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Verbände sehen bei Trilog-Einigung Licht und Schatten

Nicht nur das Ziel von 32 % erneuerbare Energien bis zum Jahr 2030 bleibt hinter den Erwartungen zurück. Positiv sind neue Impulse für den Eigenverbrauch.

Lesezeit: 6 Minuten

„Die Einigung beim Trilog ist ein hart errungener Kompromiss, allerdings bleibt er hinter den Anforderungen an die Klimaschutzziele zurück“, sagt Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE). Bis 2030 sollen nun 32 Prozent statt bisher 27 Prozent des Energieverbrauchs durch saubere Erneuerbare Energien abgedeckt werden; das Europäische Parlament und einige EU-Länder wollten 35 Prozent. „Würde die Europäische Union dieses zu geringe Ambitionsniveau beibehalten, wäre die Energieversorgung erst im Jahr 2086 dekarbonisiert“, kritisiert Peter. Es sei mehr als bedauerlich, dass durch die Verzagtheit einiger Mitgliedsstaaten – darunter leider auch durch die bremsende Rolle Deutschlands – eine Anpassung der EU-Ziele an die des Pariser Klimaschutzabkommens verhindert werde. Immerhin sei eine Überprüfung des Ziels mit der Tendenz zur Erhöhung im Jahr 2023 vorgesehen.


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Branche braucht Investitionssicherheit


Die Europäische Union müsse sobald wie möglich ihre Klimaschutzziele und Ausbauziele für Erneuerbare Energien sowie Energieeffizienz an die Pariser Beschlüsse anpassen, denn die Folgen des Klimawandels würden täglich sichtbarer und die Branchen für klimafreundliche Technologien benötigten langfristige Investitionssicherheit. Immerhin sei es gelungen, einige Maßnahmen zur Zielerreichung zu stärken, darunter die Ausgestaltung der Fördersysteme und die Stärkung der Bürgerrechte für den Strom-Eigenverbrauch, wie sie der BEE im Laufe der Verhandlungen vorgeschlagen habe. Zudem seien die Mitgliedsstaaten angehalten, Klarheit für Investitionen zu schaffen, indem sie einen 5-Jahresplan für die Förderung veröffentlichen müssten.


Keine Gebühren mehr bei Eigenverbrauchsanlagen bis 25 kW


Positiv bewertet der BEE vor allem folgende Regelungen in dem Entwurf: 

  • die Möglichkeit technologiespezifischer Ausschreibungen,
  • die Möglichkeit, die Fördermechanismen für Strom aus anderen Mitgliedsstaaten freiwillig zu öffnen anstelle einer Verpflichtung,
  • die Möglichkeit, dass Selbstverbrauchsanlagen bis 25 kW von Abgaben und Gebühren ausgenommen werden,
  • die Möglichkeit von Sonderregelungen für Bürgerenergiegesellschaften und
  • das Verbot von rückwirkenden Änderungen.


Stärkung von Bürgerenergie-Gesellschaften


Auch der Ökoenergieanbieter Greenpeace Energy wertet die Einigung mit einem durchwachsenen Fazit. „Der vereinbarte EU-weite Erneuerbaren-Anteil von 32 Prozent im Jahr 2030 ist zu gering, um klimaschädliche fossile Energieträger in der gebotenen Geschwindigkeit zu ersetzen“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation in einer ersten Einschätzung. Es sei beschämend, dass vor allem die deutsche Bundesregierung hier offenbar als Bremser aufgetreten sei.


Im aktuellen Richtlinien-Entwurf wurden offenbar weitere wichtige Detailvorgaben für den Ökostrommarkt vereinbart. So werden in Artikel 21 erstmals so genannte Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften als Akteure auf dem europäischen Energiemarkt anerkannt. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Bürgerenergie-Gesellschaften nicht von großen Konzernen kontrolliert oder übernommen werden.


Der in der Nacht vereinbarte Textentwurf zur Erneuerbaren-Richtlinie sieht weiterhin vor, dass sich grundsätzlich jeder EU-Bürger – alleine oder im Rahmen einer Gemeinschaft – mit selbst produziertem Ökostrom versorgen darf, ohne dabei durch unverhältnismäßig hohe Abgaben oder diskriminierende Bedingungen eingeschränkt zu werden. Als „Prosument“ darf man laut Greenpeace demnach selbst produzierte Energie nicht nur verbrauchen, sondern auch speichern und weiterverkaufen – „mindestens zum Marktpreis“, wie es in der Einigung heißt. Dieser Eigenverbrauch soll zudem ab 2026 in der EU künftig von Entgelten befreit werden, solange die Leistung der genutzten Solaranlage kleiner als 25 Kilowatt ist. Bisher galten in Deutschland 10 Kilowatt als Grenze für eine Befreiung.


„Die Anhebung des Deckels ist auch für Energiebürger in Europa positiv und für Deutschland zumindest ein Fortschritt, der allerdings erst spät kommt“; so Keiffenheim. Dennoch dürfte die damit verbundene Ausweitung der Eigenstromproduktion den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, weitergehende Prosumenten-Rechte nicht länger zu blockieren.


Der vorliegende Entwurf aus den Trilog-Verhandlungen sieht vor, dass Mitgliedsländer, die Prosumenten dennoch mit Entgelten belegen wollen, zuvor belegen müssen, dass eine Entgeltbefreiung dieser Gruppe negative Folgen für das Gesamtsystem haben würde. Auch ein Stromhandel zwischen einzelnen Bürgern soll nach bisherigem Informationsstand ohne bürokratische und finanzielle Hürden auf Grundlage des aktuellen Entwurfes möglich werden. „Hier gilt es aber, die offizielle Formulierung der endgültigen Richtlinie abzuwarten, um die Handelsmöglichkeiten für Prosumer beurteilen zu können“, so Keiffenheim, der auch Aufsichtsrat im Bündnis Bürgerenergie e.V. ist.


Neue Regelung der Herkunftsnachweise


Ein weiterer wichtiger Punkt in den Verhandlungen war die Neuordnung des Systems der Herkunftsnachweise, mit denen die grüne Qualität von Ökostromprodukten belegt wird. Zwischen den EU-Institutionen umstritten war hier die Frage, ob und wie man das System der Herkunftsnachweise in der gesamten EU auf staatlich geförderte Strommengen ausweiten soll. Bisher ist dies nur in einigen Ländern der Fall. In Deutschland hingegen erhalten nur ungeförderte Ökostromanlagen, die keine EEG-Vergütung bekommen, diese Zertifikate. Der in der Nacht ausgehandelte Kompromiss zum betreffenden Artikel 19 der Richtlinie sieht laut Greenpeace Energy-Analyse nun vor, dass Herkunftsnachweise grundsätzlich für den gesamten Ökostromsektor eingeführt werden sollen – also auch für geförderte Mengen. Diese Nachweise sollen allerdings nicht – wie ursprünglich von der Kommission vorgesehen – per Auktion an Dritte versteigert werden. Zudem können laut Kompromisspapier die Mitgliedsstaaten frei entscheiden, ob sie Herkunftsnachweise auch für solche Energiemengen erlauben, die bereits eine finanzielle Förderung etwa über das EEG erhalten.


Diese Wahlmöglichkeit ist aus Sicht von Greenpeace Energy ein Teilerfolg. „Noch konsequenter wäre es allerdings gewesen, Herkunftsnachweise für geförderten Strom EU-weit nur zu statistischen Zwecken zu nutzen – und so zu verhindern, dass diese überhaupt am Markt gehandelt werden können“, so Keiffenheim. „Eine massenhafte Ausgabe von Herkunftsnachweisen für geförderten Strom könnten einige Marktteilnehmer für Greenwashing im großen Stil nutzen.“ Denn eine Flut von neuen Zertifikaten würde deren Preis verfallen lassen. Greenpeace Energy warnt bereits seit Langem davor, dass große Konzerne sich dann zu geringen Kosten mit grüner Stromqualität schmücken könnten, während die Verbraucher – die die geförderten Ökostromanlagen per EEG-Umlage finanzieren – den Großteil der Kosten tragen. „Diese unmittelbare Verbrauchertäuschung kann nun hierzulande abgewendet werden, wenn Zertifikate für geförderten Strom bei uns gar nicht erst ausgestellt werden.“ Allerdings müsse die Bundesregierung von diesem Ausnahme-Recht nun auch Gebrauch machen. „Wir fordern deshalb vom zuständigen Minister Altmaier, Herkunftsnachweise für geförderten Strom in Deutschland nicht zuzulassen“, so Keiffenheim.



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