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Taxonomie: Ist der nächste Stallbau noch finanzierbar?

Mit der EU-Taxonomie sollen nachhaltige Wirtschaftsweisen gefördert werden. In der Umsetzung kann das aber gerade bei der Kreditvergabe zum Problem werden. Bisher fehlt es auch an klaren Regeln.

Lesezeit: 4 Minuten

„EU-Taxonomie“: ein sperriger Begriff, der vielen noch wenig sagt. Er hat aber das Potenzial, auch in der Land- und Ernährungswirtschaft enorme Veränderungen auszulösen. Das beginnt bereits bei der Finanzierung, die künftig nicht nur von betriebswirtschaftlichen Indikatoren abhängen wird, sondern in der Regel auch davon, ob ein Betrieb oder ein Projekt wie ein neuer Stall Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt oder nicht.

Die EU-Taxonomie ist ein System zur Klassifizierung von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten. Sie soll Anlegern Orientierung geben und Kapital für den grünen Umbau von Energieproduktion und Wirtschaft anreizen. (BMUV)

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Kälberhandel kein nachhaltiges Geschäftsmodell?

Dafür gibt es bereits konkrete Beispiele: Wie die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Rind und Schwein (BRS), Dr. Nora Hammer, bei der Agrarfinanztagung am vergangenen Donnerstag in Berlin berichtete, wollte kürzlich ein Thüringer Kälberhändler im Freistaat eine neue Vermarktungshalle bauen und hatte dafür auch die Finanzierung mit der Thüringer Landesbank schon unter Dach und Fach. Dann sei allerdings im letzten Moment die Landesbank als Finanzier mit der Begründung abgesprungen, Kälberhandel sei unter Nachhaltigkeitskriterien kein kreditwürdiges Geschäft.

Die Vermarktungshalle sei mit einer anderen Bank als Kreditgeber schließlich doch gebaut worden, so Hammer. Dennoch wüchsen in der Branche die Befürchtungen, dass beispielsweise große, konventionelle Ställe bei voller Umsetzung der Taxonomie-Richtlinie bald nicht mehr finanzierbar seien. Die Verordnung drohe, auf diese Weise zu einem zweiten Fachrecht zu werden, warnte die BRS-Geschäftsführerin bei der Fachveranstaltung der Landwirtschaftlichen Rentenbank und des Deutschen Bauernverbandes (DBV).

Die Diskussion um die Taxonomie-Verordnung krankt nach ihrem Verständnis momentan an einer fehlenden einheitlichen Definition, was damit eigentlich gemeint sein soll. „Nachhaltigkeit“ werde oft ganz unterschiedlich ausgelegt, verdeutlichte Hammer. Sie wirbt daher für eine entsprechende Begriffsbestimmung, damit sich die Betriebe darauf einstellen können. Auch müssten dafür unbedingt die bereits verfügbaren Daten der Unternehmen genutzt werden, statt schon wieder ein neues Erfassungs- und Kontrollsystem einzuführen.

Kolak: Wirtschaft hat Taxonomie-Folgen noch nicht realisiert

Die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), Marija Kolak, will nicht ausschließen, dass die EU mit der Taxonomie-Verordnung auf den falschen Pfad gerät. Sie befürchtet, dass womöglich in Zukunft nur die finanziert werden, die schon „grün sind“. „Das ist nicht unser Grundverständnis“, betonte Kolak. Vielmehr sollte nach ihrer Auffassung der Ansatz der sein, auch alle gemeinsam auf einen nachhaltigen Entwicklungspfad zu bringen. Kolak befürchtet allerdings, dass die Wirtschaft die Folgen der EU-Taxonomie und das damit verbundene „Spannungsfeld“ bisher noch nicht wirklich realisiert hat.

Weiterer Ärger droht ihr zufolge an anderer Stelle. Abnehmer sind demnach künftig in gewissen Maße auch für die Einhaltung der Nachhaltigkeitsregeln durch ihre Vorlieferanten verantwortlich. Im Extremfall müsse der Bäcker seinen Müller fragen, ob dieser einen Betriebsrat habe, spitzte die BVR-Präsidentin zu. Derartige Anforderungen dürften nach ihrer Auffassung aber nicht ins Extrem getrieben werden und einen Berg an Zusatzarbeit in der Lebensmittelkette verursachen. Kolak mahnt deshalb dringend Verhältnismäßigkeit bei der Umsetzung der Verordnung des 500 Seiten langen Taxonomie-Konvoluts an.

Steinbock: Brauchen einheitliche Standards

Transformation fördern und nicht abwürgen sollte auch nach Überzeugung der Sprecherin des Vorstands der Landwirtschaftlichen Rentenbank, Nikola Steinbock, das Leitbild bei der Kreditvergabe unter Taxonomie-Bedingungen sein. Deshalb brauche es einheitliche Standards und Kriterien, nach denen sich die Landwirtschaft richten und auf die sie sich auch verlassen kann, so Steinbock.

Sie wirbt dafür, dass sich alle Finanzinstitute an einen Tisch setzen, um einen Bankenstandard mit kohärenten Datenstrukturen zu entwickeln. Die Rentenbank-Sprecherin gibt außerdem zu bedenken, dass bei der Bewertung von Nachhaltigkeit nicht nur die negativen Faktoren gemessen werden dürfen. In eine Bilanzierung müssten zwingend auch die positiven Effekte wie Kohlenstoffspeicherung oder Schutz von Biodiversität einfließen, betonte Steinbock.

Wagner: Nachhaltigkeits-Zertifizierung noch nicht praktikabel

Der Präsident des Thüringer Bauernverbandes (TBV), Dr. Klaus Wagner, mahnt seinerseits Praktikabilität und Effizienz bei dem Thema Nachhaltigkeit an. Er gibt zu bedenken, dass es schon heute mehrere Ansätze für Zertifizierung von Nachhaltigkeit gebe, etwa das der DLG oder der Agravis. Problem sei nur, dass die verschiedenen Systeme jeweils andere Ergebnisse auswerfen, konstatierte Wagner. Standardisierung tue hier also Not.

Der TBV-Präsident bezweifelt allerdings den Nutzen heutiger Fördersysteme mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Die Eco-Schemes der aktuellen Gap würden jedenfalls oft „nicht passen“, da diese einheitlich den Regionen übergestülpt würden, obwohl sie unter den dortigen Bedingungen keinen Sinn machen, erläuterte Wagner. Er wünscht sich hier einen stärkeren kooperativen Ansätze und mehr Freiheiten in der Umsetzung.

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