Das Thünen-Institut hat die möglichen Wirkungen eines ‚weichen‘ bzw. eines ‚harten‘ Brexits auf die deutschen Agrar- und Nahrungsmittelmärkte neu berechnet.
Zur Verdeutlichung erinnern die Fachleute zunächst an das Handelsvolumen 2016: Demnach war das Vereinigte Königreich mit rund 4,7 Mrd. Euro und 7 % der gesamten Agrar- und Nahrungsmittelausfuhren für Deutschland ein wichtiger Handelspartner. Im Gegenzug hat das Vereinigte Königreich im Jahr 2016 Agrarprodukte im Wert von 1,6 Mrd. Euro nach Deutschland exportiert.
Darauf aufbauend haben die Experten zwei Szenarien durchgespielt: der ‚weiche‘ Brexit, bei dem die Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich durch ein System der Zollformalitäten und Handelserfassung beeinträchtigt wird, und der ‚harte‘ Brexit, bei dem zusätzlich auch noch neu erhobene Zölle anfallen.
Die Berechnungen machen deutlich: Auch nach einem Brexit bleibt die EU für das Vereinigte Königreich der wichtigste Partner im Agraraußenhandel. Aber selbst ein weicher Brexit hätte erhebliche Verschiebungen der Handelsbeziehungen zur Folge. So würden etwa die deutschen Nettoexporte von Agrarprodukten in das Vereinigte Königreich um ca. 1 Mrd. € sinken, bei einem harten Brexit sogar um ca. 2 Mrd. €. "Die Handelsänderungen wirken sich auch unmittelbar auf die Produktion aus", sagt Dr. Florian Freund, Autor der Studie: „Beim ‚worst case‘ eines harten Brexit würde der Produktionsrückgang im Agrarbereich mit 1,2 Mrd. Euro relativ hoch ausfallen. Legt man die weiche Variante zugrunde, wäre dieser Effekt immerhin um das Dreifache niedriger.“
Der Sektor, der den Brexit am stärksten zu spüren bekommt, ist voraussichtlich die Schweine- und Geflügelfleischproduktion. Bei einem harten Brexit würde der Produktionswert um über 2,7 % sinken, bei einem weichen Brexit um 0,9 %. Insgesamt wären die Auswirkungen im Agrarsektor aber nur leicht zu spüren, wobei der Handel mit verarbeiteten Nahrungsmitteln stärker in Mitleidenschaft gezogen würde als der Handel mit unverarbeiteten Agrarprodukten.
Die 22-seitige Studie ist als Thünen Working Paper 95 veröffentlicht und auf der Webseite des Thünen-Instituts (www.thuenen.de) als PDF zum Download verfügbar. Sie ist ein Update einer gleichgerichteten Studie vom März 2017, die ebenfalls als Working Paper publiziert worden war.