Der Bundesgerichtshof (BGH) könnte die Windkraftklausel der Bodenverwertungs- und -verwaltungs-GmbH (BVVG) kippen. Wir sprachen mit Franz-Christoph Michel, Rechtsanwalt aus Templin:
Worum geht es?
Michel: Die Windkraftklausel mussten Land- und Forstwirte unterschreiben, die nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) Flächen gekauft haben. Die BVVG sicherte sich damit in ca. 20 000 Kaufverträgen noch 15 Jahre nach dem Kauf einen Zustimmungsvorbehalt und satte 75 % des auf die Gesamtnutzungsdauer kapitalisierten Entschädigungsbetrages für Windkraftstandorte und Abstandsflächen.
Wie beurteilt der BGH die Windkraftklausel?
Michel: Vernichtend! Die Klausel ist in allen Verträgen nichtig und die BVVG hat auch kein Wiederkaufsrecht, wenn ein Grundstück für Windenergie nutzbar wird. Und: Die BVVG muss einer Dienstbarkeit im Zusammenhang mit der Windnutzung zustimmen. Bisher forderte und bekam sie mehrere 100 000 € für jeden Standort.
Wie äußerte sich der BGH zum Wiederkaufsrecht im Falle einer Windnutzung?
Michel:Er sieht kein Wiederkaufsrecht der BVVG. Die Errichtung von Windenergieanlagen ist auf einer land- und forstwirtschaftlichen Fläche nach dem Baugesetzbuch grundsätzlich zulässig und wird nicht erst durch einen Regional- oder Bauleitplan hierfür nutzbar.
Was würde ein entsprechendes Urteil für die BVVG bedeuten?
Michel: Die BVVG würde die bereits erhaltenen Gelder aus dieser Klausel zurückzahlen müssen – schätzungsweise ein Betrag im zweistelligen Millionenbereich. Wieder hätte man sie dabei ertappt, wie sie rechtswidrig Landkäufer um hohe Millionenbeträge übervorteilt hat. Liquidität, die den Landwirten dringend fehlt! Die politisch Verantwortlichen sollten nun handeln und nicht die Käufer auf den langwierigen Klageweg gegen die BVVG verweisen. Es ist überfällig, die sogenannten Zweckbindungen zu beenden, um diese Art der modernen Lehensherrschaft der BVVG über die Landwirte bald 30 Jahre nach der Wiedervereinigung zu beenden.
Welche Konsequenzen hätte das für die betroffenen Landkäufer?
Michel: Sie wären endlich frei bei der Errichtung von Windkraftanlagen. Wer bereits Teile seines Windkrafterlöses zahlen musste, sollte nach einem entsprechenden Urteil dieses Geld zurückfordern. Dazu dürfte die BVVG allerdings nicht ohne entsprechenden Druck der Geschädigten bereit sein. Eigentümer sollten nach dem Urteil ihre Forderung zur Vermeidung einer möglichen Verjährung umgehend geltend machen!
Hinweis der Redaktion:
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Frage der sog. Windklausel ist noch nicht ergangen. Am 13. Juli 2018 hat dazu eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Die Entscheidung des BGH soll am 14.09.2018 verkündigt werden. Das Interview gibt die Einschätzung von Rechtsanwalt Michel aus der mündlichen Verhandlung wieder.