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Reststoffe können Energiepflanzen nicht ersetzen

Bioenergie aus Reststoffen gehört die Zukunft. Das zumindest behaupten die Verhandlungsführer der Koalitionsgespräche in der Arbeitsgruppe Energie. Sie wollen die Förderung von Energiepflanzen abschaffen. Doch Reststoffe sind keine Lösung, so das Fazit einer Podiumsdiskussion am vergangenen Donnerstag in Leipzig.

Lesezeit: 6 Minuten

Bioenergie aus Reststoffen gehört die Zukunft. Das zumindest behaupten die Verhandlungsführer der Koalitionsgespräche in der Arbeitsgruppe Energie. Sie haben beschlossen, die Förderung von Energiepflanzen zu kürzen bzw. ganz abzuschaffen.


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Doch Reststoffe sind aus verschiedenen Gründen keineswegs die Lösung. „Man muss die Politik daran erinnern, dass wir ja vor zehn Jahren die Förderung der nachwachsenden Rohstoffe eingeführt haben, weil schon damals das begrenzte Energiepotenzial der Abfälle bekannt war“, erklärt Dr. Bernhard Dreher vom Bundesumweltministerium auf einer Podiumsdiskussion, die den Abschluss der Statuskonferenz „Energie aus Biomasse“ des Deutschen Biomasse-Forschungszentrums (DBFZ) am vergangenen Donnerstag in Leipzig bildete.  „Die Potenziale der Energiepflanzen werden wir nicht ersetzen können durch Rest- und Abfallstoffe“, ist Dreher überzeugt. Zu den Reststoffen mit Potenzial zählt er Stroh, Gülle und Bioabfälle aus Haushalten. „Aber ist die Gesellschaft bereit, die Kosten zu tragen, um das Potenzial zu erschließen? Bei der Gülle wird das ab einer bestimmten Größe ziemlich teuer“, merkt er kritisch an. Immer wieder würde es auch Diskussion um Klärgas geben. Aber die Kosten für die Verwertung seien so hoch, dass es heute meistens aus Klimaschutzgründen nur abgefackelt, aber nicht verwertet wird.


Preise für fossile Energie muss steigen


Wenn die Preise für fossile Energien oder für CO2-Zertifikate steigen würden, werden auch schwierige Reststoffe schneller interessant, ist sich Helmut Lamp, Vorsitzender des Bundesverbandes Bioenergie, sicher. „Dann werden Straßenränder nicht mehr gepflegt, sondern bewirtschaftet. Damit erhöht sich die verfügbare Menge an Rest- und Abfallstoffen erheblich“,  erklärt er.


Auch beim Waldholz gibt es noch Potenzial. „Wir haben dieses zwar regional stark ausgeschöpft, vor allem in Bayern. In anderen Bundesländern sind wir aber noch nicht soweit“, meint Dr. Hans Hartmann vom Technologie- und Förderzentrum aus Straubing (Bayern). Das Potenzial an Waldrestholz ließe sich erhöhen, wenn in den kommunalen und privaten Wäldern mehr Holz eingeschlagen würde. Denn mit jedem Holzeinschlag erhöht sich die Menge des Nebenprodukts Sägerresthölzer sowie der Resthölzer, die bei der Durchforstung und Ernte anfallen. „Ich glaube, dass wir noch einiges machen können, um die Überalterung des Waldes und damit auch das Nachwuchspotenzial zu erhöhen, dazu müsste man den Mut haben, auch zum Teil mehr einzuschlagen, um den Wald zu verjüngen“, fordert der Holzexperte.


Agrar-Reststoffe haben noch Potenzial


„Wir setzen große Hoffnungen in die agrarischen Reststoffe und haben aktuell einige Projekte mit neuen, bisher nicht genutzten Materialien“, ergänzt Dr. Horst Jauschnegg, Vorsitzender des Österreichischen Biomasseverbandes. Dazu gehören Maisspindeln, die bei der Körnermaisernte übrig bleiben. Sie werden als Brennstoff genutzt. Mit der Wärme wird der Körnermais getrocknet. Hierfür ist bisher viel Heizöl verbrannt worden. Ein anderer Teil der Maisspindeln geht  in die stoffliche Nutzung, z.B. zur Herstellung von Katzenstreu oder von Türblättern.


Bei der Nutzung von Reststoffen sieht Dr. Daniela Thrän vom DBFZ die Gefahr, dass der Reststoff teurer werden könnte als der Rohstoff, wenn die Verwertung von Rest- und Abfallstoffen besonders gefördert wird. Als schlechtes Beispiel in diesem Fall nennt sie die von der EU geplante Zweifach- oder Vierfachanrechnung von Abfällen zur Biokraftstoffnutzung. „Ein besserer Weg ist die Rohstoffklasse II im jetzigen EEG, bei der man versucht hat, diese schwierigeren und teureren Reststoffe höher zu vergüten, ohne gleich zu diesem Mitnahmeeffekt zu kommen. Gerade weil auch die Biokraftstoffindustrie nach Meinung der EU auch stark auf Reststoffe setzen soll, könnte die Nachfrage und damit der Preis für dieses Material künftig erheblich steigen. Damit bieten es – zumindest aus Kostensicht – kaum Alternativen zu den Energiepflanzen, sind sich viele der Gesprächsteilnehmer einig.


SRU will Landwirtschaft ökologisieren


Eine völlig andere Meinung zur Bioenergie hat dagegen der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU). „Wir sehen bei der Umstellung der Enregieversorgung auf 100 % erneuerbaren Energien für Bioenergie kein großes Wachstumspotenzial“, meint SRU-Generalsekretär Dr. Christian Hey. Auch hält der SRU es nicht für notwendig, dass Bioenergie weiter wächst. Hey: „Die Zukunft der Bioenergie in der Stromerzeugung liegt – wenn überhaupt – darin, bedarfsgerecht Strom zu erzeugen, also in einer radikalen Flexibilisierung“. Der Einsatz der Bioenergie wird seiner Meinung nach seltener, der Wert des Stroms dagegen wesentlich höher sein. „Das ist vielleicht auch das Geschäftsmodell, vor dessen Hintergrund man es sich leisten kann, teurere Energierohstoffe einzusetzen als heute, weil wir weniger brauchen“, so Hey.

Dem Anbau von Energiepflanzen gibt er keine großen Zukunftschancen. Denn absehbar würden sich die Zielkonflikte verschärfen. Es gäbe enorme Umweltfolgekosten des Bioenergieanbaus, die teilweise noch gar nicht in der öffentlichen Diskussion sind. Dazu zählt Hey Stickstoffemissionen oder den Verlust der biologischen Vielfalt. „Wenn wir die Agrarsysteme der Zukunft anschauen, müssen wir extensivieren, um den Erhalt der biologischen Vielfalt und den Gewässerschutz in irgendeiner Weise zusammen zu bringen, wir müssen weniger aus der Fläche herausholen. Das geht nur, wenn wir den Bedarf der Fläche reduzieren und nicht vermehren“, beschreibt er seine Vision einer Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft, die sich nicht nur auf die Bioenergie bezieht.


Selbst das eigentliche Klimaschutzziel werde nicht nur gefördert durch die Bioenergie. Da gäbe es paradoxe Effekte. „Wenn man Moore trockenlegt, geht damit eine der größten Treibhausgassenken schlecht hin verloren. Durch diese Trockenlegung werden zentral viele Klimagase freigesetzt. Die  Wiedervernässung von Mooren wäre eine der effektivsten Klimaschutzmaßnahmen im Bereich Landwirtschaft“, mein Hey.


Biogas: Entwicklung darf nicht abgewürgt werden


Unabhängig von der Flächendiskussion ist Wissenschaftlerin Thrän besorgt, ob wegen der begrenzten Bioenergiepotenziale die Technologieentwicklung voranschreitet. „Wir brauchen da einen gewissen Zubau bei Biogasanlagen. Er darf nicht mehr so stark sein wie in den Jahren 2009 bis 2011. Aber es ist auch keine Lösung, den Zubau so weit  zu reduzieren, dass wir alles, was wir an Know How und an Technikentwicklung auf den Weg gebracht haben, aufgeben“, kritisiert sie. Vor dem Hintergrund hält sie die Kombination von Reststoffen und nachwachsenden Rohstoffen in einem sinnvollen Maß durchaus für einen sinnvollen Weg. Damit könne man die Entwicklung sicher stellen, ohne in großen Mengen Flächen zu verbrauchen und die Probleme weiter zu verschärfen (neu).

 

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