Wenn es überall Discount-Preise gibt – erübrigt sich dann nicht die Bezeichnung „Discount“ zum Preis? Diese Frage geht die Süddeutsche Zeitung (SZ) auf den Grund und bezieht sich damit auf eine Studie der Preisvergleichs-App Smhaggle, die den Begriff „Discount“ für das Jahr 2025 als leere Worthülse beschreibt.
Studienergebnissen zufolge glauben viele Deutsche, dass Lebensmittel hierzulande und im Vergleich zum Ausland besonders günstig seien. Die SZ fasst zusammen: "Die Lebensmittelhändler haben den Kampf um den günstigsten Preis zugunsten der Verbraucher eingestellt oder unterbrochen."
Die Lebensmittelhändler haben den Kampf um den günstigsten Preis zugunsten der Verbraucher eingestellt oder unterbrochen
Die Zeit der supergünstigen Preise scheint in Deutschland - dem "Discount-Land", wie es die SZ beschreibt - demnach vorbei. Wie konnte es dazu kommen?
Zwei Big-Player im Discount-Geschäft
Als erste große Kette etablierte sich die von Karl und Theodor Albrecht gegründete Marke Aldi, gegründet im Jahr 1962. Der Discount steckt bereits im Namen: Al= Albrecht und Di= Discount. in den 1970er Jahren zog Lidl mit fast identischem Konzept nach und überholte schlussendlich seinen Hauptkonkurrenten. Nach Angaben der SZ generiert Lidl einen jährlichen Umsatz von rund 132 Mrd. €. Knapp gefolgt von Aldi Nord und Aldi Süd mit einem jährlichen Umsatz von rund 112 Mrd. €.
Das Trendwort "Discount" kommt aus dem Englischen und bedeutet einen starken Preisnachlass auf beworbene Produkte. Ein Discounter krönt sich also auf dem Markt damit, für seine Kunden stets den günstigsten Preis bereitzustellen.
Überall Discount
Eigentlich stammt die Idee, Produkte mit einem starken Preisnachlass anzubieten, aus den USA. Die Albrechts-Brüder perfektionierten diesen Gedanken und brachten das Zitat: "Unsere ganze Werbung liegt im billigen Preis" hervor.
Unsere ganze Werbung liegt im billigen Preis
Dass das nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten entspricht, wird durch zahlreiche Werbeformate bekannter Lebensmitteleinzelhandel (LEH) Konkurrenten klar. Die SZ fasst zusammen: Heutzutage werden bis zu 12.000 Artikel im deutschen LEH "discountbillig" angeboten. Kaufland verspricht: "mehr als 7000 Discountbillig-Artikel". Rewe wird mit einem "Tiefpreis-entspannt" Gefühl und "4000 Produkten immer discount-günstig".
Alles gleich auf dem deutschen Discount-Markt
Einer setzt den Preis nach unten, meistens Aldi oder Lidl. Dann ziehen alle Konkurrenten die Preise mit nach unten. Das gilt sowohl für Markenprodukte, als auch Eigenmarken, so die SZ. Das folgt, ist ein System ohne wirklichen Gewinner. Das System selbst wird ausgehebelt. Der Kunde erkennt keinen Vorteil bei der Wahl des LEH.
Sven Reuter, der Gründer der Great Value Group, zu der die Preisvergleichs-App Smhaggle gehört, erklärte gegenüber der SZ: "In Deutschland gibt es keinen günstigsten Preis. Hier fehlt der Wettbewerb." Genau das unterscheide den deutschen Markt von den Gegebenheiten in anderen Ländern in Europa.
Deutsche Lebensmittelpreise gestiegen
Früher konnte Deutschland mit günstigen Preisen im LEH, im Vergleich zum Pro-Kopf-Einkommen, europaweit glänzen. Mittlerweile ist das nicht mehr der Fall. "Das war noch in den Nullerjahren so", greift Reuter gegenüber der SZ auf. Mittlerweile bewege sich der deutsche Lebensmittelpreis im oberen Drittel in Europa, so die SZ.
Warum das so ist, erklärt Carsten Kortum, Professor an der dualen Hochschule in Heilbronn gegenüber der SZ. Deutsche Lebensmittel sind generell nicht mehr günstig, weil der Wettbewerb nachgelassen hat, so Kortum. Ein Grund seien die gestiegenen Preise für Eigenmarken in den Discountern. Weitere Gründe seien gestiegene Energiepreise und höhere Löhne in der Landwirtschaft und der Logistik.
Ein weiteres Problem sei der Einfluss großer Markenhersteller wie Mondelez (Milka), Ferrero (Nutella) oder Heinz in Deutschland, wodurch höhere Preise durchgesetzt werden können. Das funktioniere in vielen Ländern in Europa nicht, weswegen sich die Markenhersteller den dort vorherrschenden Marktanteilen beugen müssen.
Diese Umstände haben nach Angaben der SZ dazu geführt, dass die Preise für Nahrungsmittel zwischen 2022 und 2024 überdurchschnittlich stark angestiegen sind. Einen "Billig-Preis" also auf ein höheres Niveau im Vergleich der letzten Jahre zu setzen, verzerrt die Wahrnehmung der Konsumenten auf den Markt. Dieser Umstand betrifft vor allem einkommensschwache Haushalte, die auch bei der Wahl von Discount-Produkten einem gestiegenen Preis zum Opfer fallen.