Der Agrarökonom Folkhard Isermeyer hält die Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) derzeit für ungeeignet, die Herausforderungen der Landwirtschaft zu lösen. Von der nächsten GAP-Reform im Jahr 2020 erwartet er dennoch kaum Veränderungen. Er plädiert stattdessen für nationale Strategien.

Der Präsident des Thünen-Instituts (TI), Prof. Folkhard Isermeyer, erwartet von der EU-Agrarreform im Jahr 2020 wenige Veränderungen. „Im Kern wird alles beim Alten bleiben“; sagte Isermeyer Anfang der Woche bei einem agrarpolitischen Symposium in der Böll-Stiftung in Berlin. Die begrünten Direktzahlungen würden auch nach 2020 das Rückgrat der GAP bilden, prognostizierte Isermeyer. Zu erwarten sei, dass die Greening Bestimmungen etwas schärfer gefasst würden und die Zahlungen etwas stärker zugunsten kleiner Betreibe umverteilt würden. Auch sei möglich, dass dies in eine „schicke neue Reform-Optik“ gefasst würde, die aus mehr als zwei Säulen bestehen könnte, so Isermeyer weiter.

EU-Regierungschefs sorgen sich um anderes als Agrarpolitik

Als Grund für diese Erwartungen nennt Isermeyer, dass die EU-Regierungschefs im Lichte der vielen europäischen Krisen derzeit wohl kein Interesse daran hätten, „bei der EU-Agrarpolitik noch eine weitere Großbaustelle zu eröffnen“. Außerdem würden es die niedrigen Agrarpreise erschweren, dass System zu Lasten der einkommensstützenden pauschalen Direktzahlungen umzubauen.

Plädoyer für zielgerichtete Agrarpolitik

Dennoch werde aus seiner Sicht ein „Weiter so“ die Herausforderungen, vor der die Landwirtschaft steht, nicht lösen. Die GAP gebe nur Geld aus, habe aber keine Ziele, lautet Isermeyers These. „Eine Agrarpolitik, die in erster Linie auf begrünte Flächenprämien setzt, bleibt verteilungspolitisch fragwürdig, und sie kann wichtige agrar- und umweltpolitische Ziele wie zum Beispiel Tierschutz, Klimaschutz und ländliche Entwicklung grundsätzlich nicht erreichen“, sagte er.

EU-Agrarpolitik sollen nur noch als Finanztopf fungieren

Als Alternative stellte Isermeyer die Umwandlung des EU-Agrarhaushaltes in einen Finanztopf für nationale agrarpolitische Strategien in den Raum. Aus seiner Sicht müsste neu ausgewogen werden, welches agrarpolitische Thema auf welcher Ebene gelöst werden sollte. So könne die ländliche Entwicklung am besten auf regionaler Ebene, der Tierschutz auf nationaler und der Klimaschutz auf EU-Ebene behandelt werden.

Bundesregierung soll Strategien samt Finanzierung aufstellen

Von der Bundesregierung forderte Isermeyer, dass diese formuliert, in welche Richtung sich etwa die Tierhaltung, der Nährstoffeinsatz und der Klimaschutz in den nächsten 15 bis 20 Jahren entwickeln soll. Dazu müssten Strategien aufgestellt werden, die auch konkrete Angaben hinsichtlich der Finanzierung dieser Ziele machen, plädierte Isermeyer. Als Finanzquellen kommen laut Isermeyer neben den EU-Agrarmitteln, Verbraucherausgaben, zusätzliche Steuermittel oder beim Klimaschutz auch der Emissionszertifikatehandel in Betracht.