Das Aktuelle Interview mit Ferdinand Funke, Waldbauernverband NRW: top agrar: In Baden-Württemberg darf die Forstverwaltung nicht länger das Holz der privaten Waldbesitzer vermarkten. Das könnte auch anderen Bundesländern drohen. Was genau hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden?
Das Aktuelle Interview mit Ferdinand Funke, Waldbauernverband NRW:
top agrar:In Baden-Württemberg darf die Forstverwaltung nicht länger das Holz der privaten Waldbesitzer vermarkten. Das könnte auch anderen Bundesländern drohen. Was genau hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden?
Funke: Dem Beschluss ist ein jahrelanger Streit zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Bundeskartellamt vorausgegangen. Die Wettbewerbshüter stören sich daran, dass die Landesförster auch für Privatwaldbesitzer bzw. Waldbauern mit einer Waldfläche von mehr als 100 ha die Holzvermarktung, Betriebsplanung oder beispielsweise auch den Revierdienst erledigen. Diese Leistungen subventioniert der Staat indirekt zu 75 %, sodass die Forstverwaltung nahezu konkurrenzlos günstig ihre Dienstleistung anbieten kann.
Das verzerre den freien Wettbewerb. Daher hat das Kartellamt Baden-Württemberg die rote Karte gezeigt. Die Landesregierung legte dagegen Beschwerde ein und zog nun den Kürzeren. Zwar will Stuttgart dagegen wiederum klagen. Experten halten die Erfolgsaussichten allerdings für gering.
top agrar:Was ist mit der Vermarktung von Holz aus Wäldern mit weniger als 100 ha? Sind diese nicht betroffen?
Funke: Nein. Allerdings sind 90 % der Betriebe mit weniger als 100 ha Mitglied in Forstbetriebsgemeinschaften. Und diese sind in der Regel größer als 100 ha und sind somit dann doch betroffen.
top agrar:Ab wann gilt der Beschluss?
Funke: Sofort. Es sei denn, Baden-Württemberg legt Revision ein. Ob das der Fall sein wird, steht noch nicht fest (Anmerkung der Redaktion: Stand 1. April 2017).
top agrar:Die Regierung hat bereits im vergangenen Jahr versucht, mit der Novelle des Bundeswaldgesetzes zumindest einige typische Forstarbeiten dem Kartellrecht zu entziehen. Darunter fallen beispielsweise alle Vorarbeiten für die Vermarktung wie die Ernte und Aufbereitung. Darf der Landesforst hier weiter tätig werden?
Funke: Die Richter am OLG Düsseldorf haben angedeutet, dass die Regierung damit gegen europäisches Recht verstößt. Vermutlich werden nun die Gerichte darüber entscheiden.
top agrar:Sehen Sie auch auf andere Bundesländer Schwierigkeiten zukommen? Wenn ja, auf welche?
Funke: Es gibt in Deutschland noch einige Bundesländer, deren Forstverwaltungen gleich oder ähnlich aufgestellt sind wie in Baden-Württemberg. Auch hier wird es Veränderungen geben müssen. Dieses hat der vorsitzende Richter im Gerichtsverfahren bereits angedeutet. Meines Wissens nach wird das Kartellamt zunächst NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen überprüfen.
top agrar:Was bedeutet das für Privatwaldbesitzer? Sollten sich diese schon mal selber um die Vermarktung kümmern?
Funke: Im Prinzip ja. Die Waldbauern und Forstbetriebsgemeinschaften müssen sich künftig selber um diese Aufgaben kümmern. Das funktioniert aber nur, wenn sie sich zu neuen Gemeinschaften zusammenschließen. In NRW haben wir bereits entsprechende Pilotprojekte an den Start gebracht. Im Sauerland übernimmt beispielsweise die Waldholz-Sauerland-GmbH den Holzverkauf. Gesellschafter sind die „forstwirtschaftlichen Vereinigungen“ sowie der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband. Allerdings muss das aus meiner Sicht der Staat fördern. Zum einen, weil die indirekte Förderung wegfällt und daher die Kosten für die Waldbesitzer steigen. Zum anderen kommt eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Waldes allen Bürgern zugute.
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Das Aktuelle Interview mit Ferdinand Funke, Waldbauernverband NRW:
top agrar:In Baden-Württemberg darf die Forstverwaltung nicht länger das Holz der privaten Waldbesitzer vermarkten. Das könnte auch anderen Bundesländern drohen. Was genau hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden?
Funke: Dem Beschluss ist ein jahrelanger Streit zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Bundeskartellamt vorausgegangen. Die Wettbewerbshüter stören sich daran, dass die Landesförster auch für Privatwaldbesitzer bzw. Waldbauern mit einer Waldfläche von mehr als 100 ha die Holzvermarktung, Betriebsplanung oder beispielsweise auch den Revierdienst erledigen. Diese Leistungen subventioniert der Staat indirekt zu 75 %, sodass die Forstverwaltung nahezu konkurrenzlos günstig ihre Dienstleistung anbieten kann.
Das verzerre den freien Wettbewerb. Daher hat das Kartellamt Baden-Württemberg die rote Karte gezeigt. Die Landesregierung legte dagegen Beschwerde ein und zog nun den Kürzeren. Zwar will Stuttgart dagegen wiederum klagen. Experten halten die Erfolgsaussichten allerdings für gering.
top agrar:Was ist mit der Vermarktung von Holz aus Wäldern mit weniger als 100 ha? Sind diese nicht betroffen?
Funke: Nein. Allerdings sind 90 % der Betriebe mit weniger als 100 ha Mitglied in Forstbetriebsgemeinschaften. Und diese sind in der Regel größer als 100 ha und sind somit dann doch betroffen.
top agrar:Ab wann gilt der Beschluss?
Funke: Sofort. Es sei denn, Baden-Württemberg legt Revision ein. Ob das der Fall sein wird, steht noch nicht fest (Anmerkung der Redaktion: Stand 1. April 2017).
top agrar:Die Regierung hat bereits im vergangenen Jahr versucht, mit der Novelle des Bundeswaldgesetzes zumindest einige typische Forstarbeiten dem Kartellrecht zu entziehen. Darunter fallen beispielsweise alle Vorarbeiten für die Vermarktung wie die Ernte und Aufbereitung. Darf der Landesforst hier weiter tätig werden?
Funke: Die Richter am OLG Düsseldorf haben angedeutet, dass die Regierung damit gegen europäisches Recht verstößt. Vermutlich werden nun die Gerichte darüber entscheiden.
top agrar:Sehen Sie auch auf andere Bundesländer Schwierigkeiten zukommen? Wenn ja, auf welche?
Funke: Es gibt in Deutschland noch einige Bundesländer, deren Forstverwaltungen gleich oder ähnlich aufgestellt sind wie in Baden-Württemberg. Auch hier wird es Veränderungen geben müssen. Dieses hat der vorsitzende Richter im Gerichtsverfahren bereits angedeutet. Meines Wissens nach wird das Kartellamt zunächst NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen überprüfen.
top agrar:Was bedeutet das für Privatwaldbesitzer? Sollten sich diese schon mal selber um die Vermarktung kümmern?
Funke: Im Prinzip ja. Die Waldbauern und Forstbetriebsgemeinschaften müssen sich künftig selber um diese Aufgaben kümmern. Das funktioniert aber nur, wenn sie sich zu neuen Gemeinschaften zusammenschließen. In NRW haben wir bereits entsprechende Pilotprojekte an den Start gebracht. Im Sauerland übernimmt beispielsweise die Waldholz-Sauerland-GmbH den Holzverkauf. Gesellschafter sind die „forstwirtschaftlichen Vereinigungen“ sowie der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband. Allerdings muss das aus meiner Sicht der Staat fördern. Zum einen, weil die indirekte Förderung wegfällt und daher die Kosten für die Waldbesitzer steigen. Zum anderen kommt eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Waldes allen Bürgern zugute.