Die Landwirte in Deutschland haben im vergangenen Erntejahr beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gespart und dafür die Quittung erhalten. Wie das Vorstandsmitglied beim Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft (BVA), Stefan Knittel, berichtete, setzten viele Landwirte trotz eines starken biologischen Krankheitsdrucks auf generische und technologisch veraltete Produkte. Das Ergebnis seien niedrigere Erträge und schlechtere Qualitäten. Einzelne Getreidepartien seien nicht einmal mehr für die Verwendung in der Biogasanlage zu gebrauchen.
Laut Knittel hat das Wirtschaftsjahr 2015/16 deutlich werden lassen, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eine wichtige Versicherungsmaßnahme darstellt, bei der man nicht unbedingt immer jedes Investment zurückerhält, in diesem Jahr aber schon. Zur Entwicklung des deutschen Pflanzenschutzmittelmarktes stellte der Händler fest, dass das Jahr nicht das gebracht habe, was man erwartet habe. Knittel sprach von einem „brutalen Verdrängungswettbewerb“.
Hiervon sei die Industrie noch stärker betroffen gewesen als der Handel. Es habe vor allem am Geschäft mit Getreidefungiziden gefehlt. Zudem sei mit Insektiziden das zweite Jahr in Folge „extrem wenig“ Umsatz getätigt worden. Insgesamt seien die Anwendungen im Pflanzenschutz um rund 10 % zurückgegangen.
Politische Willkür wiegt schwerer
Aus Sicht des Handels wiegt laut Knittel allerdings die politische Willkür und Einflussnahme in Sachen Landwirtschaft und speziell beim Pflanzenschutz weitaus schwerer als das schwierige Erntejahr 2016. Er verwies hierbei auf die Diskussion um Glyphosat sowie das Verbot der Neonikotinoide, auf das ein Teil der diesjährigen Ertragseinbußen beim Raps zurückzuführen sei.
Das BVA-Vorstandsmitglied Rainer Schuler, der am Tag darauf zum neuen BVA-Präsidenten gewählt wurde, sprach von „keiner guten Entwicklung“. Die Intensität der Landwirtschaft gehe zurück. Im Wirtschaftsjahr 2015/16 sei auch deutlich weniger an Düngemitteln eingesetzt worden, über alle Mineraldünger hinweg 5 % bis 10 % weniger als im Vorjahr. Dazu sei der Preisverfall gekommen, weshalb die Wertschöpfung bei Düngemitteln stark gesunken sei.
Auch 2016/17 dürfte das niedrige Preisniveau laut Schuler anhalten, wobei er aber den Spielraum für fallende Düngemittelpreise als „eher gering“ einschätzt. Sorgen bereiten den Händlern die Dünge-Verordnung sowie die Fusionen auf der Anbieterseite der Düngemittelhersteller.
Ludwig Striewevon der ATR Landhandel GmbH äußerte die Befürchtung, dass „wir politisch durchextensiviert werden“. Dem stellte er die Verantwortung Deutschlands mit seinen stabilen Witterungsbedingungen für die Ernährung der Menschen im Nahen Osten und Nordafrika gegenüber.