Wirtschaftswissenschaftler der Europäischen Kommission blicken wenig optimistisch auf die Arbeitsmarktlage in der Landwirtschaft. Der Chefökonom der Generaldirektion Landwirtschaft, Dr. Anastassios Haniotis, betonte im Europaparlament, der Strukturwandel lasse sich nicht aufhalten. Man dürfe deshalb nicht den naiven Eindruck erwecken, dass sich die Zahl der Landwirte irgendwann wieder erhöhen werde.
Stattdessen müsse man den Fokus darauf richten, die Schaffung mit dem Agrarsektor verbundener Jobs im ländlichen Raum zu erleichtern, beispielsweise im vor- und nachgelagerten Bereich, der Ernährungswirtschaft oder im Agrartourismus, betonte der Grieche. Der Internetzugang sei hier z.B. eine wichtige Maßnahme.
Jahr: Greening bringt nicht erwünschte Ergebnisse
Der Europaabgeordnete Dr. Peter Jahr (CDU) plädierte auf der Veranstaltung für eine Verschiebung eines Teils der Förderung als Agrarumweltmaßnahmen in die Zweite Säule. Auf diese Weise könnte man den allgemeinen Druck verringern, den EU-Agrarhaushalt weiter zu kürzen.
Jahr hält das Greening für wenig zielführend. „Aufgrund der sehr unterschiedlichen Bedingungen zeigt sich immer deutlicher, dass flächendeckende, einheitliche Greeningmaßnahmen nicht zu den gewünschten Ergebnissen wie der Erhöhung der Artenvielfalt führen“, so der EU-Parlamentarier. Bei vielen Landwirten sorge die Ökologisierung in ihrer jetzigen Form für Unmut.
Gleichzeitig räumte Jahr ein, dass jede weitere Agrarreform nur mit einer Mehrheit im Europaparlament durchgesetzt werden könne. Deshalb müsse man die Maßnahmen verständlich machen. Für viele Abgeordnete seien Direktzahlungen an Landwirte jedoch ein überholtes Konzept. Ferner bestünden in zahlreichen Mitgliedstaaten weiter schwer vermittelbare regionale Unterschiede zwischen den Beihilfeniveaus. Wenn man Gelder aus der Ersten Säule in die Zweite verschiebe, könne man Förderprogramme gemeinsam mit den Regionen aufbauen und so auch die gesellschaftliche Akzeptanz erhöhen.
Nicholson: Reformvorschläge undurchführbar
Der nordirische Konservative Jim Nicholson kritisierte den Verlauf der Agrarreform von 2013. Die Kommission solle sich künftig darauf konzentrieren, so einfache Vorschläge wie möglich zu machen. Gleichzeitig müsse das Parlament auf „törichte“ Änderungsanträge, die es den Landwirten noch schwerer machten, verzichten.
Nicholson bezeichnete die Reformvorschläge des ehemaligen EU-Agrarkommissars Dr. Dacian Cioloş als undurchführbar; sie trügen in weiten Teilen die Handschrift der Generaldirektion Umwelt. Landwirte müssten sich jetzt mit den Greening-Auflagen arrangieren, befürchteten aber Sanktionen. Daher sei die Unsicherheit groß. In Nordirland könnte deshalb weniger Ackerfläche bewirtschaftet werden.
Der Konservative begrüßte in diesem Zusammenhang Hogans Ankündigung, das Greening auf seine Praxistauglichkeit hin überprüfen zu wollen. Er stellte fest, dass die seit 1992 unternommenen GAP-Reformen unter dem Strich ein Erfolg gewesen seien, denn sie hätten die EU aus der Überproduktion geführt. Aber in jüngerer Zeit habe man das rechte Ziel aus den Augen verloren. Die Politik berücksichtige zu wenig die Machtverhältnisse in der Wertschöpfungskette und führe andererseits Freihandelsgespräche mit Staaten, die Nahrungsmittel mit geringeren Standards produzierten. Das passe mit den Auflagen, die EU-Landwirten gemacht würden, nicht zusammen.