Die polnischen Ackerbauern können das Rapssaatgut in diesem Jahr trotz des EU-weiten Verbots wieder mit neonikotinoidhaltigen Beizen behandeln. Das Warschauer Landwirtschaftsministerium erteilte letzte Woche eine auf 120 Tage begrenzte Ausnahmegenehmigung für das Inverkehrbringen der Produkte Modesto 480 FS des Herstellers Bayer und Cruiser OSR 322 FS von Syngenta.
Das Agrarressort reagiert damit auf einen Antrag des Verbandes der polnischen Raps- und Proteinpflanzenerzeuger, der davor warnte, dass sich die Landwirte angesichts der Ertragsprobleme aus dem Rapsanbau zurückziehen dürften.
Dem Verband zufolge lohnt sich der Anbau der Ölfrucht vielfach nicht mehr. Die Rapsanbauer stünden aufgrund schwacher Erträge, bedingt durch extreme Witterung und einen stark zunehmenden Schädlingsdruck, erneut unter wirtschaftlichem Druck. Selbst mehrfache Behandlungen mit alternativen Pflanzenschutzmitteln hätten nicht ausgereicht, um die Schädlinge unter Kontrolle zu halten. Damit verbunden sei immer auch eine zusätzliche Umweltbelastung, gab der Erzeugerverband zu bedenken. Zur Herbstaussaat sei deshalb ein ausnahmsweiser Einsatz der neonikotinoidhaltigen Beizmittel zu rechtfertigen.
Gegenüber polnischen Medien äußerte Landwirtschaftsminister Jan Krzysztof Ardanowski sein Verständnis für die prekäre Situation der Landwirte. Das Jahr sei bisher in mehrfacher Hinsicht extrem ungünstig für den Rapsanbau gewesen. Da auch im Herbst wieder starker Schädlingsdruck drohe, müsse damit gerechnet werden, dass viele Erzeuger den Anbau der Ölfrucht reduzierten oder ganz ausstiegen.
Ardanowski verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Ziel hin, mittelfristig unabhängig von Sojaimporten zu werden. Dafür sei aber ein mindestens stabiler Rapsanbau erforderlich, betonte der Minister. Polen ist nicht das einzige Land, das im Rahmen einer Sonderregelung die neonikotinoide Beizung zulässt. Ähnliche Ausnahmegenehmigungen wurden in den vergangenen Jahren auch in Finnland, Großbritannien und Ungarn erteilt.