Eine klare Richtung kennen die Getreidepreise derzeit nicht: Kurz vor der Bekanntgabe der Zollpläne der US-Regierung gerieten die Kurse Anfang April zeitweise unter Druck – um sich kurz darauf wieder nach oben zu steigen. Im Wesentlichen bewegen sich die Preise damit seit Wochen seitwärts.
Viel Verunsicherung
Die Ankündigungen aus Washington und die Gegenreaktionen sorgten dann für erneuten Preisdruck auf beiden Seiten des Atlantiks und verunsicherten den Markt weiter. Mit einem schwachen Dollar und damit einem festeren Euro verbesserten sich die Aussichten für den Export europäischen Weizens allerdings nicht.
Aber auch die Friedensbemühungen für die Ukraine bleiben nicht ohne Auswirkung auf die Preise: Sie üben zwischenzeitlich immer wieder Druck aus. In den Gesprächen zwischen der Ukraine, Russland und den USA wird unter anderem die Sicherheit der Schifffahrt im Schwarzen Meer diskutiert. Verbessert sich hier die Lage, könnte das Angebot aus der Region auf dem Weltmarkt wieder größer ausfallen.
Nordhalbkugel: Weizenbestände nicht optimal
Gleichzeitig blicken Marktteilnehmer verstärkt auf die Feldbestände und wie sie auf der Nordhalbkugel durch den Winter gekommen sind. Die Aufwuchsbedingungen für die kommende Ernte sind in vielen Regionen nicht optimal:
In der Schwarzmeerregion und in Osteuropa fehlt nach einem trockenen Winter verbreitet Regen, in Russland sorgten Niederschläge zuletzt immerhin regional für Entspannung.
In den USA sind die Weizenbestände von Trockenheit betroffen.
Ganz Europa ist bis Anfang April nicht von Niederschlägen gesegnet – mit Ausnahme von Spanien. Das könnte Auswirkungen auf die Erträge in der kommenden Ernte haben.
Deutschland bleibt ebenfalls nicht verschont. Neben dem Norden und Nordwesten sind regional auch im Südwesten und Süden seit März nur sehr geringe Regenmengen gefallen. Jetzt sind ergiebige Niederschläge für einen guten Aufwuchs dringend notwendig.
Transportzuschläge auf dem Rhein
Auf dem Rhein werden bereits seit Ende März Kleinwasserzuschläge für den Transport erhoben. Mühlen und Kraftfutterwerke sind deshalb mitunter etwas stärker am Markt, um ihre Versorgung zu gewährleisten.
Wie geht es jetzt weiter? Noch gehen Schätzungen für die kommende Ernte von einem Plus aus: Jüngste Prognosen des Internationalen Getreiderat (IGC) zur globalen Weizenerzeugung für das Wirtschaftsjahr 2025/26 gehen sogar von einer neuen Rekorderzeugung von 807 Mio. t aus, plus 8 Mio. t gegenüber 2024. Die Ernte in der EU könnte laut EU-Kommission für die kommende Saison ebenfalls größer ausfallen und 126,5 Mio. t erreichen. 2024 lag sie bei knapp 112 Mio. t. Der weltweite Verbrauch wird allerdings mit 813 Mio. t ebenfalls höher (+ 6 Mio. t) und über der weltweiten Erzeugung gesehen. Entsprechend sollen die weltweiten Endbestände schrumpfen, und zwar um rund 6 Mio. t auf dann 259 Mio. t.
Exporte belebt
Bislang kamen die EU-Weizenexporte nicht richtig in Schwung: EU-Herkünfte waren bislang gegenüber anderen Herkünften meist zu teuer und nicht wettbewerbsfähig. Die EU-Weichweizenexporte 2024/25 beliefen sich bis Ende März 2025 lediglich auf knapp 15,5 Mio. t. Zum Vorjahreszeitraum waren es fast 24 Mio. t!
Immerhin zogen die Ausfuhren Anfang April für Herkünfte aus Frankreich leicht an. Letztlich lockten die niedrigen Preise nordafrikanische Käufer auf den Markt. Ein fester Euro lässt diese Hoffnungen allerdings nicht zu groß werden. Generell fällt die Nachfrage vom Weltmarkt derzeit nicht besonders üppig aus.
Erzeuger wollen mehr
Am Kassamarkt für Weizen passiert derzeit bei einem kontinuierlichen kleinen Grundgeschäft wenig: Landwirte geben kaum Ware ab. Man wartet weiter auf steigende Notierungen. Auf der Abnehmerseite ist die Industrie weiterhin im Wesentlichen gut versorgt.
Mühlen sind auch an Weizen mit niedrigeren Proteingehalten interessiert und stehen damit in direktem Wettbewerb zur Kraftfutterindustrie. Bei fast gleichen Preisen gelangt die Ware dann eher in ein Mischfutterwerk als in die Mühle.
Ähnlich sieht es auch auf dem Gerstenmarkt aus. Futtergerste steht verbreitet nicht mehr allzu reichlich zur Verfügung. Inzwischen werden auch zunehmend Braugerstenpartien mit niedrigeren Qualitäten in den Futtersektor umgeleitet und teils auch gut bezahlt. Ihr Kontakt zur Redaktion:
Markt Pro-Meinung: Neue Ernte noch nicht verkaufen!
Eine klare Aussage zur weiteren Preisentwicklung beim Weizen bleibt schwierig: Die Mischung u. a. aus US-Zollpolitik, der Lage am Schwarzen Meer und des Wetters auf der Nordhalbkugel, macht weiter seitwärts laufende Preise wahrscheinlich. Erst mit eindeutigen politischen oder wetterbedingten Verwerfungen sind Ausschläge zu erwarten. Beobachten Sie den Markt deshalb engmaschig. Alterntigen Weizen sollten Sie verkaufen, mit Verträgen für die neue Ernte abwarten.