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Vorwurf staatl. Vertuschung: Fipronilskandal deutlich größer als bekannt

Der Skandal um Fipronil hat offenbar größere Ausmaße als bislang bekannt. Hohe Rückstände gab es auch in den Kategorien "Vollei getrocknet", "Likör mit Eierzusatz", "Eiersalat" und "Feine Backwaren", wie Behörden auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung jetzt eingeräumt haben.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Skandal um Fipronil hat offenbar größere Ausmaße als bislang bekannt. Hohe Rückstände gab es auch in den Kategorien "Vollei getrocknet", "Likör mit Eierzusatz", "Eiersalat" und "Feine Backwaren", wie Behörden auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung jetzt eingeräumt haben.


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Das Insektizid ist wahrscheinlich über verseuchte Eier in die Lebensmittelkette gelangt, die Bundesregierung spricht von mehr als 100 Funden in knapp 500 Proben. Experten werfen der Regierung jedoch vor, das wahre Ausmaß der Affäre zu verschleiern. Mit Messtricks und der laxen Auslegung von Vorschriften werde verhindert, dass die Lebensmittelindustrie in großem Stil zu Marktrücknahmen und Rückrufen verdonnert werde. Hinter den Kulissen soll Streit zwischen Bund, Ländern und EU-Kontrolleuren entbrannt sein, schrieb die Zeitung am Dienstag.


Besorgniserregende Menge


Bis Ende Oktober sollen fast 800 Proben ausgewertet sein. Dem Bundeslandwirtschaftsministerium liegen bereits jetzt 473 Analyseergebnisse vor. "Nach vorläufiger Auswertung wurden in 103 Proben Rückstände von Fipronil gefunden", teilt das Ministerium mit. Davon lagen 25 "über dem einschlägigen Rückstandshöchstgehalt".


Laut der Süddeutschen Zeitung bedeutet das, dass mehr als 20 % der getesteten Produkte auffällig waren. Davon wiederum lag jedes vierte über dem Grenzwert. Insider sprechen von "beachtlichen Zahlen" und einer besorgniserregenden Trefferquote.


Vertuschung vor der Bundestagswahl befohlen?


Die Zeitung fragt nun, warum die Behörden keine umfangreichen Rückrufe gestartet haben. Habe man dies den Herstellern nicht zumuten wollen? Von Behördenseite heißt es lediglich, dafür habe die Rechtsgrundlage gefehlt. Die Unternehmen hätten dadurch aber die Ware diskret in einem "stillen Rückruf" aus den Regalen nehmen können, prangert die Zeitung an. Kunden, die die Produkte bereits gekauft hatten, seien nicht informiert worden. Insider sehen darin den Versuch, kurz vor der Bundestagswahl die Öffentlichkeit nicht mit neuen Schreckensmeldungen zu konfrontieren.


Selbst in Überwachungsbehörden kritisiert man offen, dass das wahre Ausmaß des Skandals unter den Teppich gekehrt werden soll. Labore seien dazu angehalten worden, nicht so genau zu messen, wie es eigentlich nötig wäre.


Fipronilfall war für Linke Lebensmittelskandal mit Ansage


Für die Ernährungssprecherin der Linken, Karin Binder, legt das Ausmaß des Skandals gefährliche Schwächen im System der Lebensmittelüberwachung offen. „Für das Versagen ist Bundesminister Schmidt verantwortlich. Lebensmittelsicherheit ist in Deutschland quasi Geheimsache. Hersteller kontrollieren sich weitgehend selbst und müssen ihre Daten zu Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln nicht veröffentlichen. Die Rückverfolgung von Fipronil in der Lebensmittelkette ist nicht machbar, weil selbst den Behörden wichtige Informationen vorenthalten werden. Statt Aufklärung betreibt Schmidt seit Monaten Vertuschung“, so Binder.

 

Sie fordert einheitliche Standards für den Datenaustausch zur Lebensmittelsicherheit. Alle Daten müssten für alle behördlichen Akteure jederzeit zugänglich sein. Die wichtigsten Daten und alle behördlichen Kontrollergebnisse müssten darüber hinaus auch für die Bevölkerung unmittelbar zugänglich sein, um das Vertrauen in die Lebensmittel zu stärken und die Unternehmen zu verantwortungsvollem Handeln zu zwingen.

 

„Um ein Höchstmaß an Lebensmittelsicherheit zum gesundheitlichen Schutz der Verbraucher zu erreichen, müssen Personal-, Qualifikations- und Ausstattungsmängel bei den Überwachungsbehörden unverzüglich behoben und die Befugnisse der Lebensmittelkontrolleure gestärkt werden“, sagte sie am Dienstag. Die Linken fordern, die Lebensmittelüberwachung für überregional arbeitende Lebensmittelunternehmen und grenzüberschreitende Lieferketten beim Bund zu konzentrieren. Es müsse endlich eine verpfl ichtende , national einheitliche Datenbank für alle relevanten Daten zur Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln eingerichtet werden.


Meyer fordert Null-Toleranz


Auch Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer wirft dem Bund ganz offen Vertuschung vor. "Bei Fipronil muss auch für verarbeitete Produkte die Maxime gelten: Null Toleranz. Das wäre ein deutliches Signal an die Panscher", sagte der Grünen-Politiker. "Aber Bundesagrarminister Schmidt verwässert ein solches striktes Vorgehen durch zu hohe erlaubte Rückstandswerte, um möglichst wenig zurückzurufen." Niedersachsen spreche sich für die schärferen Grenzen aus, die in Teilen der EU verfolgt werden, sagt Meyer. Es sei nicht auszuschließen, dass spezialisierte Labors auch im Routinebetrieb noch geringere Konzentrationen nachweisen können, räumt das Bundeslandwirtschaftsministerium ein.


Verbraucherschützer fordern daher ein härteres Vorgehen: "Fipronil hat auch in verarbeiteten Produkten nichts zu suchen. Rückrufe wären dringend notwendig", meint Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale-Bundesverbands. "Das Krisenmanagement der Behörden beim Fipronil-Skandal hatte deutliche Mängel."

 

BMEL bleibt dabei: Das ist Ländersache!


Das Bundesagrarministerium konterte daraufhin mit der bereits bekannten Klarstellung, dass die Lebensmittelüberwachung nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung (Artikel 30, 83 GG) auch in einem Ereignisfall Aufgabe der Länder sei.


Es liege allein in der Zuständigkeit der Länder zu entscheiden, welche analytischen Methoden in der Lebensmittelüberwachung eingesetzt werden. Um Rechtsverstöße ahnden zu können, müssten die verwendeten Verfahren so leistungsfähig sein, dass der gesetzlich festgelegte Rückstandshöchstgehalt für das jeweilige Lebensmittel bestimmt werden kann.


Es sei zudem Aufgabe der zuständigen Überwachungsbehörden in den Bundesländern, die Öffentlichkeit in eigener Zuständigkeit über Erkenntnisse aus ihrer Überwachungstätigkeit zu informieren, wenn dies erforderlich erscheint, heißt es aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium.

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