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Drei auf einen Streich: Neonikis-Verbot tritt Ende 2018 in Kraft

Das von der EU beschlossene Verbot von drei als bienengefährlich eingestuften Neonicotinoiden wird parteiübergreifend als Erfolg für den Bienenschutz gewertet. Europas Bauern-Präsident Joachim Rukwied akzeptiert das Votum, hätte sich aber eine „differenzierte Entscheidung“ bei Saatgutbeize für Zuckerrüben gewünscht.

Lesezeit: 6 Minuten

Das am Freitag in Brüssel von den EU-Mitgliedstaaten beschlossene Verbot von drei als bienengefährlich eingestuften Neonicotinoiden wird parteiübergreifend in Europa als Erfolg für den Bienenschutz und die Artenvielfalt eingestuft. Europas Bauern-Präsident Joachim Rukwied akzeptiert das Votum, erklärte aber im top agrar-Interview, dass er sich eine „differenzierte Entscheidung“ bei der Saatgutbeizung zum Schutz von jungen Rübenkeimlingen gewünscht hätte.  


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„Gerade wir Bauern sind auf Bienen angewiesen und auf deren Bestäubungsleistung. Und haben deshalb ein großes Interesse am Erhalt einer großen Anzahl von Bienenvölkern. Für uns ist die wissenschaftliche Bewertung grundlegend, ob ein Wirkstoff zugelassen oder vom Markt genommen wird. Hier hätten wir uns in diesem Falle eine differenzierte Entscheidung gewünscht, dass beispielsweise bei nichtblühenden Pflanzen wie der Zuckerrübe weiterhin die Saatgutbeizung zum Schutz des jungen Keimlings zugelassen wird. Wenn die Wissenschaft zum Ergebnis kommt, ein Wirkstoff ist massiv bienenschädigend und muss vom Markt genommen werden, dann akzeptieren wir das“, sagte Rukwied im Gespräch mit top agrar am Freitagnachmittag.


Das einvernehmliche Votum des SPD-geführten Bundesumweltministeriums und des CDU-geführten Bundeslandwirtschaftsministerium stellt in der nun mehr dritten Großen Koalition in Berlin ein Novum dar. Führten der tiefgreifende Dissens zwischen dem Bundesumweltministerium (BMU) und dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) beispielsweise in der Frage der Weiterzulassung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat in der Vergangenheit zu permanentem Streit und Ärger zwischen den Ministern Christian Schmidt und Barbara Hendricks, traten die beiden neuen Ressortchefinnen für Agrar und Umwelt, Klöckner und Schulze bei der ersten relevanten Sachentscheidung in Brüssel mit einer Stimme auf. In den zurückliegenden Jahren hatte das Beharren auf parteipolitisch unterschiedlichen Positionen oft in Brüssel zur Stimmenthaltung Deutschlands geführt, weil der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CDU und SPD dies ausdrücklich so festgelegt hatte.


Suche nach Gemeinsamkeiten vor Abstimmungen in Brüssel sinnvoll

Die Suche nach Gemeinsamkeiten unter den Koalitionären vor einer Abstimmung in Brüssel, ob in Fachausschüssen oder im Ministerrat hält Rukwied grundsätzlich für sinnvoll. „Ich weiß zumindest von der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, dass sie oft und offensiv in Kontakt getreten ist mit ihrer Kollegin aus dem Umweltministerium“. Es sei immer besser, wenn man vorab Dinge bespreche und versuche einen gemeinsamen Lösungskorridor zu finden. „Wichtig ist aber für uns als Landwirte, dass die Interessen der Bauernfamilien natürlich nach wie vor vertreten werden und wir die Durchsetzung unserer Interessen auch wiederfinden“, betonte Rukwied.


Könnte die neue Einigkeit unter den Berliner Koalitionären auch beim Thema Glyphosat zu einer Revision führen? Im Dezember 2017 war aufgrund des Alleingangs von Ex-Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) ein Mehrheitsvotum für eine fünfjährige Verlängerung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels in der EU durchgestzt worden.„Die Glyphosat-Entscheidung ist getroffen und deshalb gehen wir davon aus, dass diese Entscheidung auch Bestand hat“, beharrte Rukwied.


Andriukaitis: „Regulierung tritt zum Ende des Jahres 2018 in Kraft“

EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis zeigte sich erleichtert über das erzielte Mehrheitsvotum zu dieser sensiblen Thematik im ersten Anlauf: „Die EU-Kommission hat diesen auf wissenschaftliche Expertise der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) beruhenden Vorschlag bereits vor Monaten gemacht. Bienengesundheit bleibt ein Punkt von höchster Relevanz für mich persönlich, weil der Schutz von Biodiversität, eine gesunde Lebensmittelproduktion und der Schutz der Umwelt für die Juncker-Kommission eine Priorität darstellt“. Die Regulierung werde in den nächsten Wochen von der EU-Kommission präzisiert und könne dann zum Ende des Jahres 2018 in allen EU-Mitgliedstaaten in Kraft treten.

 


Europaabgeordnete von CDU, SPD und Grüne begrüßten unisono die getroffene Einschränkung der drei Neonicotinoiden Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam. „Was für die Biene schädlich ist, gehört nicht auf unsere Äcker. Die Biene leistet in unserem Ökosystem eine entscheidende Rolle durch die Bestäubung der Pflanzen und wir müssen alles in unserer Macht stehende dafür tun, das Bienensterben zu verhindern,“ sagte der CDU-Europaabgeordnete und Sprecher für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP), Peter Liese. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte in ihrer wissenschaftlichen Risikobewertung bei drei Insektiziden ein hohes Risiko für Bienen attestiert. „Wir haben uns bewusst für eine wissenschaftliche Analyse entschieden. Diese Analyse liegt vor und ist wissenschaftlich eindeutig. Daher hat die Politik auch den Auftrag zu handeln. Das hat sie getan. Heute ist daher ein guter Tag für den Umweltschutz und letztlich auch für die Landwirtschaft“ so Liese.


Maria Noichl (SPD): „Dieses Verbot ist erst der erste Schritt“

Auch die SPD-Europaabgeordnete und agrarpolitische Sprecherin, Maria Noichl, sieht die Entscheidung als Erfolg im Kampf für einen besseren Bienenschutz: „Neonicotinoide sind eine Bedrohung für Bestäuber und tragen zum Bienensterben bei. Das EU-Parlament und die EU-Kommission hätten sich schon lange für ein Verbot dieser Wirkstoffe stark gemacht. „Studien zufolge kostet das weltweite Bienensterben schon heute 150 Milliarden Euro. 84 Prozent der Pflanzenarten und 76 Prozent der Lebensmittelerzeugung sind in Europa von der Bestäubung durch Honig- und Wildbienen abhängig. Neben dieser wirtschaftlichen Komponente sind Bienen existenziell für das ökologische Gleichgewicht und die Artenvielfalt“, sagte Noichl in Brüssel. Bereits heute müssten in vielen Teilen der Erde Pflanzen für Milliardenbeträge künstlich bestäubt werden. Es sei eine vordringliche Aufgabe, das in Europa zu verhindern. „Ein Verbot von Neonicotinoiden ist nun der erste Schritt, die Bienensterblichkeit zu verringern. Langfristig muss uns ein Wechsel zu einer naturverträglichen Landwirtschaft gelingen“, forderte Noichl ein Umdenken angesichts der anstehenden Diskussion um die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) 2020.


Maria Heubuch (Grüne): „Es sind noch zu viele Pestizide auf dem Markt“

Eine Neuorientierung der GAP forderte ebenso der agrarpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion, Martin Häusling. „Das ist ein großer Schritt gegen das Bienensterben und für die Biodiversität. Ich begrüße, dass die EU-Regierungen aufwachen und die Hochrisikopestizide vom Acker verbannen“. Die Bienenkiller sollten seiner Meinung nach auch raus aus den Gewächshäusern. „Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner muss sich für ein EU-weites Komplettverbot einsetzen und Ausnahmen für die Agrarlobby einen Riegel vorschieben.“ 


Auch die grüne Europaabgeordnete Maria Heubuch, will als stellvertretendes Mitglied der Grünen/EFA-Fraktion im Sonderausschuss für die Zulassung von Pestiziden (PEST, „Special Committee on the Union’s authorisation procedure for pesticides”), weitere Verbote von Pflanzenschutzmitteln durchsetzen: „Die erdrückende Beweislage und der Druck der Zivilgesellschaft zeigen ihre Wirkung. Weitere Pestizide müssen vom Markt, Alternativen gibt es. Ich werde mich im Sonderausschuss für die Zulassung von Pestiziden dafür einsetzen, dass künftig das Vorsorgeprinzip früher angewendet wird und nicht erst, wenn drei Viertel der Insekten verschwunden sind. Es sind noch zu viele Pestizide auf dem Markt, bei denen es massive Lücken in der Risikobewertung gibt.“

 

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