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Die Wende: Das schwere Erbe der DDR-Landwirtschaft

Vor 20 Jahren fiel die Mauer und für die Landwirtschaft in Ostdeutschland stand ein Umwandlungsprozess bevor, für den es bis dato keine Vorbilder gab. Die Schlussbilanz der DDR-Landwirtschaft war trist: 4 300 personell überbesetzte Betriebe mit veralteten Maschinen und maroden Stallgebäuden.

Lesezeit: 4 Minuten

Vor 20 Jahren fiel die Mauer und für die Landwirtschaft in Ostdeutschland stand ein Umwandlungsprozess bevor, für den es bis dato keine Vorbilder gab. Die Schlussbilanz der DDR-Landwirtschaft war trist: 4 300 personell überbesetzte Betriebe mit veralteten Maschinen und maroden Stallgebäuden. Trotz Betriebsgrößen von durchschnittlich mehreren tausend Hektar war von Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit keine Spur. Schnell war klar, dass die 3 844 landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) und die 464 volkseigenen Betriebe (VEB) in der Marktwirtschaft keine Chance hatten. Unglaublich aber wahr: Die großen DDR-Betriebe beschäftigten im Schnitt 10 AK/100 ha in Produktion und Verwaltung. Die westdeutschen Familienbetriebe kamen schon damals mit rund 6,5 AK/100 ha aus, die großen schleswig-holsteinischen Marktfruchtbetriebe lagen bei 1,7 AK/100 ha. In der DDR waren kurz vor der Wende noch rund 11 % aller Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig, im alten Bundesgebiet dagegen \- trotz der wesentlich kleineren Betriebsstrukturen \- nur noch rund 4 %!


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Mit der Wende setzt ein dramatischer Umwandlungsprozess ein. Innerhalb weniger Jahre \- von 1989 bis 1993 \- schrumpft die Zahl der Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft von 923 000 auf 179 100 Arbeitskräfte. Vier von fünf Mitarbeitern verlieren den Arbeitsplatz in der Landwirtschaft. Besonders betroffen sind Frauen. Mit dem Zusammenbruch der Viehbestände werden Melkerinnen und Tierpflegerinnen nicht mehr gebraucht; aber auch "Studierte" aus dem Leistungskader müssen gehen. Die landwirtschaftlichen Betriebe wurden aber nicht einfach "plattgemacht" wie eine marode staatliche Maschinenfabrik. Boden und Inventar. Boden und Inventar gehörten zumindest formal nach wie vor den LPG-Genossen, meistens sogar noch im Grundbuch vermerkt.


Schwieriger Spagat



Politik, Betriebe und Berater standen vor einem schwierigen Spagat. Einerseits sollten die LPG die Chance erhalten, sich umzuwandeln und ohne großen Kapitalfluss durch Abfindungen als e.G. weiterzumachen. Man befürchtete sonst eine völlige Auflösung der Agrarstruktur. Andererseits mussten im Landwirtschaftsanpassungsgesetz möglichst faire Regeln für ausscheidende Genossenschaftsbauern gefunden werden. Vor allem aber für diejenigen, die ihre Flächen und Inventarbeiträge aus der bisherigen LPG zurücknehmen und den Aufbau eines eigenen Betriebes wagen wollten. Die dazu notwendige Vermögensbewertung und \-auseinandersetzung war eines der größten Konfliktfelder der grünen Wende. Vor allem in der ersten heißen Phase direkt nach dem Mauerfall wurde teilweise erbittert um Boden, um noch vorhandenes Vermögen, um Macht und Einfluss gerungen. Es gab mehrere Gruppen von Akteuren: Da waren die Genossenschaftsbauern, die sich selbständig gemacht haben, aber das Problem hatten, keine Kredite für Maschinen und Ställe zu bekommen. Dann gab es LPG-Chefs, die an einer niedrigen Inventarbewertung interessiert waren, um ihren Betrieb in eine e.G. umwandeln zu können. Es gab Neigründungen als Einzelunternehmen, GbR oder GmbH durch ehemalige Leitungskader. Manche errangen Berühmtheit als "Rote Junker", wie der Spiegel 1995 titelte. Und dann gab es noch die Alteigentümer aus dem Westen, die davon ausgingen, ihre Ostbetriebe zurückzubekommen. Das Bundesverfassungsgericht entschied dann, dass es die Betriebe der Bodenreform 1945-49 nicht zurück gibt. Mit dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) könnten sie aber begünstigt zurückgekauft oder gepachtet werden. Und schließlich gab es eine Vielzahl von Landwirten aus Westdeutschland, Dänemark und Holland, die sich aufmachten, um im Osten völlig neu anzufangen. Sie hatten Kredite und manchmal gute Kontakte zur Treuhand.



Heute ist klar: Beim schwierigen Umwandlungsprozess hat es Unregelmäßigkeiten gegeben, auch Betrugsfälle. Dabei war nicht immer kriminelle Energie im Spiel. Oft führte schlicht die schiere Unkenntnis bei Vorständen, Beratern und Genossenschaftsbauern zu Fehlern. Vorgeschlagene Abfindungen wurden zum Teil blind abgenickt. Aber im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen ist der notwendige Umwandlungsprozess schneller und weniger bruchartig verlaufen Hinzu kommt ein in den ersten Jahren nach der Wende ganz wichtiger psychologischer Faktor: Viele Betriebe blieben in ostdeutscher Hand. Inzwischen sind die Schwierigkeiten der ersten Jahre weitgehend überwunden. Mit Fleiß, Durchhaltewillen und der notwendigen Struktur haben die LPG-Nachfolger genauso wie die Wieder- und Neueinrichter inzwischen beeindruckende Betriebe aufgebaut. Heute gibt es im Osten etwa 10 000 Einzelunternehmen und GbR im Haupterwerb, 1 000 Genossenschaften und 3 200 GmbH, KG oder AG. Mit jeweils über 21 % bewirtschaften die Einzelbetriebe, Genossenschaften und GmbH ähnlich große Flächenanteile.



In der top agrar-Ausgabe 10/2009 haben wir im großen Schwerpunkt "20 Jahre nach der Wende" zahlreiche Ostbetriebe besucht und mit Landwirten und Experten gesprochen, wie sie den Übergang gemeistert haben und wo die Betriebe heute stehen. Dr. Halvor Jochimsen, im Herbst 1989 Beratungschef der Kieler Landwirtschaftskammer und nach der Wende als Geschäftsführer am Aufbau der LMS Landwirtschaftsberatung Mecklenburg-Vorpommern beteiligt.




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