Flächen für Naturschutzausgleich endlich ehrlich ausweisen!
Wir sprachen mit Prof Dr. Albrecht Mährlein von der FH Kiel: Das Bundesamt für Statistik weist derzeit einen Flächenverbrauch von rund 70 ha täglich aus. Sie finden diese Zahl aus landwirtschaftlicher Sicht nicht ehrlich. Warum?
Wir sprachen mit Prof Dr. Albrecht Mährlein von der FH Kiel:
Das Bundesamt für Statistik weist derzeit einen Flächenverbrauch von rund 70 ha täglich aus. Sie finden diese Zahl aus landwirtschaftlicher Sicht nicht ehrlich. Warum?
Mährlein: Sie ignoriert den Flächenverlust, den Landwirte zusätzlich zu den Bau- und Infrastrukturflächen durch die vorgegebenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Kompensationsflächen) erleiden.
Was ist dabei besonders kritisch?
Mährlein: Die Fläche der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen übersteigt die für Bebauung und Infrastruktur benötigte Fläche nicht selten um ein Vielfaches. Rund ein Drittel der Kompensationsflächen geht der Landwirtschaft ganz verloren, da sie zu Biotopfläche oder aufgeforstet wird. Zwei Drittel werden meist als Dauergrünland nur sehr extensiv genutzt. Das verschärft die Flächenknappheit und erhöht den Preisdruck auf dem Bodenmarkt.
Gibt es Informationen darüber, wie viel Flächen in Deutschland der Naturschutzausgleich jährlich verbraucht?
Mährlein:Das ist das Problem: Es gibt keine statistischen Informationen, welchen Umfang die Kompensationsflächen inzwischen erreicht haben.
Wo erscheinen die Ausgleichsflächen derzeit in der Statistik?
Mährlein: Kompensationsflächen zählen trotz extremer Extensivierung weiterhin als landwirtschaftliche Nutzflächen und treten als Flächenverbrauch nicht auf. Das gilt übrigens auch für alle sonstigen Naturschutzflächen.
Wie könnte eine faire Lösung Ihrer Meinung nach aussehen?
Mährlein:Es fehlt eine zentrale Zuständigkeit für die Erfassung der Flächen. So viel ich weiß, haben gut sortierte Gemeinden, Städte und Landkreise die notwendigen Verzeichnisse. Erste Recherchen lassen beachtliche Größenordnungen erahnen. Der hohe Flächendruck für die Landwirte, aber auch das gesetzliche Gebot, mit Boden sparsam umzugehen, sollte die Politik endlich veranlassen, eine gesetzliche Regelung zur vollständigen Erfassung von Kompensationsflächen zu schaffen.
Dieses Interview stammt aus der aktuellen top agrar-Ausgabe 12/2017
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Wir sprachen mit Prof Dr. Albrecht Mährlein von der FH Kiel:
Das Bundesamt für Statistik weist derzeit einen Flächenverbrauch von rund 70 ha täglich aus. Sie finden diese Zahl aus landwirtschaftlicher Sicht nicht ehrlich. Warum?
Mährlein: Sie ignoriert den Flächenverlust, den Landwirte zusätzlich zu den Bau- und Infrastrukturflächen durch die vorgegebenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Kompensationsflächen) erleiden.
Was ist dabei besonders kritisch?
Mährlein: Die Fläche der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen übersteigt die für Bebauung und Infrastruktur benötigte Fläche nicht selten um ein Vielfaches. Rund ein Drittel der Kompensationsflächen geht der Landwirtschaft ganz verloren, da sie zu Biotopfläche oder aufgeforstet wird. Zwei Drittel werden meist als Dauergrünland nur sehr extensiv genutzt. Das verschärft die Flächenknappheit und erhöht den Preisdruck auf dem Bodenmarkt.
Gibt es Informationen darüber, wie viel Flächen in Deutschland der Naturschutzausgleich jährlich verbraucht?
Mährlein:Das ist das Problem: Es gibt keine statistischen Informationen, welchen Umfang die Kompensationsflächen inzwischen erreicht haben.
Wo erscheinen die Ausgleichsflächen derzeit in der Statistik?
Mährlein: Kompensationsflächen zählen trotz extremer Extensivierung weiterhin als landwirtschaftliche Nutzflächen und treten als Flächenverbrauch nicht auf. Das gilt übrigens auch für alle sonstigen Naturschutzflächen.
Wie könnte eine faire Lösung Ihrer Meinung nach aussehen?
Mährlein:Es fehlt eine zentrale Zuständigkeit für die Erfassung der Flächen. So viel ich weiß, haben gut sortierte Gemeinden, Städte und Landkreise die notwendigen Verzeichnisse. Erste Recherchen lassen beachtliche Größenordnungen erahnen. Der hohe Flächendruck für die Landwirte, aber auch das gesetzliche Gebot, mit Boden sparsam umzugehen, sollte die Politik endlich veranlassen, eine gesetzliche Regelung zur vollständigen Erfassung von Kompensationsflächen zu schaffen.
Dieses Interview stammt aus der aktuellen top agrar-Ausgabe 12/2017