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„Der Wolf ist nicht vom Aussterben bedroht“

Der Zoologe Prof. Hans-Dieter Pfannenstiel erläutert im Interview mit top agrar, warum eine Bestandsregulierung des Wolfes sinnvoll wäre. Laut Koalitionsvertrag will die neue Regierung dafür sorgen, dass der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen wird. Halten Sie das für realistisch?

Lesezeit: 4 Minuten

Der Zoologe Prof. Hans-Dieter Pfannenstiel erläutert im Interview mit top agrar, warum eine Bestandsregulierung des Wolfes sinnvoll wäre.


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Laut Koalitionsvertrag will die neue Regierung dafür sorgen, dass der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen wird. Halten Sie das für realistisch?


Pfannenstiel: Die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht ist überfällig. Sachsen hat diesen Schritt bereits getan. Ich halte es allerdings für wenig realistisch, dass eine neue Bundesregierung gegen den Druck des ideologischen Naturschutzes den Mut dazu aufbringt.


Welche rechtlichen und administrativen Schritte wären dafür nötig?


Pfannenstiel: Die Aufnahme von Arten in den Katalog jagdbarer Arten ist rechtlich völlig unproblematisch, wie das Beispiel Sachsen zeigt. Allerdings ändert sich dadurch nichts am Schutzstatus des Wolfs.


Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert den Koalitionsvertrag. Ein Abschuss der europaweit geschützten Art bleibe ein Verstoß gegen europäisches Recht. Wie bewerten Sie das?


Pfannenstiel: Bisher ist der Abschuss von Wölfen in Deutschland lediglich als Ausnahme nach § 16 der FFH-Richtlinie möglich. Diese Möglichkeit nutzt Schweden mit der „Schutzjagd“ bereits heute. Die Wolfsjagd ist selbstverständlich wissenschaftlich fundiert, wie das Beispiel der baltischen Staaten und anderer EU-Staaten zeigt. Im Baltikum werden jedes Jahr im Mittel 300 Wölfe erlegt, ohne dass sich am günstigen Erhaltungszustand der europäischen Wölfe etwas ändert. Der Wolf ist nicht vom Aussterben bedroht.


Verbände wie die DUH lehnen eine Regulierung ab mit dem Hinweis, dass es in Deutschland in den letzten 170 Jahren keine Übergriffe auf Menschen gegeben hätte. Allerdings ist der Wolf erst seit etwa 20 Jahren wieder heimisch und die Population wächst jährlich um 30%. Aus anderen Ländern mit größeren Wolfspopulationen wie Russland, Frankreich oder Kanada sind etliche Übergriffe auf Menschen bekannt. Ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch bei uns etwas passiert?


Pfannenstiel: Es ist absolut unverantwortlich, die Möglichkeit von Übergriffen des Wolfs auf den Menschen bei uns kategorisch auszuschließen. Solche Übergriffe kommen in anderen Ländern immer wieder vor, werden aber bei uns schlicht als Märchen abgetan. Der Wolf hat sein angeborenes Verhalten in den Jahren, als er bei uns in Deutschland ausgerottet war, selbstverständlich nicht geändert. Unsere Jagdgesetze fordern gesunde und an die Landeskultur angepasste Wildbestände. Beim Wolf soll sich jedoch die Landeskultur an die Bedürfnisse dieser Tierart anpassen. Wo bleibt da der „gesunde Menschenverstand“?


Inwieweit könnte eine Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht den Weidetierhaltern helfen?


Pfannenstiel: Die Aufnahme allein hilft der Weidewirtschaft nicht. Eine Hilfe wird erst dann realistisch, wenn der Wolf bei uns, wie in anderen europäischen Ländern auch, von Anhang IV der FFH-Richtline nach Anhang V überführt wird.


Wie müsste eine Regulierung sinnvoll ausgestaltet sein?


Pfannenstiel: Sinnvoll ist eine planmäßige Bejagung bei effektivem Monitoring des Wolfsbestandes in Deutschland. Es könnten wolfsfreie Zonen ausgewiesen werden, wie es beispielsweise in Schweden der Fall ist. Der Wolf könnte in anderen Gebieten, beispielsweise in Nationalparks, weiterhin Vollschutz genießen. Auf allen übrigen Flächen könnte er nach Abschussplan bejagt werden.


Wer würde darüber entscheiden, ob ein Wolf entnommen werden soll, der keine Scheu vor Menschen zeigt oder selbst hohe Zäune überwindet?


Pfannenstiel: Die Jagdausübungsberechtigten im ländlichen Raum könnten im Rahmen des Abschussplans vorrangig Wölfe erlegen, die sich Viehweiden, Tiergehegen und menschlichen Ansiedlungen nähern.


Wie bewerten Sie in dem Zusammenhang die Wolfs-Managementpläne der Bundesländer? Können sie den Weidetierhaltern bzw. der Landbevölkerung helfen?


Pfannenstiel: Wolfsmanagementpläne der deutschen Bundesländer haben nichts mit Wildtiermanagement zu tun. Sie beobachten unter allenfalls theoretisch möglichen Eingriffsmöglichkeiten die Ausbreitungs- und Reproduktionsdynamik des Wolfs und versuchen die ländliche Bevölkerung zu beruhigen. Das immer größer werdende Problem mit den Wölfen in unserer Kulturlandschaft können derartige Pläne nicht lösen.


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