Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus News

„Zuchtviehexporte sind unverzichtbar“

Lebendtransporte in Drittländer stehen in der Kritik. Was deutsche Exporteure tun, erklärt Dr. Bianca Lind vom BRS. TV-Zuschauer wurden kürzlich wieder mit grausamen Bildern von Tiertransporten aus der EU in Drittländer geschockt. Wo entstanden die Aufnahmen?

Lesezeit: 4 Minuten

Lebendtransporte in Drittländer stehen in der Kritik. Was deutsche Exporteure tun, erklärt Dr. Bianca Lind, Geschäftsführerin des Bundesverbands Rind und Schwein e. V. (BRS), in der aktuellen top agrar 5/2018.

 

TV-Zuschauer wurden kürzlich wieder mit grausamen Bildern von Tiertransporten aus der EU in Drittländer geschockt. Wo entstanden die Aufnahmen?

 

Lind: Die Aufnahmen stammen vermutlich von der bulgarisch-türkischen Grenze, aus Ägypten und dem Libanon. Gezeigt wurden größtenteils ausländische Mastkälber, Mast- und Schlachtrinder. Ich konnte auch zwei Zuchtrinder mit deutschen Ohrmarken erkennen, bei denen ich aber keinen Tierschutzverstoß feststellen konnte.

 

Brauchen wir Lebendexporte in Drittländer überhaupt?

 

Lind:Man muss zwischen Schlacht- und Zuchttieren unterscheiden. Exporte von Schlachtrindern spielen für Deutschland keine Rolle. 2017 ist kein einziges Schlachtrind in die Türkei oder nordafrikanische Länder geliefert worden. In den Libanon gingen 64 Schlachtrinder.

 

Wie sieht es EU-weit aus?

 

Lind: Die EU lieferte im letzten Jahr 87 000 Schlachtrinder in die Türkei – vor allem aus Rumänien und Spanien. Nordafrikanische Länder kauften 33 000 Schlachtrinder, unter anderem aus Frankreich und Spanien. Der Libanon bekam sogar 100 000 Schlachtrinder aus der EU.

 

Wie wichtig ist im Vergleich der Export von Zuchttieren aus Deutschland?


 

Lind: Die Exporte von Zuchtrindern sind für deutsche Landwirte sehr wichtig. 2017 wurden über 60 000 Zuchttiere in Drittländer verbracht. Die Käufer kamen zum großen Teil aus der Türkei, Russland und Marokko.

 

Was passiert, wenn man den Lebendexport in Drittstaaten verbieten würde?

 

Lind: Landwirte müssten entweder die Zuchtrinder behalten und ältere Kühe früher aussortieren. Oder die Zuchttiere gehen direkt in die Mast. Ich sehe wenig Vermarktungschancen innerhalb Deutschlands oder der EU.

 

Welche Regeln gelten auf Langstreckenexporten?

 

Lind: Alle Tiere müssen gesund und transportfähig sein. Das kontrolliert der Amtsveterinär, der bei der Verladung dabei ist. Zudem prüft er das Fahrzeug, die Papiere sowie die Transportroute. Nach 14 Stunden Fahrt muss das Fahrzeug für mindestens eine Stunde pausieren, und die Rinder müssen versorgt werden. Danach sind weitere 14 Stunden Fahrt erlaubt, bevor die Rinder für 24 Stunden in einem zugelassenen Stall abgeladen und versorgt werden. Sollte der Transport noch länger dauern, wiederholt sich der Ablauf. All das regelt die EU-Tiertransportverordnung 1/2005, die in Deutschland durch das Handbuch „Tiertransporte“ ergänzt und spezifiziert wird.

 

Vor allem die extremen Temperaturen stressen die Tiere. Gibt es hierzu keine Vorschriften?

 

Lind: Laut Verordnung muss die Temperatur im Fahrzeug mindestens 5 °C und darf maximal 30 °C (± 5 °C) betragen. Deutsche Amtsveterinäre achten sehr genau auf die Einhaltung bei der Abfertigung. Des Weiteren muss eine zügige Überfahrt an den Grenzkontrollstellen ermöglicht werden.

 

Das ist doch Theorie. Was sollen Transporteure tun, wenn sie tagelang an der Grenze aufgehalten werden?

 

Lind: Meines Wissens kommen die meisten Viehtransporte zügig über die Grenze. Bei Verzögerungen müssen Transporteure die Tiere mit Wasser und Futter versorgen. Abgesehen davon fordern wir aber, dass lebende Tiere an der Grenze Vorrang haben.

 

Es heißt, der Tierschutz werde hinter der EU-Grenze mit Füßen getreten. Welche Transportvorschriften gelten, wenn ein Fahrzeug die EU verlässt?

 

Lind: Hinter der Grenze gelten die gleichen Vorschriften wie in der EU.

 

Wie können Sie garantieren, dass diese Vorgaben auch hinter der Grenze eingehalten werden?

 

Lind: Ein ausländischer Käufer zahlt viel Geld für ein Zuchtrind. Er möchte ein unversehrtes Tier erhalten, das abkalbt und für mehrere Laktationen Milch gibt. Die Unterstellung in TV-Berichten, dass die Tiere hinter der Grenze nicht ordentlich versorgt werden, können wir nicht bestätigen.

 

Wo sehen Sie die größten Missstände bei Transporten?

 

Lind: Das Problem ist, dass die EU-Verordnung nicht einheitlich umgesetzt wird. Deutschland hat eine positive Sonderstellung, da wir jeden Langstreckentransport von einem Amtsveterinär kontrollieren lassen. Die Verordnung schreibt das nicht vor.

 

Was kann man sonst tun?

 

Lind: Lange Fahrten stellen immer eine Belastung dar. Deshalb gibt es Vorgaben zur Ladedichte, zur Versorgung, zur Tiergesundheit, zur Transportdauer und zur regelmäßigen Überprüfung von Transportfahrzeugen. Die Einhaltung der einzelnen Punkte müssen Veterinäre kontrollieren. Transporteure, die gegen diese Vorgaben verstoßen, müsste man dann aber auch für Langstreckentransporte sperren können.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.