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Mit „Mob Grazing“ auf Extremwetter reagieren

Lesezeit: 4 Minuten

Eine neue Weidestrategie soll mehr Kohlenstoff und Wasser im Boden speichern. Der Ökobetrieb Haus Riswick hat das „Mob Grazing“ erstmals durchgeführt.

Klimawandel, zunehmende Dürreperioden und abnehmende Bodenfruchtbarkeit sorgen auch am Niederrhein für neue Herausforderungen beim Weidemanagement. Deshalb sucht der Ökomilchviehbetrieb vom Versuchs- und Bildungszentrum in Kleve (NRW) nach alternativen Strategien. Üblich war dort eine Kurzrasenweide.

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Eine mögliche Antwort auf Dürreperioden, Humusverlust und schwindende Artenvielfalt könnte das sogenannte „Mob Grazing“ sein. Wesentliche Aspekte davon sind: kurzzeitige, gleichmäßige und intensive Beweidung von Kleinparzellen mit anschließend langen Ruhe- bzw. Regenerationszeiten.

Bekannt ist das Konzept auch unter Begriffen wie holistisches Weidemanagement oder regenerative Rotationsweide. Grundgedanke ist immer ein ganzheitliches Weidesystem, das sich an den natürlichen Bedingungen und Bedürfnissen der Weidetiere sowie der Weide orientiert. Das Konzept soll Klima- und Bodenschutz mit artgerechter Tierhaltung vereinen und die organische Bodensubstanz verbessern.

Weidereste erwünscht

Beim Mob Grazing wird die Herde täglich neu in bereits aufgewachsene Weideparzellen getrieben. Die Kühe verbeißen den oberen Teil der Pflanzen und treten den Rest in den Boden.

So entsteht eine Mulchschicht, die als Nahrungsquelle für Bodenmikroorganismen dient und den Eintrag von organischer Substanz in den Boden fördert. Mit dem Aufbau von Humus soll der Boden mehr Kohlenstoff speichern.

Die Weide wird in einzelne Parzellen unterteilt, um den Weidedruck und die Exkremente gleichmäßig zu verteilen. Der nicht gefressene Teil der Vegetation soll Pflanzenarten und deren Wurzelsysteme fördern (siehe Kasten). Je nach Witterung und Zuwachs beträgt die Erholungszeit der Weide 20 bis 60 Tage. Das soll das oberirdische Futter bzw. die Erträge erhöhen sowie die Biodiversität von Flora und Fauna steigern.

Weidereste gelten bei herkömmlichen Weidesystemen als Futterverlust. Doch beim Mob Grazing sind sie ausdrücklich erwünscht: Der hohe Aufwuchs bietet nicht nur Vorteile für das Bodenleben, sondern spendet auch Schutz. Es bildet sich ein Mikroklima, in dem in Hitzeperioden wenig Wasser verdunstet. Bei starkem Niederschlag schützt der Aufwuchs vor Erosion. Damit eignet sich das Weidesystem für beide Extremwetter. Auch Parasiten dürften weniger Chancen haben, einen Wirt zu finden. Denn die Tiere weiden im oberen Bereich und die Mulchschicht schützt den Boden.

Erste Erfahrungen

Beim Mob Grazing wird ein Weidedruck von im Schnitt 100 t Lebendgewicht je ha Weidefläche empfohlen. Das entspricht in etwa 150 Tieren. Im Ökobetrieb Haus Riswick hat die 45-köpfige Herde in der Weideperiode 2021 mit rund 60 bis 100 t je ha geweidet. Und zwar als Halbtagsweide auf insgesamt 10,7 ha.

Im Frühjahr und Herbst hatte der Betrieb den Kühen täglich etwa 5000 m² zugeteilt. Der Sommer 2021 lieferte hohe Zuwächse. Deshalb blieb die Herde zwei Tage bzw. Nächte auf den Flächen. Während dieser Zeit stand der Herde jeden Tag 2500 m² Weidefläche zur Verfügung. Ziel war es, den hochwertigen Aufwuchs zu nutzen. Die Kühe fraßen etwa 40 bis 70%. Es verblieben also 30 bis 60% der organischen Substanz als Weiderest auf der Fläche.

Im Vergleich zur Kurzrasenweide verschwanden Geilstellen in der niedergetretenen Biomasse, die sich im Laufe der Vegetation in eine Mulchschicht verwandelte. Die Pflanzen wuchsen während der Ruhezeit von 25 bis 50 Tagen durch die Schicht hindurch.

Beim Mob Grazing sind Nachsaaten, Unkrautbekämpfung und Weidepflegemaßnahmen kaum nötig. Allerdings erforderte das häufige Einzäunen bzw. Zuteilen von Weideparzellen sowie das Bereitstellen der Tränken mehr Arbeitszeit als in herkömmlichen Weidesystemen. Der Ökobetrieb Haus Riswick nutzte dafür Weidespinnen: Diese erleichtern das Umtreiben, indem sie beim Versetzen über die Weide gerollt werden. Zukünftig könnten virtuelle Zäune mit elektrischen Halsbändern den Arbeitsaufwand weiter reduzieren.

Die Herde in Riswick wirkte während der gesamten Vegetationsperiode mit täglichen bzw. zweitägigen Umtrieben stets ruhig und ausgeglichen. Die Kühe fanden täglich qualitativ hochwertiges Weidefutter vor.

Ganzheitliches System

Die ersten Erfahrungen sind positiv. Zukünftige Untersuchungen müssen zeigen, ob die Strategie auch in trockenen, heißen Sommern am Niederrhein funktioniert. Offen ist, wie sich das Konzept langfristig auf die Bodenfruchtbarkeit und die Kohlenstoffbindung im Boden auswirkt. Und welchen Einfluss Mob Grazing auf die biologische Vielfalt sowie die Ertragsleistungen der Fläche und die Milch- oder Fleischleistung hat.

Trotz der offenen Fragen, trägt diese Diskussion dazu bei, die nötigen Veränderungen in der Landwirtschaft in Richtung einer umwelt- und klimafreundlichen Bewirtschaftung voranzutreiben.

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