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Ein Jahr Agrarminister Christian Schmidt - eine Bilanz

Genau vor einem Jahr ist Christian Schmidt (CSU) als Nachfolger von Hans-Peter Friedrich (CSU) Bundeslandwirtschaftsminister geworden. Schmidt gefällt es, zu konzipieren und Strategien zu entwickeln. Er will überzeugen und nicht bevormunden. Anderen Vorschriften zu machen, ist ihm eigentlich zuwider.

Lesezeit: 5 Minuten

Genau vor einem Jahr ist Christian Schmidt (CSU) als Nachfolger von Hans-Peter Friedrich (CSU) Bundeslandwirtschaftsminister geworden. Und obwohl sein Haus gerade den Verbraucherschutz an das Justizministerium abgegeben und damit dramatisch an Bedeutung verloren hatte, sagte Schmidt bei seinem ersten Presseauftritt: "Ich fühle mich hier irgendwie heimisch."


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Wie die Zeitung WELT heute dazu schreibt, ist der Franke vor allem durch seine Unauffälligkeit aufgefallen. Nur einmal sorgte er für bundesweite Aufmerksamkeit, als er mit einer Bemerkung zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen der EU und den USA provozierte. "Wir können nicht mehr jede Wurst und jeden Käse als Spezialität schützen", hatte Schmidt Anfang dieses Jahres gesagt und damit nicht nur TTIP-Gegnern eine Steilvorlage geliefert. Auch von der gesamten Lebensmittelbranche musste er sich den Vorwurf gefallen lassen, Deutschlands regionale Delikatessen dem freien Handel zu opfern. Ein schlimmer Fauxpas für den Minister, der rasch zurückruderte.


Richtig peinlich war kurze Zeit später sein Auftritt in der ZDF-Satiresendung "Heute Show". Er ließ sich ein Plakat in die Hand drücken, das er artig in die Kamera hielt. "Je suis Greußener Salami" war da zu lesen: "Ich bin Greußener Salami". Laut der WELT schien Schmidt in diesem Moment nicht einmal zu bemerken, was für eine Geschmacklosigkeit er gerade beging. Da fehlte ihm das Gespür, so die Zeitung.


Vermisst das Verteidigungsministerium


Umdenken habe Schmidt auch in seinem neuen Ministerium müssen. Er kam aus dem großen, klar strukturierten Verteidigungsministerium in das kleine Agrarministerium. Die neue Crew sei kurze Dienstwege gewohnt, jeder könne sich mit Vorschlägen einmischen, erklärt die WELT dazu. "Family Farming" nennen die Mitarbeiter diesen informellen Umgang miteinander. Für Schmidt eine fremde Welt. Er bemüht sich, Distanz zu schaffen und Gesprächsrunden möglichst klein zu halten. Die große Bühne liegt ihm nicht, weder im eigenen Haus – noch in der Öffentlichkeit.


Vor Beginn der Grünen Woche in Berlin habe es ihm regelrecht vor der "Massivität der Termine" gegraut, ist zu hören. Erst kurz vor Ende der Messe, als er die Gäste eines Empfangs in der Ausstellungshalle seines Ministeriums begrüßte, wirkte er geradezu erleichtert: Ja, es mache ihm wirklich Spaß.


Das zu glauben, fällt allerdings nach wie vor schwer, heißt es weiter. Lässt Schmidt doch immer wieder durchblicken, wie leidenschaftlich er sich für die Verteidigungspolitik interessiert. Fast verzweifelt habe da im Sommer sein Versuch gewirkt, sich in die Außenpolitik einzumischen. Um das russische Importverbot für Obst und Gemüse aus der Europäischen Union zu unterwandern und den heimischen Absatz zu fördern, appellierte er an die Verbraucher, mehr Äpfel zu essen. "One apple a day keeps Putin away", sagte er – und biss vor laufender Kamera in einen knackigen Apfel. Eine unvergessliche Szene. Aber ob es das ist, womit er als Minister in Erinnerung bleiben will, fragt die Zeitung?


Konzepte reichen nicht, er muss regieren!


Auf Schmidts Pflicht-Agenda steht unter anderem die Umsetzung der Düngemittelverordnung, was nicht gerade ein Thema ist, um sich zu profilieren. Noch nicht einmal als Manager eines Lebensmittelskandals konnte er sich unter Beweis stellen. So begnügte er sich bislang damit, einen "Kompetenz-Kreis" zu berufen, der das strittige Thema Tierwohl erörtert. Zusammen mit Dänemark und den Niederlanden hat er eine "Freundesgruppe Schweineexport" initiiert.


Schmidt gefällt es, zu konzipieren und Strategien zu entwickeln. Er will überzeugen und nicht bevormunden. Anderen Vorschriften zu machen, ist ihm eigentlich zuwider.


Anfang des kommenden Monats hat er zu einem Dialog eingeladen, um über TTIP und die Chancen für eine neue Partnerschaft mit den USA zu diskutieren. Aber ein Ministerium ist keine Denkfabrik. Es genügt nicht, Dinge anzustoßen. Zum Regieren gehört auch, Entscheidungen zu treffen. Andernfalls könnte sich die Frage stellen, wofür dieses Ministerium noch gebraucht wird, meint die WELT.


Greenpeace wirft Schmidt Stillstand vor


Zu wenig Initiative – diese Bilanz zieht Greenpeace nach einem Jahr mit Christian Schmidt (CSU) als Bundeslandwirtschaftsminister. „Aus Umweltsicht war das erste Amtsjahr ein verlorenes Jahr“, sagt Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. „Schmidt hat weder für Landwirte Perspektiven aus der Wachstumsfalle geliefert, noch für Nutztiere, Umwelt, Klima oder Verbraucher eine zukunftsfähige Politik entwickelt.“


So habe das Bundesagrarministerium die EU-Agrarreform nicht genutzt, um national mehr Geld für umweltschonende Landwirtschaft einzusetzen. Der ökologische Nutzen des Greenings sei gering und bedeutet hohen bürokratischen Aufwand, so Hofstetter weiter. Noch nie hätten Landwirte in Deutschland so viel Fleisch erzeugt wie im vergangenen Jahr. Doch statt aktiv die Tierhaltung zu begrenzen und bessere Haltungsbedingungen durchzusetzen, setze der Minister auf freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie.


Die Folgen sind aus Sicht der Umweltschützer steigende Nitratgehalte in Gewässern durch Überdüngung, hoher Antibiotikaeinsatz im Stall und Sojaimporte aus Lateinamerika als Futtermittel. Auf den Äckern sei der Pestizideinsatz hoch wie nie, eine wirksame Strategie für weniger Pestizide gebe es nicht. Auch vom Erreichen der 2007 von der Bundesregierung beschlossenen Ziele zu mehr Artenschutz sei Schmidt weit entfernt



Greenpeace kritisiert zudem, dass Schmidt eindeutig Position für die Freihandelsabkommen bezogen habe. Vorbeugenden Verbraucherschutz berücksichtige der Minister dabei nicht, ebenso wie die Wünsche der Verbraucher, besser über gentechnisch veränderte Futtermittel, Tierhaltung und Fleischherkunft informiert zu werden.

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