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Südplus-Redakteurin im Interview mit der Leonberger Kreiszeitung

Mit ihrer Reportage über den geplanten Neubau eines Pig-Port-Stalles für 200 Bioschweine in Weil der Stadt sowie eine Bürgerinitiative, die das verhindern will, hat Silvia Lehnert für überregionale Aufmerksamkeit gesorgt. Die Leonberger Kreiszeitung sprach daraufhin mit der Agrarexpertin.

Lesezeit: 5 Minuten

Mit ihrer Reportage über den geplanten Neubau eines Pig-Port-Stalles für 200 Bioschweine in Weil der Stadt (Lk Böblingen) sowie eine Bürgerinitiative, die das verhindern will, hat top agrar-Südplus-Redakteurin Silvia Lehnert für überregionale Aufmerksamkeit gesorgt. Die Leonberger Kreiszeitung sprach daraufhin mit der Agrarexpertin und veröffentlichte am 21. April das Interview. Hier ein Auszug:



Frau Lehnert, „top agrar“ erscheint in ganz Deutschland. Was macht das Weil der Städter Schweinestall-Projekt für Sie so interessant?

 

Lehnert: Bisher standen vor allem konventionelle Landwirtschaftsbetriebe aufgrund der Art ihrer Tierhaltung, der damit verbundenen Geruchsentwicklung oder allein aufgrund ihrer Tierzahlen in der öffentlichen Kritik. Dass Verbraucher mittlerweile aber auch gegen Bioställe protestieren, die bisher in der Öffentlichkeit ein gutes Image genießen, das ist neu.

 

Was bedeutet das?

 

Lehnert: Dieser Fall zeigt, wie weit sich manche Verbraucher inzwischen von der Landwirtschaft entfernt haben. Letztlich könnte das zur Nagelprobe für die Frage werden, welche Art der Nutztierhaltung hierzulande überhaupt noch akzeptiert ist. Denn der Protest der Bürger gegen den Biostall ist eigentlich paradox: Viele Kunden wollen verstärkt regionale Lebensmittel aus Bioerzeugung, aber offenbar nicht vor ihrer eigenen Haustür.


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(…) (Anm. d. Redaktion: Silvia Lehnert erläuterte im weiteren Verlauf die Besonderheiten eines Pig-Port-Stalls und ging auf die Aspekte des Tierwohl ein)


Welche Motive vermuten Sie hinter der Bürgerinitiative, die gegen den Stall kämpft?


Lehnert: Genau diese Frage hätte ich den Vertretern der Bürgerinitiative bei meinen eigenen Recherchen gerne auch selbst gestellt. Leider wollten sie sich überhaupt nicht zu meinen Fragen äußern und haben mir sogar schriftlich untersagt, Namen zu nennen. Aus meiner Sicht ist diese Anonymität allein ein Grund dafür, die Seriosität der BI anzuzweifeln.


(…) (Im weiteren Verlauf des Interviews geht es um das Thema Gülle, um deren Geruch und das Grundwasser)


Gibt es, wie die BI behauptet, genug Bio-Schweinefleisch auf dem Markt?

 

Lehnert: Nein, aktuell reicht das Angebot an deutschen Bio-Schweinen nicht aus, um die steigende Nachfrage zu decken. Im Moment haben wir laut der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft in Bonn bei Bio-Schweinefleisch einen Selbstversorgungsgrad von 75 Prozent, das heißt wir importieren noch ein Viertel des hiesigen Bedarfs. Und das wird noch eine Weile so bleiben, da zu wenig Betriebe in diese Erzeugungsschiene einsteigen. Insofern ist die Investition von Familie Riehle zukunftsträchtig.


Ist der Weiler Widerstand ein Einzelfall?


Lehnert: Bis jetzt ist uns in der Redaktion ein solcher Fall noch nicht untergekommen. Zumal es sich hier auch noch um einen Stall handelt, der durch Forschung mittelfristig zur allgemeinen Verbesserung der Haltungsbedingungen beitragen soll. Wie soll die Tierhaltung verbessert werden, wenn nicht einmal mehr Pilotställe gebaut werden dürfen? Ohne solche praxisnahe Forschung geht es nicht.

 

Welche Argumente begegnen Ihnen da immer wieder?

 

Lehnert: Viele Bürger reagieren beim Thema Stallbau heute reflexartig mit Ablehnung ohne sich konkret mit den vor Ort vorliegenden Fakten beschäftigen zu wollen. Fast immer kommen sofort die Gegenargumente einer zu hohen Geruchsund Lärmbelastung und negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Landschaft. Auch das Bild einer Massentierhaltung schwirrt vielen im Kopf, ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben, was sie damit eigentlich meinen. Denn fest steht: Die Tierzahl eines Betriebes sagt nichts aus über seine Haltungsbedingungen.

 

Macht es Ihnen Sorgen, dass mittlerweile selbst kleine, familiäre Bio-Landwirte unter Beschuss kommen?

 

Lehnert: Ja, sehr. Denn es wirft die Frage auf, ob und wie wir in Zukunft in Deutschland überhaupt noch Nutztiere halten können. Wo wir hinsteuern ist klar: Wer Fleisch und Eier essen oder Milch trinken will, ist auf Importware aus anderen Ländern angewiesen. Und da sind die Haltungsbedingungen der Tiere alles andere als kontrollierbar. Insbesondere im Südwesten brechen uns seit Jahren tierhaltende Betriebe weg. Zum einen, weil die Erlöse kein vernünftiges Einkommen mehr gewährleisten und Investitionen angesichts immer weiter steigender Auflagen nicht mehr gestemmt werden können. Zum anderen aber auch, weil junge Hofnachfolger den Druck und die ständige Schelte seitens der Öffentlichkeit nicht mehr aushalten wollen oder können.

 

Der Bürgermeister hat ja eine große Infoveranstaltung mit allen beteiligten Behörden organisiert. Warum fruchten Sachargumente in solchen Auseinandersetzungen nicht?



Lehnert: Weil die Verbraucher das Thema nicht auf sachlicher Ebene, sondern auf emotionaler Ebene diskutieren wollen. Wer sich aber die Mühe macht, mal in einen modernen Kuh- oder Schweinestall reinzuschauen und mit dem Landwirt zu sprechen, der wird mit einer anderen Sicht der Dinge wieder herauskommen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man sich dafür auch ernsthaft interessiert. Dieses Interesse vermisse ich vielfach.


Die BI konstruiert ja auch einen Konflikt zwischen Natur- und Landschaftsschutz und Landwirtschaft. Ist das wirklich ein Widerspruch?



Lehnert: Ackerbau und Nutztierhaltung sind grundsätzlich natürlich Eingriffe in die Natur, aber wie sollen wir sonst Lebensmittel produzieren? In Deutschland haben wir in der Landwirtschaft mittlerweile einen sehr hohen Umweltschutzstandard erreicht, der ständig verbessert wird. Die Landwirte ziehen hier mit, keiner von ihnen verschmutzt willentlich Gewässer oder die Luft! In diesem Zusammenhang dürfen Sie auch nicht vergessen: Unsere schöne Landschaft ist ganz wesentlich durch die Bewirtschaftung der Landwirte entstanden!

 

Wie können die Landwirte dem begegnen?

 

Lehnert: Die Landwirtschaft kann den Verbrauchern nur Angebote machen, auf ihre Höfe zu kommen und sich vor Ort sachlich zu informieren und darüber zu diskutieren. Das tut sie bereits in großem Stil, etwa mit der Schule auf dem Bauernhof oder offenen Stalltüren. Offenbar ist das aber noch nicht genug. Landwirte, egal ob konventionell oder bio, müssen ihren Kunden wohl noch früher im Produktionsprozess abholen und in einer verständlichen Weise aufklären.

 

Wie sollten sich die Kunden und Verbraucher verhalten?

 

Lehnert: Wer sich Sachargumenten nicht verschließt, wird schnell merken: Wer regionale Lebensmittel aus tiergerechter, kontrollierbarer Haltung möchte, kann nicht gleichzeitig gegen neue innovative Ställe in seiner Umgebung sein.

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