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topplus Steigende Milchmenge

Milchmarkt unter Corona-Druck

Der deutsche Milchmarkt startete 2020 mit stabilen Auszahlungspreisen. Doch die Corona-Pandemie bleibt auch für das globale Preisgefüge nicht ohne Folgen.

Lesezeit: 7 Minuten

Unser Autor: Mathias Klahsen, LWK Nieder­sachsen, Oldenburg

Haben wir das Tal jetzt durchschritten? Ist bald vielleicht sogar Besserung in Sicht? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der aktuelle Milchmarktbericht des US-Agrarministeriums (USDA).

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Immer noch beeinflusst die Corona-Pandemie weltweit Leben und Handel durch Ausgangsbeschränkungen und „Lockdowns“. Besonders in den ersten Wochen des Krankheitsgeschehens brachten die Einschränkungen massive Einbußen bei der Nachfrage nach Lebensmitteln – auch bei Milchprodukten.

Virus verändert Verzehr

Das Beispiel Käse macht dies deutlich: Die Nachfrage nach Käse (und damit nach Exportware aus Deutschland bzw. Europa) ist in vielen Ländern regelrecht eingebrochen, da ein wesentlicher Teil über den Außer-Haus-Verzehr abgesetzt wird. Doch letzteren gab es zeitweise vielfach nicht mehr. Stattdessen sehen sich die Lebensmittelproduzenten mit einem völlig veränderten Konsumentenverhalten konfrontiert. Gegessen wurde und wird im Wesentlichen zu Hause und dort mit anderen Verzehrsgewohnheiten als im Restaurant oder in der Kantine (Stichwort: „mit Käse überbacken“).

Obwohl die Auswirkungen auf den Nahrungsmittelsektor bislang nicht so gravierend waren, wie befürchtet, besteht weiterhin eine große Unsicherheit über die Entwicklung in den kommenden Monaten. Zu dieser Unsicherheit tragen in erster Linie die Dauer der Corona-Maßnahmen, die unbeantwortbare Frage, wann die Weltwirtschaft sich wieder erholt und die möglichen Veränderungen im weltweiten Agrarhandel bei.

Für die Zukunft der globalen Milcherzeugung spielt zusätzlich zur Corona-Pandemie die Umweltgesetzgebung und das Wetter entscheidende Rollen. Das Thema Treibhausgasemissionen wird längst nicht mehr nur in Ländern wie Deutschland, Niederlande oder Dänemark diskutiert. Auch in Irland und Neuseeland sehen sich die Landwirte mit steigenden gesellschaftlichen Erwartungen konfrontiert.

Maßgeblich für den Ausblick auf die kommenden Monate dürfte allerdings das Wetter sein: Nach teils verheerenden Dürren und Wetterkapriolen in den vergangenen zwei Jahren haben sich die Wetterbedingungen in vielen „Milchregionen“ der Welt deutlich verbessert. Damit dürften zumindest die Sorgen ums Wetter bei vielen Milchproduzenten vorübergehend kleiner ausfallen.

Mehr Niederschläge, steigende Milchmengen

Im Vergleich zu 2019 erwartet das USDA denn auch einen Anstieg der Milchproduktionen in den fünf größten Milchexportnationen um 1 %. So sieht es dabei im Detail aus:

  • In der EU, dem größten Milchproduzenten der Welt, stieg in den ersten fünf Monaten dieses Jahres die Milcherzeugung. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum lieferten die Landwirte rund 2 % mehr Milch ab. Wegen Frühjahrstrockenheit in einigen Regionen gehen die US-Experten für Mai und Juni zwar von einem Minus der Milchanlieferung aus. Doch lassen die erwarteten gute Produktionsbedingungen für den Herbst die EU-Produktion für 2020 auf 156,7 Mio. t steigen.



  • In den USA bleibt es bei der Prognose, dass die Produktion um 2 % gegenüber dem Vorjahr steigt. Trotz großer Angst vor einem Kollaps der Milchindustrie haben es die Amerikaner geschafft, mit niedrigen Preisen am Weltmarkt die Exporte von Milchpulver und Laktose bis Mai um über 16 bzw. 10 % im Vorjahresvergleich zu steigern und somit den Milchmarkt zu stabilisieren.



  • Nach dem Dürrejahr 2019 haben sich in Neuseeland die Wetterbedingungen seit Mai 2020 und somit die Rahmenbedingungen für die Milchproduktion leicht verbessert. Das soll im weiteren Jahresverlauf auch so bleiben, so das USDA. Wegen der reduzierten Kuhzahlen und den Dürreschäden aus dem Vorjahr belassen es die US-Analysten jedoch bei der bisherigen Prognose von 21,9 Mio. t Milcherzeugung in 2020.



  • Die argentinischen Milchviehhalter freuten sich zu Jahresbeginn über wüchsiges Wetter, das bis Mai zu einem Anstieg der Produktion um 9 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum führte. Da für den weiteren Jahresverlauf jedoch eine Trockenperiode nicht ausgeschlossen ist, korrigierten die USDA-Marktexperten ihre bisherige Produktionsschätzung lediglich um 3 % auf 11,1 Mio. t Milch nach oben. Hinzu kommt eine monatliche Inflation von 2 bis 3 %, eine schwache Währung und das rückläufige Bruttoinlandsprodukt. Das spricht für eine schwächere Nachfrage.



  • In Australien haben die Farmer in den vergangenen zwei Dürrejahren allein im produktionsstärksten Bundesstaat Victoria knapp 9 % der Kühe gemerzt, was aber weniger war als Insider erwartet hatten. Seit Jahresbeginn 2020 halfen gestiegene Milchauszahlungspreise, umfangreiche Niederschläge und erholte Futterflächen den Farmern, die Milchproduktion wieder hochzufahren. Die Analysten des USDA erwarten daher inzwischen mit 9,2 Mio. t Milch rund 8 % mehr als im Vorjahr.

Das weltweit leicht steigende Milchangebot trifft auf einen durch Corona ausgebremsten Weltmarkt. Wie flexibel die Molkerein reagieren und neue Vertriebswege finden, zeigt der EU-Absatz.

EU: Mit Käse durch die Krise

Trotz aller Probleme in der weltweiten Logistik, ausgelöst durch Corona sowie durch die „Airbus-Zölle“ der USA, haben die europäischen Verarbeiter ihre Käseexporte in diesem Jahr bereits um 9 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum ausbauen können. Diese Entwicklung dürfte sich jedoch in der zweiten Jahreshälfte durch eine sinkende Milchanlieferung verlangsamen. Das hat das USDA dazu veranlasst, die Exportprognose für 2020 um weitere 3 % auf nun 5 % gegenüber dem Vorjahr zu erhöhen. Voraussichtlich wird die EU 2020 rund 925.000 t Käse exportieren.

Während die USA im Jahr 2019 mit einem Anteil von 16 % zum Hauptabnehmer von EU-Käse zählten, verringerten sich die US-Einfuhren bis Mai um 11 %. Als Ursachen nennen die Analysten zum einen die geringere Nachfrage im Food-Sektor wegen der Corona-Pandemie und zum anderen Strafzölle in Höhe von 25 %. Diese gelten seit Oktober 2019 infolge von Streitigkeiten zwischen den USA und der EU um EU-Zuwendungen an den Flugzeughersteller Airbus. Den dadurch weggebrochenen Absatz konnte die EU durch Käseexporte in die Ukraine, Südkorea und Japan jedoch mehr als kompensieren.

PLH als Stoßdämpfer

Weitere Unterstützung für den EU-Milchmarkt bietet derzeit die Private Lagerhaltung (PLH). Hierbei können maximal 100.000 t Käse für einen Zeitraum von 60 bis 180 Tagen eingelagert werden. Zuletzt befanden sich rund 48.000 t Käse in der PLH, davon aber nur 900 t deutsche Ware.

Auch der Buttermarkt profitiert von dieser Fördermaßnahme. Hier wurden zuletzt rund 68.000 t von möglichen 140.000 t in der EU ausgeschöpft. In Deutschland wurde die PLH für Butter bislang für über 13.000 t in Anspruch genommen. Zudem boomt der Butterexport der EU derzeit. Infolge einer sehr guten Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt stiegen die Exporte bis Mai um 60 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Die größten Wachstumsraten verzeichnete dabei der Handel mit den USA (+ 38 %) und der mit Saudi-Arabien (+ 165 %). Die USA sind daher mit einem Anteil von 13 % am EU-Butterexport in 2019 längst zum Schlüsselmarkt geworden. Grund genug für das USDA, die Prognose für den Butterexport der EU 2020 um 36 % auf 265.000 t nach oben zu korrigieren.

Schlechtere Karten haben dagegen EU-Anbieter von Milchpulver auf dem Weltmarkt. Magermilchpulver aus der EU ist derzeit kaum wettbewerbsfähig. Im Vorjahresvergleich verringerten sich die Exporte von Magermilchpulver aus der EU um 18 % in einem hart umkämpften Markt. Dabei schrumpften die EU-Exporte in die Schlüsselländer China um 21 %, nach Indonesien um 57 % und die Philippinen um 70 %.

Da das USDA eine Verbesserung im Exportgeschäft in der zweiten Jahreshälfte erwartet, korrigierten die Washingtoner Marktanalysten die Prognose allerdings nur um rund 5 % nach unten auf 880.000 t.

Unterdessen erwarten die Experten am Markt für Vollmilchpulver trotz Wirtschaftseinbruch und Logistikproblemen Rekordimporte Chinas in Höhe von 680.000 t. Hoflieferant der Chinesen ist und bleibt vermutlich Neuseeland. Trotzdem dürfte indirekt auch Europa von Chinas Nachfrage profitieren.

Exporte gut, Milchpreis top?

Auch wenn sich die Verwertbarkeit von Milchprodukten am Weltmarkt zuletzt wieder verbessert hat und Molkereien kurzfristig höhere Auszahlungspreise in Aussicht stellen, sollten Milcherzeuger noch nicht in Euphorie verfallen. Kurzfristig könnten sich die Folgen der wirtschaftlichen Rezession mit sinkender Kaufkraft und weniger Nachfrage nach Milchprodukten als Hemmschuh erweisen. Langfristig erwarten die Marktexperten von OECD und FAO bis Ende der 2020er Jahre ein jährliches Wachstum der Milchproduktion von 1,6 %, die sich aus 81 % Kuhmilch, 15 % Büffelmilch und 4 % Ziegen-, Schaf- und Kamelmilch zusammensetzt.

Dabei soll über die Hälfte des globalen Wachstums auf Indien und Pakistan entfallen. 2029 soll ein Drittel der Weltmilch dort produziert werden. Das Wachstum in der EU wird sich dagegen aufgrund steigender Umweltauflagen und einer begrenzten Nachfrage am Binnenmarkt verlangsamen.

Milchersatz immer beliebter

Hinzu kommt: Analysten erwarten, dass die Bedeutung von pflanzenbasierten Milchersatzprodukten in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird, insbesondere in Nordamerika, Europa und Ostasien. Einerseits aus Gründen von Lactoseintoleranz und andererseits wegen möglicher Auswirkungen von Milchprodukten auf Gesundheit und Umwelt.

Hierbei sollte man aber nicht vergessen, dass zwar die Wachstumsraten sehr groß sind, jedoch der absolute Anteil mit gerade einmal 4 % am Trinkmilchmarkt weiterhin gering ist. Ob der Anteil wächst, muss sich zeigen. Auch bei den pflanzlichen Milchalternativen ist in Sachen Umweltverträglichkeit nicht alles Gold, was glänzt.

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