Die anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit in Deutschland führt zu wachsenden finanziellen Risiken im B2B-Geschäft, also den Geschäftsbeziehungen zwischen den Unternehmen.
Laut des aktuellen Zahlungsbarometers des internationalen Kreditversicherers Atradius sehen sich deutsche Unternehmen zunehmend mit verspäteten Zahlungen, steigenden Forderungsausfällen und rückläufiger Liquidität konfrontiert.
"Die Kombination aus wirtschaftlichem Druck und gestiegenen Finanzierungskosten zwingt Unternehmen, ihre Finanzierungsstrategien zu überdenken. Zahlungsrisiken können nicht mehr allein intern abgefedert werden", sagt Frank Liebold, Country Director Deutschland von Atradius. In der Folge passen viele Betriebe ihre Strategien zur Steuerung des Working Capitals an und setzen verstärkt auf eine Kombination aus interner Risikovorsorge und externer Absicherung.
Es ist noch schlimmer geworden
Laut der aktuellen Umfrage berichten 60 % der befragten deutschen Unternehmen von einer Verschlechterung des Zahlungsverhaltens ihrer Kunden. Durchschnittlich 57 % aller B2B-Verkäufe sind demnach von überfälligen Rechnungen betroffen.
Zudem ist der Anteil uneinbringlicher Forderungen mit durchschnittlich 8 % weiterhin hoch, insbesondere im Maschinenbau, wo Liquiditätsengpässe durch zunehmende Forderungsausfälle massiv verschärft werden. "Trotz dieser negativen Entwicklung haben 54 % der Unternehmen ihre Zahlungsbedingungen gegenüber Kunden fast unverändert beibehalten, um die Kundenbeziehungen zu erhalten", erklärt Frank Liebold.
Allein in der Maschinenbauindustrie haben 80 % der befragten Unternehmen ihre Zahlungsbedingungen beibehalten oder sogar erweitert. Insgesamt erfolgen 47 % aller B2B-Verkäufe auf Kreditbasis mit durchschnittlichen Zahlungszielen von 60 Tagen.
Rechnungsfinanzierung boomt
Um dem wachsenden Druck auf die Liquidität zu begegnen, setzen Unternehmen vermehrt auf alternative Finanzierungsstrategien. Rund 43 % der Unternehmen greifen zunehmend auf Rechnungsfinanzierung zurück, um den Mittelzufluss zu beschleunigen, wobei ausstehende Forderungen als Sicherheiten verwendet werden.
Eine weitere Strategie besteht für viele Unternehmen darin, ihre eigenen Lieferantenzahlungen zu verzögern. Dieses Vorgehen kann jedoch entlang der gesamten Lieferkette zu Liquiditätsengpässen führen. "Wir beobachten den Trend, dass deutsche Unternehmen ihr Working Capital Management anpassen, um sich angesichts der unsicheren Wirtschaftslage besser gegen Zahlungsrisiken zu wappnen", erläutert Liebold.
Während 46 %, vor allem in der Automobilindustrie, auf eine Kombination aus Kreditversicherung und internen Maßnahmen setzen, verlassen sich Unternehmen aus dem Bau und Maschinenbau stärker auf externe Kreditabsicherung.
Lagerbestände binden Kapital
Die Branchen Bau, Maschinenbau und Automobil leiden unter einem hohen Liquiditätsdruck. Obwohl der Anteil der B2B-Kreditverkäufe im Bausektor stabil bei 49 % liegt, werden etwa zwei Drittel aller Rechnungen verspätet beglichen.
Positiv zu vermerken ist der Rückgang der Forderungsausfälle auf 5 %, was auf eine verbesserte Effizienz beim Zahlungseinzug hinweist. Trotz dieser Entwicklung bleibt das Working Capital Management herausfordernd: Lagerbestände binden weiterhin Kapital und treiben die Betriebskosten in die Höhe.
Auch im Maschinenbau, wo 52 % der Verkäufe auf Kredit erfolgen, bleibt die Lage angespannt: Mehr als die Hälfte aller B2B-Rechnungen sind überfällig, die Anzahl an uneinbringlichen Forderungen liegt bei etwa 10 % und auch in im deutschen Maschinenbau binden Lagerbestände das Betriebskapital.
Kann das dauerhaft gutgehen?
"Die angespannte Zahlungsmoral beeinträchtigt zunehmend die Liquidität und wirft berechtigte Fragen zur langfristigen Tragfähigkeit der aktuellen Lieferantenkreditrichtlinien auf. Insbesondere angesichts sich weiter verzögernder Zahlungseingänge in der Branche", mahnt Liebold.
In der deutschen Automobilindustrie ist der Anteil der B2B-Verkäufe auf Kredit im Vergleich zu 2024 um 20 % gesunken, während verspätete Zahlungen um 12 % zugenommen haben. Gleichzeitig sind Forderungsausfälle rückläufig, was ein Zeichen für effizienteres Forderungsmanagement und ein sorgfältig gesteuertes Working Capital ist.
Insolvenzen und Liquiditätsengpässe bereiten Sorge
Die Aussichten bleiben trüb: 62 % der befragten Unternehmen, in der Baubranche sogar 66 %, rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einem Anstieg der Insolvenzen unter ihren B2B-Kunden. Gleichzeitig befürchten 30 % eine weitere Verlängerung der Zahlungsfristen, während ebenso viele davon ausgehen, dass Lieferanten künftig kürzere Zahlungsziele setzen, was den Liquiditätsdruck weiter erhöhen wird.
"Unternehmen kämpfen nicht nur mit finanziellen Engpässen, sondern müssen auch zunehmend in einem volatilen Marktumfeld agieren", erklärt Liebold. "Ein ganzheitliches Risikomanagement, das interne Maßnahmen mit externer Absicherung kombiniert, wird für viele Unternehmen zur entscheidenden Stellschraube, um Zahlungsrisiken zu bewältigen, denn wir sehen schon jetzt einen Anstieg der Nichtzahlungsmeldungen in vielen Branchen".
Dabei wird deutlich, dass sich die Strategien je nach Branche unterscheiden. Während Bauunternehmen stärker auf externe Lösungen vertrauen, zeigen Unternehmen im Maschinenbau eine Tendenz zur kombinierten Absicherung. Individuelle Risikoprofile seien maßgeblich für die Wahl der Strategie, sagt er.
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Die anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit in Deutschland führt zu wachsenden finanziellen Risiken im B2B-Geschäft, also den Geschäftsbeziehungen zwischen den Unternehmen.
Laut des aktuellen Zahlungsbarometers des internationalen Kreditversicherers Atradius sehen sich deutsche Unternehmen zunehmend mit verspäteten Zahlungen, steigenden Forderungsausfällen und rückläufiger Liquidität konfrontiert.
"Die Kombination aus wirtschaftlichem Druck und gestiegenen Finanzierungskosten zwingt Unternehmen, ihre Finanzierungsstrategien zu überdenken. Zahlungsrisiken können nicht mehr allein intern abgefedert werden", sagt Frank Liebold, Country Director Deutschland von Atradius. In der Folge passen viele Betriebe ihre Strategien zur Steuerung des Working Capitals an und setzen verstärkt auf eine Kombination aus interner Risikovorsorge und externer Absicherung.
Es ist noch schlimmer geworden
Laut der aktuellen Umfrage berichten 60 % der befragten deutschen Unternehmen von einer Verschlechterung des Zahlungsverhaltens ihrer Kunden. Durchschnittlich 57 % aller B2B-Verkäufe sind demnach von überfälligen Rechnungen betroffen.
Zudem ist der Anteil uneinbringlicher Forderungen mit durchschnittlich 8 % weiterhin hoch, insbesondere im Maschinenbau, wo Liquiditätsengpässe durch zunehmende Forderungsausfälle massiv verschärft werden. "Trotz dieser negativen Entwicklung haben 54 % der Unternehmen ihre Zahlungsbedingungen gegenüber Kunden fast unverändert beibehalten, um die Kundenbeziehungen zu erhalten", erklärt Frank Liebold.
Allein in der Maschinenbauindustrie haben 80 % der befragten Unternehmen ihre Zahlungsbedingungen beibehalten oder sogar erweitert. Insgesamt erfolgen 47 % aller B2B-Verkäufe auf Kreditbasis mit durchschnittlichen Zahlungszielen von 60 Tagen.
Rechnungsfinanzierung boomt
Um dem wachsenden Druck auf die Liquidität zu begegnen, setzen Unternehmen vermehrt auf alternative Finanzierungsstrategien. Rund 43 % der Unternehmen greifen zunehmend auf Rechnungsfinanzierung zurück, um den Mittelzufluss zu beschleunigen, wobei ausstehende Forderungen als Sicherheiten verwendet werden.
Eine weitere Strategie besteht für viele Unternehmen darin, ihre eigenen Lieferantenzahlungen zu verzögern. Dieses Vorgehen kann jedoch entlang der gesamten Lieferkette zu Liquiditätsengpässen führen. "Wir beobachten den Trend, dass deutsche Unternehmen ihr Working Capital Management anpassen, um sich angesichts der unsicheren Wirtschaftslage besser gegen Zahlungsrisiken zu wappnen", erläutert Liebold.
Während 46 %, vor allem in der Automobilindustrie, auf eine Kombination aus Kreditversicherung und internen Maßnahmen setzen, verlassen sich Unternehmen aus dem Bau und Maschinenbau stärker auf externe Kreditabsicherung.
Lagerbestände binden Kapital
Die Branchen Bau, Maschinenbau und Automobil leiden unter einem hohen Liquiditätsdruck. Obwohl der Anteil der B2B-Kreditverkäufe im Bausektor stabil bei 49 % liegt, werden etwa zwei Drittel aller Rechnungen verspätet beglichen.
Positiv zu vermerken ist der Rückgang der Forderungsausfälle auf 5 %, was auf eine verbesserte Effizienz beim Zahlungseinzug hinweist. Trotz dieser Entwicklung bleibt das Working Capital Management herausfordernd: Lagerbestände binden weiterhin Kapital und treiben die Betriebskosten in die Höhe.
Auch im Maschinenbau, wo 52 % der Verkäufe auf Kredit erfolgen, bleibt die Lage angespannt: Mehr als die Hälfte aller B2B-Rechnungen sind überfällig, die Anzahl an uneinbringlichen Forderungen liegt bei etwa 10 % und auch in im deutschen Maschinenbau binden Lagerbestände das Betriebskapital.
Kann das dauerhaft gutgehen?
"Die angespannte Zahlungsmoral beeinträchtigt zunehmend die Liquidität und wirft berechtigte Fragen zur langfristigen Tragfähigkeit der aktuellen Lieferantenkreditrichtlinien auf. Insbesondere angesichts sich weiter verzögernder Zahlungseingänge in der Branche", mahnt Liebold.
In der deutschen Automobilindustrie ist der Anteil der B2B-Verkäufe auf Kredit im Vergleich zu 2024 um 20 % gesunken, während verspätete Zahlungen um 12 % zugenommen haben. Gleichzeitig sind Forderungsausfälle rückläufig, was ein Zeichen für effizienteres Forderungsmanagement und ein sorgfältig gesteuertes Working Capital ist.
Insolvenzen und Liquiditätsengpässe bereiten Sorge
Die Aussichten bleiben trüb: 62 % der befragten Unternehmen, in der Baubranche sogar 66 %, rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einem Anstieg der Insolvenzen unter ihren B2B-Kunden. Gleichzeitig befürchten 30 % eine weitere Verlängerung der Zahlungsfristen, während ebenso viele davon ausgehen, dass Lieferanten künftig kürzere Zahlungsziele setzen, was den Liquiditätsdruck weiter erhöhen wird.
"Unternehmen kämpfen nicht nur mit finanziellen Engpässen, sondern müssen auch zunehmend in einem volatilen Marktumfeld agieren", erklärt Liebold. "Ein ganzheitliches Risikomanagement, das interne Maßnahmen mit externer Absicherung kombiniert, wird für viele Unternehmen zur entscheidenden Stellschraube, um Zahlungsrisiken zu bewältigen, denn wir sehen schon jetzt einen Anstieg der Nichtzahlungsmeldungen in vielen Branchen".
Dabei wird deutlich, dass sich die Strategien je nach Branche unterscheiden. Während Bauunternehmen stärker auf externe Lösungen vertrauen, zeigen Unternehmen im Maschinenbau eine Tendenz zur kombinierten Absicherung. Individuelle Risikoprofile seien maßgeblich für die Wahl der Strategie, sagt er.