Getroffene Absprachen über Preise und Mengen zwischen landwirtschaftlichen Erzeugerorganisationen (EO) beziehungsweise Vereinigungen von Erzeugerorganisationen (VEO) können nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ein Kartell im Sinne des Wettbewerbsrechts darstellen.
Sollten diese Absprachen allerdings innerhalb ein und derselben EO beziehungsweise VEO getroffen werden, können sie zulässig sein, wenn sie den Zielen dienen, mit denen diese Organisationen betraut sind, so die Richter in jetzt getroffenen Entscheidung zu dieser Thematik.
Der EuGH verwies darauf, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) laut Unionsrecht Vorrang vor den Zielen des Wettbewerbsrechts habe. Deshalb könnten bestimmte Verhaltensweisen, die eigentlich als wettbewerbswidrig einzustufen seien, ohne weiteres vom Wettbewerbsrecht ausgeschlossen werden. Dies gelte den Richtern zufolge speziell für den Sektor Obst und Gemüse.
Hierzu zählen sie beispielsweise die Sicherstellung einer planvollen und nachfragegerechten Erzeugung, die Bündelung des Angebots und die Vermarktung der Erzeugung sowie die Optimierung der Produktionskosten und die Stabilisierung der Erzeugerpreise.
Agrarmärkte jedoch kein wettbewerbsfreier Raum
Die Luxemburger Richter stellen jedoch auch klar, dass die gemeinsamen Organisationen der Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse keinen wettbewerbsfreien Raum darstellten. Laut EuGH heiße dies, dass Verhaltensweisen einer Gruppierung, die nicht von einem Mitgliedstaat anerkannt sind, um eines der den EO beziehungsweise VEO zugewiesenen Ziele zu verfolgen, dem Kartellverbot nicht entzogen sein können. So seien nur solche Organisationen, die von den Mitgliedstaaten ordnungsgemäß anerkannt worden seien, befugt, die Ziele der Gemeinsamen Organisation (GMO) zu verwirklichen.
Im aktuellen Fall hatten französische Wettbewerbsbehörden im Jahr 2012 im Bereich der Erzeugung und Vermarktung von Chicorée aus ihrer Sicht kartellrechtswidrige Aktivitäten zwischen Erzeugerorganisationen aufgedeckt. Gegen die Beteiligten war eine Geldbuße in Höhe von rund 4 Mio Euro festgesetzt worden. Die Betroffenen hatten dies jedoch angefochten und argumentiert, es sei ihre Aufgabe, eine nachfragegerechte Erzeugung sicherzustellen und dafür die Erzeugerpreise zu regulieren. Der mit der Sache befasste Cour de Cassation hatte den EuGH um Klarstellung ersucht.