Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

News

Verfassungsgericht bestätigt Atomausstieg

Das Bundesverfassungsgericht hat den im Jahr 2011 beschlossenen Atomausstieg der Bundesregierung für gesetzeskonform erklärt. Allerdings muss der Staat den Konzernen Schadenersatz in Milliardenhöhe zahlen.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Novelle des Atomgesetzes vom 31. Juli 2011 ist verfassungsgemäß und keine Enteignung. Das erklärte das Bundesverfassungsgericht (BVG) heute (6.12.2016). Gegen das Gesetz hatten die Atomkonzerne E.ON, RWE und Vattenfall geklagt. Das BVG sprach den Konzernen allerdings eine Entschädigung zu. Denn die Konzerne hätten ab dem Jahr 2010 mit einer Laufzeitverlängerung gerechnet, die die Bundesregierung beschlossen hatte. Nach dem Reaktorunfall in Fukushima dann kam die Kehrwende, die Laufzeit der AKW wurde reduziert. Jetzt muss der Gesetzgeber bis 30. Juni 2018 eine Neuregelung treffen.


Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

E.ON begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach dem für den früheren Ausstieg aus der Kernenergie eine angemessene Entschädigung vorzusehen ist. Damit würdige das Gericht insbesondere die Bedeutung von Vertrauen bei Investitionsentscheidungen auf Basis politischer Beschlüsse. E.ON hatte auf Basis des damaligen langfristigen Energiekonzepts der Bundesregierung von Ende 2010 nach eigenen Angaben hunderte Millionen Euro in einen längeren Betrieb der Kernkraftwerke investiert. Dieses Konzept sah die Kernenergie als Brückentechnologie an. Im Zuge der Beschleunigung der Energiewende nach dem Reaktorunfall von Fukushima 2011 und dem damit verbundenen schnelleren Kernenergieausstieg seien diese Investitionen vollständig und entschädigungslos entwertet worden, teilt der Konzern mit.


„Ich bin sehr zufrieden mit der Entscheidung. Sowohl die Einführung fester Abschalttermine als auch die Staffelung der Abschaltfristen sind verfassungskonform“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Verfassungskonform seien auch die entschädigungslose Rücknahme der Laufzeitverlängerungen von 2010 und das Gesetzgebungsverfahren selbst. Die Milliardenforderungen der Konzerne seien mit dem heutigen Tage vom Tisch. „Das Gericht sieht lediglich in einem Randbereich des Gesetzes zu den beiden AKW Krümmel und Mülheim-Kärlich einen Sonderfall, der jedoch die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes insgesamt nicht in Frage stellt“, erläuterte Hendricks. Für diese beiden Anlagen müsse der Gesetzgeber nunmehr einen Ausgleich schaffen. Wie dies erfolgen kann, darüber lässt das Gericht dem Gesetzgeber einen breiten Gestaltungsspielraum. Hendricks: „Damit steht jedenfalls fest, dass der Zeitplan des Atomausstiegs nicht verändert wird.“


Oliver Krischer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, und Sylvia Kotting-Uhl, Sprecherin für Atompolitik der Bundestagsfraktion der Grünen, sehen in den Urteil eine Bestätigung der im Kern historischen Entscheidung des Gesetzgebers, die Atomkraft in Deutschland zu beenden. Die gigantischen Milliarden-Forderungen der Konzerne, die Laufzeitverlängerungen der schwarz- gelben Regierung unter Merkel entschädigt zu bekommen, hat das Gericht zurückgewiesen. Ebenso alle anderen Ausgleichsforderungen. Damit sind die unverschämten Ansprüche der Konzerne in die Schranken gewiesen.


Auch die Sprecherin für Atompolitik der SPD-Fraktion, Dr. Nina Scheer, bezeichnet die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts als wegweisend, wonach der Gesetzgeber mit dem Atomausstieg aufgrund des Restrisikos der Atomenergienutzung für Leben und Gesundheit sowie natürliche Lebensgrundlagen ein legitimes Regelungsziel verfolge. Insofern hätten die Atomkonzerne eine deutliche Niederlageerlitten. Statt rund 20 Milliarden Euro bestehe nun lediglich eine Ausgleichspflicht für Reststrommengen der Kraftwerke Mülheim-Kärlich und Krümmel sowie Investitionen zwischen Dezember 2010 und März 2011, die im Vertrauen auf eine Laufzeitverlängerung getätigt wurden.


Thorsten Glauber, stellvertretender Vorsitzender und energiepolitischer Sprecher der Fraktion FREIE WÄHLER im Bayerischen Landtag, beurteilte den Richterspruch anders: „Das heutige Urteil kommt uns Verbraucher teuer zu stehen. Denn wieder einmal wird eine unsinnige politische Entscheidung der Bundesregierung sozialisiert. Für die Folgen der zunächst zugesagten und nach dem Super-GAU von Fukushima zurückgenommenen Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke kommen am Ende Stromkunden und Steuerzahler auf.“ Hier gehe es aller Wahrscheinlichkeit nach um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Dieses Geld wäre sinnvoller in eine Energiewende in kommunaler und Bürgerhand investiert worden - anstatt in das bestehende Oligopol.


"Es gilt jetzt, die schriftliche Begründung des Urteils sorgfältig auszuwerten, und das Risiko für den Steuerzahler zu begrenzen“, sagten nach dem Urteil die stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Ute Vogt und Hubertus Heil. Vor diesem Hintergrund wäre es vernünftig,  dass die Union ihren Widerstand gegen eine Verlängerung der zum Jahresende auslaufenden Brennelementesteuer aufgäbe. Diese Verlängerung habe die SPD seit langem gefordert. Gleichzeitig erwarten die beiden Abgeordnenten von den Energieversorgungsunternehmen, dass sie sämtliche weitere Klagen gegen den Staat fallen lassen.


„Für die Atomkonzerne fällt in diesem Monat Weihnachten und Ostern zusammen“, kommentiert Franziska Buch, Energiereferentin am Umweltinstitut München. Buch zielt dabei nicht nur auf das aktuelle Urteil ab. „Trotz einer breiten Mehrheit im Bundestag aus SPD, Grünen und Linkspartei setzt sich die Union mit der Abschaffung der Brennelementesteuer Ende 2016 durch. Damit schenkt sie den AKW-Betreibern fünf Milliarden Euro.“ Noch vor Ende des Jahres wolle die Bundesregierung ein Gesetzespaket verabschieden, mit dem die Energieunternehmen von der finanziellen Verantwortung für die unkalkulierbaren Kostenrisiken der Atommülllagerung befreit würden. Mit dem heutigen Urteil sei nun der Weg frei für milliardenschwere Entschädigungsforderungen, die die Steuerzahler noch oben drauf legen sollen.“
„Die Bundesregierung darf die Atomkonzerne nach diesem Urteil nicht weiter mit Samthandschuhen anfassen“, so Buch. Bestünden sie auf ihren Schadenersatzforderungen, müsse der Gesetzgeber die Einzahlung in den öffentlich-rechtlichen Fonds für die Atommülllagerung entsprechend erhöhen. Es könne nicht sein, dass die Energiekonzerne Milliardensummen vor Gericht einklagen und gleichzeitig aus angeblichem Geldmangel die finanzielle Verantwortung für die Folgekosten ihres Atommülls abgeben.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.