Bei der Umsetzung des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 gibt es nach Einschätzung des Europäischen Rechnungshofs (EuRH) etliche Schwachstellen und Probleme, u.a. in der Verwaltung der Schutzgebiete wie auch bei der Finanzierung und der Überwachung.
Die derzeitige Verwaltung bzw. Umsetzung des europaweiten Netzes sei in Teilen „mangelhaft“, so der Rechnungshof in einem Bericht. Es fehlten verlässliche Informationen über die Kosten und die Finanzierung. Außerdem seien in den Bewirtschaftungsplänen nur selten vollständige Kostenschätzungen enthalten.
Den Mitgliedstaaten wirft der Rechnungshof vor, das Natura-2000-Netz nicht zufriedenstellend zu verwalten. Zudem habe kein spezifisches System von Leistungsindikatoren bestanden, dessen Daten Aufschluss darüber geben, ob die unterstützten Maßnahmen die erwarteten Ergebnisse und Auswirkungen in Bezug auf das Natura-2000-Netz erbrächten.
Die Überwachung der Maßnahmen auf Gebietsebene sei unzulänglich gewesen, moniert der Rechnungshof. Die Unterlagen zur Gebietsbewirtschaftung hätten häufig keine Überwachungspläne enthalten, und wenn doch entsprechende Pläne vorgelegen hätten, seien diese entweder nicht ausführlich genug gewesen oder hätten keine Zeitvorgaben umfasst.
Mittelzugang für Landwirte schwierig
Aus Sicht der EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) gibt es im Zusammenhang mit den Naturschutzmaßnahmen zu viel Bürokratie. Für COPA/COGECA-Generalsekretär Pekka Pesonen zeigt der EuRH-Sonderbericht außerdem, dass die betreffenden EU-Mittel für Landwirte nur schwer zugänglich sind.
Vom Natura-2000-Netz profitiere die gesamte Gesellschaft, und die wirtschaftlichen Vorteile würden auf bis zu 300 Mrd Euro aufgrund von mehr Tourismus, einer besseren Ressourceneffizienz und anderer positiver Effekte geschätzt. Dieser Nutzen fuße auf der guten Arbeit der Landwirte sowie der Grund- und Waldbesitzer, betonte Pesonen. Doch die finanziellen Verluste, die diese als Ergebnis der Maßnahmen erlitten, seien oft viel höher als die Entschädigung.
Der Generalsekretär der Organisation Europäischer Landbesitzer (ELO), Thierry de l‘Escaille, wies darauf hin, dass Land bereits viel von seinem Wert verliere, nur wenn es als Natura-2000-Gebiet eingestuft werde. Landwirte, Grundbesitzer und Waldbesitzer verfügten über ein großes Potential, um Natura 2000 funktionsfähig zu machen, aber dafür bräuchten sie die richtige Unterstützung, so de L‘Escaille.
Betroffene oft schlecht behandelt
Laut Darstellung der Generalsekretärin vom Zentralverband der Europäischen Waldbesitzer (CEPF), Emma Berglund, zeigt der Bericht des EuRH auch, dass die Naturschutzmaßnahmen längerfristig erfolgreicher wären, wenn es eine dauerhaftere Finanzierungsquelle gäbe, anstatt sich hier auf vier Jahre zu beschränken.
Landwirte, Landbesitzer und Waldbesitzer seien für die Kulturlandschaft verantwortlich und sollten für Naturschutzleistungen ausreichend belohnt werden. Die Entscheidungsträger müssten zudem Wege und einfachere Ansätze finden, um eine bessere Umsetzung der Maßnahmen für den Naturschutz zu gewährleisten, forderte Berglund.
Der Generalsekretär der Europäischen Föderation der Verbände für Jagd und Naturschutz (FACE), Ludwig Willnegger, verwies darauf, dass es im Rahmen von Natura 2000 viele Beispiele gebe, in denen Landwirte, Waldbesitzer und andere ländliche Stakeholder wie Jäger schlecht behandelt worden seien. Das Netzwerk sei häufig lokalen Gemeinschaften aufgezwungen worden. Es sei klar, so Willnegger, dass die Mitgliedstaaten mehr investieren müssten, um die Landnutzer dazu anzuregen, zur Qualität von Natura-2000-Standorten beizutragen.
Derweil bekräftigte der Naturschutzbund Deutschland (NABU) mit Hinweis auf den EuRH-Sonderbericht seine Forderung nach einer massiven Aufstockung der Mittel für den Naturschutz in der Zweiten Säule der EU-Agrarförderung.