Vor einer weiteren Renationalisierung in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hat der agrarpolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Albert Deß, indirekt gewarnt. Er habe schon bei der letzten Agrarreform sehr bedauert, dass „wir uns ein ganzes Stück von der Gemeinsamen Agrarpolitik entfernt haben“, erklärte der CSU-Agrarpolitiker im Gespräch mit AGRA-EUROPE.
Es braucht nach seiner Ansicht „wieder mehr GAP“, weil es im gemeinsamen Markt notwendig sei, dass vieles gemeinsam geregelt werde. Dabei müsse der Schwerpunkt darauf gelegt werden, die Agrarpolitik einfacher zu gestalten.
Auf mögliche Kürzungen des EU-Agrarhaushalts angesprochen, erklärte Deß, dass er sogar bereit wäre, auf Geld in der GAP zu verzichten, wenn es im Gegenzug weniger bürokratische Vorschriften für die Landwirte gäbe. Gleichzeitig wies er aber darauf hin, dass der Agrarhaushalt der einzige Etat sei, der vergemeinschaftet sei. Würde alles über Brüssel und Europa abgerechnet, entfiele auf den Agrarhaushalt nur 1 % aller staatlichen Ausgaben. Das sei ein „verschwindend geringer Anteil“ bei etwa 15 Millionen landwirtschaftlichen Betrieben in der Europäischen Union, die für rund 41 Millionen Arbeitsplätze stünden und über 500 Millionen Menschen mit Lebensmitteln versorgten.
Die Säulenstruktur hält Deß für richtig. Eine Beibehaltung der zwei Säulen wird aus seiner Sicht aber nur möglich sein, wenn eine absolute Obergrenze für die pro Hektar geleisteten Zahlungen - einschließlich der gekoppelten Beihilfen - eingeführt wird. Mehr als das Doppelte des EU-Durchschnittsniveaus dürfe es nicht geben. Eine allgemeine Obergrenze für die Direktzahlungen hält der CSU-Politiker jedoch für schwierig. Er verweist in dem Zusammenhang auf die Mehrfamilienbetriebe in Ostdeutschland.
Wichtige Maßnahme zur Einkommensstabilisierung
In den Direktzahlungen sieht der Bayer eine wichtige Maßnahme zur Stabilisierung der landwirtschaftlichen Einkommen. Bei der jüngsten Milchmarktkrise hätten sich viele bäuerliche Existenzen nur über die Direktzahlungen retten können, stellte Deß fest.
Kritisch sieht er die von einigen Mitgliedstaaten nach wie vor an die Produktion gekoppelten Beihilfezahlungen. Er bedauere, dass es bei der vergangenen Agrarreform nicht gelungen sei, zumindest bis 2020 eine Reduzierung der gekoppelten Zahlungen zu erreichen. Leider sei dies am Widerstand der Südländer gescheitert. Zur Vereinfachung trügen die produktionsgekoppelten Zahlungen jedenfalls nicht bei.
Mit Blick auf die Omnibusverordnung, die Deß als Berichterstatter des Parlaments begleitet, begrüßte er den voraussichtlichen Wegfall der Fünfjahresregelung beim Grünland sowie die Anerkennung von Silphie und Elefantengras als Greening-Pflanzen. Befürwortet werden von dem EVP-Agrarsprecher auch mögliche zusätzliche Förderungen für Junglandwirte. Dabei spricht er sich aber für eine Deckelung dieser Beihilfen aus.
Zunehmende „Hetze“ gegen die Landwirtschaft
Kritik übte Deß gegenüber Umwelt- und Naturschutzverbänden. Er beklagt „eine Hetze gegen die Landwirtschaft“. Den Vorwurf, der Pflanzenschutz sei am Artensterben schuld, lässt der Europaabgeordnete nicht gelten. In den siebziger und achtziger Jahren sei dieser mindestens genauso betrieben worden. Im Gegenteil, 70 % der Mittel von damals hätten den Totenkopf auf der Verpackung gehabt; diese gebe es heute nicht mehr. Seinerzeit sei den Landwirten nicht vorgeworfen worden, sie würden die Biodiversität schädigen, so der CSU-Politiker. Er sieht die Gründe für das Artensterben unter anderem im Verbot der Raubvogelbekämpfung: Da brauche man sich doch nicht zu wundern, wenn es keine Singvögel mehr gebe.