas, und ich sehe keine Anzeichen für steigende Preise. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann jetzt Terminkontrakte abschließen, das ist aber kein Muss.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um Getreide oder Raps zu vermarkten?

Peters: Die Weltmärkte sind aktuell gut versorgt, besonders bei Ölsaaten. Deutliche Preisanstiege sind daher eher durch politische Ereignisse oder Wetterextreme wie zuletzt die Trockenheit in Russland zu erwarten. Solche Ereignisse können die Kurse kurzfristig treiben. Dann sollten Landwirte 10 bis 15 Prozent ihrer Mengen verkaufen.

Markt Pro-Abonnenten erhalten von mir immer rechtzeitig Informationen darüber, was sich aktuell im Verkauf bzw. Einkauf lohnt.

Gibt es Faustregeln, die Landwirte bei der Vermarktung beachten sollten?

Peters: Ja. „Immer wachsam bleiben. Märkte reagieren heute sehr schnell auf neue Informationen, sei es zum Wetter, zu Kriegen oder zur Politik. Wer flexibel ist und auf solche Signale reagiert, kann bessere Preise erzielen.

Wie kann ein Tool wie „Markt Pro” bei der Vermarktung helfen?

Peters: „Markt Pro“ hilft dabei, genau solche Marktbewegungen frühzeitig zu erkennen, beispielsweise durch aktuelle Meldungen zu Wetter oder Politik. Abonnenten von „Markt Pro” erhalten von mir immer rechtzeitig Informationen darüber, was sich aktuell im Verkauf bzw. Einkauf lohnt. Das richtige Timing macht sich sehr schnell bezahlt. Ich kann nur jedem empfehlen, „Markt Pro“ auszuprobieren.

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