Betrogen von dem Gnadenhof-Betreiber Gut Aiderbichl fühlt sich der niederösterreichische Landwirt Leopold W.. Im Frühjahr 2008 übertrug der mittlerweile 75-jährige Bauer seinen 35 ha großen Betrieb in Kilb (Bezirk Melk) an die Privatstiftung. Jetzt will er den Hof im Wert von 900.000 Euro zurück. Seine Anwälte argumentieren, er sei damals nicht geschäftsfähig gewesen.
Laut einem Zeitungsbericht im Kurier befasst sich das Landesgericht St. Pölten derzeit mit der Schenkung. Denn laut der Klage will der Bauer nichts von der Übertragung seiner Landwirtschaft gewusst haben, als er damals seine Unterschrift beim Notar geleistet hatte. Bisherigen Medienberichten zufolge soll W. wegen einer möglichen Vormundschaft und Anzeigen aus der Nachbarschaft unter Druck gestanden sein. Ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten soll laut dem Kurier nun klären, ob W. zum Zeitpunkt der Schenkung im Frühjahr 2008 geschäftsfähig war.
Für Aiderbichl-Anwalt Gerhard Lebitsch ist die Klage von Leopold W. unerklärlich. "Der Streit ist völlig absurd", sagt Lebitsch. "Er war mit der Betriebsführung und der Tierhaltung überfordert." Daher sei der Bauer auf Aiderbichl zugegangen, um seine Tiere zu retten. Lebitsch spricht von einem "typischen Übergabevertrag", wie er auch bei Familienbetrieben üblich sei.
Im Notariatsakt zur Schenkung sei laut Lebitsch neben dem lebenslangen (kostenlosen) Wohnrecht, der Tilgung von bestehenden Schulden und der Übernahme von allfälligen Bestattungskosten auch ein monatliches "Handgeld" in Höhe von 200 Euro verankert. Aiderbichl habe von November 2008 bis zur Einbringung der Klage Anfang 2017 freiwillig 700 Euro bezahlt. In diesem Zeitraum seien knapp 70.000 Euro an den Landwirt geflossen, sagt Lebitsch. In Summe habe Aiderbichl seit der Übernahme von W. 3,85 Mio. Euro in den Hof gesteckt. Knapp 600.000 Euro seien demnach in einen neuen Laufstall geflossen.
2015 habe sich dann erstmals der damalige Anwalt W.s in einem Schreiben an die Aiderbichl-Stiftung gewandt – kurz nachdem die ersten Ermittlungen bekannt geworden seien. Kein Zufall, vermutet Lebitsch. Über die Klage zeigt sich auch ein Kenner der Liegenschaft verwundert. "Ich würde den Hof nicht geschenkt haben wollen", sagt der Insider unter Verweis auf den desolaten Zustand der Gebäude zum Zeitpunkt der Übernahme.
Für Gut Aiderbichl ist der Fall laut der Zeitung nicht der einzige Rechtsstreit. Die Bundesländer Oberösterreich und Salzburg haben wegen eines zweifelhaften Testaments eines millionenschweren Tierliebhabers zugunsten Aiderbichls ebenfalls geklagt.