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Biogas: Rübe ist heute nicht mehr wegzudenken

Auf der Biogasanlage von Energierüben-Pionier Dirk Ernst zogen verschiedene Experten aus ganz Deutschland nach zehn Jahren Erfahrung mit der Rübenvergärung Bilanz.

Lesezeit: 5 Minuten

Sommer 2007: Im Fahrwasser der globalen Rohstoffpreise steigt auch der Preis für Energiemais an, die Teller-Tank-Diskussion flammt allmählich auf, das bis dato positive Image von Biogasanlagen bekommt erste Risse. Grund für viele Biogasanlagenbetreiber, das erste Mal nach Alternativen zum Energiemais zu schauen, der bis dahin aufgrund seiner guten Ernte-, Silier- und Vergärungseigenschaften einen unvergleichlichen Siegeszug hingelegt hat. Am 16. August beginnt Dirk Ernst, Geschäftsführer der Bioenergie Algermissen, auf Anregung des Saatzuchtunternehmens KWS die ersten Versuche mit Energierüben. „Am Anfang gab es viele offene Fragen wie das Problem des Erdanhangs, der Steine oder der Silierung“, erinnert sich Dr. Alexander Coenen von der KWS Saat SE.


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So erwiesen sich erste Silierversuche mit zerkleinerten Rüben in Schläuchen als untauglich, weil diese platzten. Mit unzerkleinerten Rüben dagegen funktionierte die Silierung. Auch gab es weder Maschinen zur professionellen Reinigung der Rüben noch zur Zerkleinerung oder Einbringung.


Zehn Jahre später hat die Rübe ihren festen Platz in der Biogaserzeugung eingenommen. „Jede zehnte Rübe in Deutschland wird heute zur Energieerzeugung genutzt“, berichtet Coenen, der anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Energierübe in Deutschland mit weiteren Pionieren und Wegbegleitern vergangenen Donnerstag (26.10.2017) auf der Biogasanlage von Dirk Ernst in Algermissen Bilanz zog. „Wir haben anfangs sehr hemdsärmelig angefangen und viel lernen müssen“, sagt Sebastian Schaffner, der sich ab dem Jahr 2007 bei KWS mit der Biogaserzeugung beschäftigt und neben einer Beratung zu Energierüben auch den Anschub zu der ersten professionellen Reinigungsmaschine gegeben hat. „Wir haben viele Technikanbieter und Lohnunternehmer überzeugen müssen“, sagt er. 


Als Glücksgriff erwies sich die Zusammenarbeit mit dem Lohnunternehmen Joachim Blunk aus Rendswühren (Schleswig-Holstein), das die von KWS mitentwickelte Maschine gemietet und bundesweit die Rübenwäsche angeboten hat. „Die Anfänge waren schwierig, aber nach einem Jahr hatten wir eine praxistaugliche Maschine“, erklärt Blunk. Die Verfahrenskosten haben sich immer weiter reduziert. Heute liegen sie bei etwa 3€/t bei einer Reinigungsleistung von 100 t/h.


Genauso hatten sich die ersten Vorbehalte von Praktiker Ernst in Luft aufgelöst. „Wir hatten wegen des Erdanhangs mit Sedimenten gerechnet, aber unsere Schwarzerde bleibt in der Schwebe und wird mit dem Gärrest wieder ausgetragen. Auch haben wir keine Probleme mit Steinen“, berichtet der Landwirt. Heute liegt der Rübenanteil in der Biogasanlage ganzjährig bei 20 % in der Ration. Die Anlage setzt Hühnertrockenkot (HTK) als Substrat ein und kassiert dafür den Güllebonus. „Dank der Rübe können wir deutlich mehr HTK einsetzen, ohne Probleme mit einer Ammoniakhemmung im Fermenter zu bekommen“, erklärt er. Er siliert die grob gebröckelte Rübe heute zeitgleich mit Mais ein – ein Verfahren, das sich auf der Anlage als praxistauglich erwiesen hat.


Auch das 3N-Kompetenzzentrum in Werlte (Niedersachsen) hat 2007 mit den ersten Versuchen mit Energierüben begonnen. „Im Emsland haben erste Landwirte auch Rübenbrei im Hochsilo oder in Erdbecken gelagert. Die zunächst vermuteten hohen Verluste haben sich später in der Praxis nicht bestätigt“, sagt Dr. Marie-Luise Rottmann-Meyer, Geschäftsführerin des 3N-Kompetenzzentrums. Wie man heute weiß, liegen die Verluste bei optimierter Prozesstechnik im Erdbecken bei 10 bis 13 %, im Hochsilo bei 5 bis 10 % und damit vergleichbar mit denen von Silomais. In der Veredelungsregion Emsland werden heute 2000 ha Energierüben angebaut. „Derzeit begleiten wir ein Projekt für eine nachhaltige Zuckerrüben-Prozesskette“, berichtet sie. Dabei erproben Lohnunternehmer aus dem Heidekreis eine von der Putsch GmbH neu entwickelte Feldreinigung im Praxiseinsatz. Die selbstfahrende Arbeitsmaschine kombiniert Waschen und Enterden auf dem Acker mit den Prozessschritten Aufnehmen und Verladen. „Damit sollen sich die Verfahrenskosten noch weiter reduzieren lassen“, sagt Rottmann-Meyer.


Der weitere Einsatz von Rüben wird ihrer Meinung aufgrund von Genehmigungsauflagen erschwert, denn dafür müssten viele Altanlagen ihre ursprüngliche Baugenehmigung noch einmal ändern lassen. Das führt häufig dazu, dass die Betreiber ihre Anlagen technisch umfassend anpassen müssen. „Zudem haben wir mit der Rübe einen Rohstoff, der viel Wasser in den Prozess bringt und damit die Gärrestmenge erhöht“, nennt sie einen weiteren Hinderungsgrund.


Ein anderer Pionier aus dem Jahr 2007 ist Dr. Dirk Augustin, Leiter der Versuchswirtschaften der Universität Göttingen, der die Rübe in verschiedenen Biogasanlagen einsetzt. „Wir silieren die Rübe in ganzer Form, sobald es für die Frischlagerung zu warm wird mit dem Ziel, sie möglichst ganzjährig nutzen zu können“, erklärt er. Seine Erfahrungen mit der Rübe in den letzten zehn Jahren:

  • Die Rübe bringt mehr Methan pro Hektar als Mais.
  • Je schlechter die Bodenzahl, desto mehr ist die Rübe dem Silomais als Biogassubstrat überlegen.
  • Sie bringt deutliche Vorteile bei der Effizienz der Anlage, z.B. verbessert sich die Rührfähigkeit, was den Stromverbrauch der Rührwerke reduziert,
  • Eine Tonne einer gemeinsam einsilierten Mischung aus Maisstroh und Rüben ersetzt eine Tonne Maissilage.
Augustin sieht in der Nutzung von Maisstroh in Kombination mit der Rübe noch viel Potenzial: „Der Körnermaisanteil wird steigen, wobei die Biogasanlagen mit ihrer Abwärme die Körner trocknen können“, stellt er in Aussicht.


Das Fazit der Experten: Die Energierübe ist eine ideale Ergänzung für viele Biogasanlagen bezüglich Prozessbiologie und Wirtschaftlichkeit. Mit dem künftigen Einsatz von trockenen Reststoffen wie Stroh oder Mist könnte der Einsatz weiter voranschreiten.

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