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Tschernobyl kostet auch nach 30 Jahren noch Millionen

Am heutigen 26. April jährt sich der Reaktorunfall im ukrainischen Tschernobyl zum 30. Mal. Das Ereignis gilt als Wendepunkt in der Energiepolitik. Die Folgen sind noch lange nicht beseitigt.

Lesezeit: 5 Minuten

Am 26. April 1986 explodierte der Reaktor in Block 4 des ukrainischen Atomkraftwerks Tschernobyl. Tausende Menschen starben, gewaltige Mengen radioaktiver Strahlung wurden freigesetzt. Das Ereignis gilt vielen als Wendepunkt der Energiepolitik, ähnlich wie die Ölkreisen in den siebziger Jahren. Nach Tschernobyl wurden einige der heute noch existierenden Hersteller von erneuerbare Energien-Anlagen gegründet.


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Dennoch ist die Atomkraft auch heute noch präsent. So warnt beispielsweise die Deutsche Umwelthilfe (DUH) anlässlich des 30. Jahrestages der Tschernobyl-Katastrophe vor den Gefahren, die noch immer von zahlreichen baufälligen und unsicheren Atomkraftwerken in Deutschland und im angrenzenden Ausland ausgehen. „Tschernobyl hat bewiesen, dass die nukleare Technik nicht beherrschbar ist. Die nukleare Gefahr macht nicht an der Grenze halt", erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Deshalb und auch wegen der jüngsten Zwischenfälle in Frankreich und Belgien müssten alle Risikomeiler innerhalb der EU sofort vom Netz gehen. Im Südwesten Deutschlands stünden einige der ältesten und baufälligsten Reaktoren Europas.


Wie die jüngsten Vorfälle in Philippsburg und Biblis gezeigt haben, würden immer wieder Sicherheitsvorschriften missachtet. Die sich daraus ergebende Kombination von veralteter Technik und menschlichem Versagen werde nicht nur für Deutschland eine Gefahr, sondern auch für europäische Nachbarländer. Umgekehrt sei es genauso: Anfang 2016 sei das direkt an der deutsch-schweizerischen Grenze liegende Atomkraftwerk Leibstadt wegen unzureichender Wartung eines der Notstands-Kühlsysteme ausgefallen. Das 47 Jahre alte AKW in Beznau ist laut DUH das älteste kommerziell betriebene Atomkraftwerk Europas. Sein Reaktordruckbehälter weist erhebliche altersbedingte Mängel auf. Obwohl das Kraftwerk bereits vor 17 Jahren abgeschaltet werden sollte, läuft es noch immer.


Auch das im elsässischen Fessenheim stehende AKW sollte aufgrund gravierender Sicherheitsmängel schon vor einigen Jahren stillgelegt werden, berichtet die DUH. Das Kraftwerk liegt zudem im Rheingraben und ist hochwasser- und erdbebengefährdet. Letzte Woche wurde bekannt, dass die Druckbehälter der belgischen Reaktoren Tihange 2 und Doel 3 Risse aufweisen. Bezüglich des AKW Philippsburg 2, das seit 1985 in Betrieb ist und zu den ältesten der noch am Netz befindlichen Reaktoren gehört, wurde ebenfalls letzte Woche bekannt, dass Sicherheitsprüfungen vorgetäuscht wurden. „Die Liste der Skandalreaktoren in Europa macht deutlich: Die Zeit der Kernenergie ist vorbei. Wer das, dreißig Jahre nach dem tragischen Unglück in Tschernobyl, nicht erkannt hat, verleugnet die Gefahr. Die gefährlichsten und ältesten Meiler müssen sofort abgeschaltet werden", so Müller-Kraenner.


Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl hatte nicht nur humanitäre und ökologische Auswirkungen, die bis heute zu spüren sind. Auch finanziell ist der Schaden noch längst nicht behoben, wie jüngst aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervorgeht. Danach wird die Bundesrepublik voraussichtlich weitere 19 Millionen Euro für Sicherheitsmaßnahmen im havarierten ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl zahlen. Dazu zählt die Fertigstellung eines umwelttechnisch sicheren Einschlusses für den explodierten Reaktor 4. In der Vergangenheit hat Deutschland bereits 97 Millionen Euro in den "Chernobyl Shelter Fund" eingezahlt, um die Finanzierung des sicheren Einschlusses zu unterstützen. Zum Bau des neuen Brennelemente-Trockenlagers ISF-2 sowie der Anlage zur Behandlung flüssiger radioaktiver Abfälle LRTP habe die Bundesrepublik mit 26 Millionen Euro beigetragen.


Die Gesamtschadenssumme der Reaktorkatastrophe für Deutschland lässt sich laut Bundesregierung nicht exakt beziffern. Allerdings seien zwischen 1986 und 1995 rund 202 Millionen Euro als Ausgleichs- und Entschädigungszahlungen für vernichtete Lebensmittel - insbesondere Milch und Gemüse - geflossen. Dazu käme für den Zeitraum 1996 bis 2005 eine Entschädigungssumme für kontaminiertes Wild in Höhe von 4,7 Millionen Euro. Für zukünftige Ausgleichszahlungen in diesem Bereich seien 330.000 Euro im Bundeshaushalt veranschlagt.

"Die gewaltigen Mengen Atommüll aus dem Tschernobyl-Reaktor zu bergen, wird eine zweistellige Milliardensumme kosten. Die Bundesregierung und ihre G7-Partner müssen die wirtschaftlich schwache Ukraine auch weiterhin bei der Bewältigung der Katastrophe unterstützen", sagt auch Tobias Münchmeyer, Atom-Experte von Greenpeace. Die Kosten für den so genannten Shelter Implementation Plan (SIP) haben sich laut Greenpeace inzwischen vervielfacht und liegen bei rund 2,15 Milliarden Euro. Das Projekt habe sich um zwölf Jahre verzögert. 440.000 Kubikmeter langlebiger Atomabfälle liegen unter dem alten "Sarkophag". Das entspräche dem fünfzehnfachen Volumen aller hochradioaktiven Abfälle deutscher Atomkraftwerke.


Auch die Ukraine zahlt heute noch jährlich 5 bis 7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP), um das zerstörte Kraftwerk und die Umgebung zu sichern und zu dekontaminieren, berichten Wissenschaftler der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Zudem habe das Reaktorunglück in weiten Teilen der ukrainischen Bevölkerung eine starke Verunsicherung erzeugt, die sich seit mittlerweile drei Jahrzehnten negativ auf die Lebenszufriedenheit und die mentale Gesundheit von Millionen Menschen ausgewirkt habe. Aufgrund der enormen Ausmaße von Katastrophen wie in Tschernobyl oder Fukushima würden die Gesamtkosten für gewöhnlich vom Steuerzahler getragen, unabhängig davon, ob Atomkraftwerke privat oder staatlich betrieben werden. „Soziale Wohlfahrtsverluste im Katastrophenfall müssten daher in realistische und umfassende Kosten-Nutzen-Analysen der Energieerzeugung miteinfließen“, resümieren die Wissenschaftler.


Die Bundesregierung hat noch viel zu tun, um den beschlossenen Atomausstieg in Deutschland konsequent umzusetzen, betont Julia Verlinden, grüne Bundestagsabgeordnete aus Lüneburg und Sprecherin für Energiepolitik der grünen Bundestagsfraktion. Das gelte auch für die Forschungspolitik: 20 Prozent der EURATOM-Finanzierung kommt aus Deutschland. EURATOM fördere unter anderem das 17 Mrd. Euro teure EU-Milliardengrab des geplanten Fusionsreaktor im französischen Cadarache (ITER-Projekt). Statt nach wie vor viel Geld für die atomare Forschung zu verschwenden, sollte die Bundesregierung die Mittel sinnvoll investieren und die Forschung für die Energiewende stärken.

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