Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

News

Kommentar: Ein klares Urteil und die Folgen

Ein Kommentar von Anselm Richard vom Landwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen-Lippe "So schnell kann‘s gehen: Das Bundesverfassungsgericht spricht ein Urteil, und von einem Tag auf den anderen ist die Existenzgrundlage weg. Die Rede ist von der Finanzierung für den Absatzfonds der Deutschen Land- und Ernährungswirtschaft.

Lesezeit: 4 Minuten

Ein Kommentar von Anselm Richard vom Landwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen-Lippe


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

"So schnell kann‘s gehen: Das Bundesverfassungsgericht spricht ein Urteil, und von einem Tag auf den anderen ist die Existenzgrundlage weg. Die Rede ist von der Finanzierung für den Absatzfonds der Deutschen Land- und Ernährungswirtschaft. Bauern kennen die Abgabe als CMA-Beitrag: Beispielsweise waren bislang 51 Cent für jedes Schlachtschwein fällig, um den Absatzfonds mit Geld zu versorgen. Wer als Landwirt 1 000 Schweine im Jahr mästete, war also mit 510 Euro dabei. Doch damit ist jetzt Schluss. "Nichtig" seien diese Vorschriften im Absatzfondsgesetz, befanden die Karlsruher Richter, und beförderten die Zwangsabgabe damit auf den Müllhaufen der Geschichte. Zwar ist die Arbeit des Absatzfonds nicht inhaltlich beanstandet worden, sondern lediglich ihre Finanzierung. Im Endeffekt steht aber doch seine Zukunft insgesamt auf dem Spiel. Die Reaktionen auf das Urteil fallen ganz unterschiedlich aus: Während Bauernverband, Raiffeisenverband und Bundesregierung Bedauern oder Unverständnis äußerten, zeigten andere Gruppierungen unverhohlen Genugtuung, zum Teil gemischt mit Schadenfreude oder Häme. Viele Bauern sind tatsächlich froh, die Abgabe nicht mehr zahlen zu müssen, weil sie deren Sinn nie eingesehen haben und sich geschröpft fühlten. Jeder gesparte Euro tut dem Bauern gut. Es lohnt sich aber trotzdem, die Aufgaben der Absatzfonds-Gesellschaften einmal näher unter die Lupe zu nehmen:



1. Die CMA \- Centrale Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft \- soll mittels Werbemaßnahmen und sonstigen Verkaufsförderungsaktionen im In- und Ausland den Absatz deutscher Agrarerzeugnisse fördern. Wie sie das gemacht hat, ist bekannt: Nahezu jeder Bundesbürger kennt den Werbespruch "Die Milch macht‘s" oder das Sponsoring der samstäglichen Sportschau. Weit weniger bekannt ist die Arbeit der CMA im Ausland. Hier ging es im Wesentlichen darum, mit gezielter Marktforschung oder gemeinsamen Messeauftritten und anderen Aktivitäten "Türöffner" für die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft zu sein. Gerade da, wo es für einzelne Unternehmen nicht lohnte oder unerschwinglich war, sich zu engagieren. Dafür und auch für regionale Projekte wurden nach CMA-Geschäftsführer Markus Kraus 80 % des Etats verwendet. Nur 20 % gehen in die Werbung. Das Urteil "Den ganzen Quatsch brauchen wir nicht!" über die Arbeit der CMA sollte nicht zu schnell gefällt werden. Die Notwendigkeit von Absatzförderung an sich stellen nicht einmal die schärfsten Kritiker des Absatzfonds in Abrede. Berechtigt ist aber natürlich die Frage, wer dies zu organisieren und zu finanzieren hat. Vieles spricht dafür, dass die Lebensmittel produzierenden Unternehmen dies unmittelbar tun sollten, ohne dabei auf die Bauern als Geldgeber zurückzugreifen. Die haben den Nutzen gar nicht oder nicht direkt gespürt und sind deshalb auch kaum bereit, freiwillig Geld dafür zu opfern. Es bleibt abzuwarten, wie groß der Gemeinsinn in der Ernährungswirtschaft ist. Fest steht, dass die großen "Spieler" auf Hilfe von außen nicht angewiesen sind. Die kleineren aber tun sich schwer, wenn die gro-ßen nicht mitmachen.



2. In Vergessenheit geraten ist bei vielen Kommentatoren die ZMP \- Zentrale Markt- und Preisberichtstelle. Sie sorgt mit Preisnotierungen und Analysen für die Markttransparenz, auf die Landwirte nicht verzichten können. Ein Großteil der in den Fachmedien verbreiteten Marktinformationen stammt direkt oder indirekt aus ZMP-Quellen. Das Budget dieser Gesellschaft, 2008 knappe 10 Mio. Euro, ist deutlich kleiner als das der CMA. Trotzdem wäre die Erwartung blauäugig, dass die ZMP auch künftig wie bisher finanziert werden kann. Nein, dieser Zug ist endgültig abgefahren, wie der Richterspruch aus Karlsruhe deutlich macht. Da gibt es keinen Spielraum. Wem nutzt Markttransparenz im Bereich Agrarprodukte und Lebensmittel? Ganz einfach: Landwirten und Verbrauchern. Ist es da nicht sinnvoll, dieses Tätigkeitsfeld, das mit Absatzförderung gar nichts zu tun hat, gänzlich in staatliche Obhut zu geben? Denkbar wäre eine Ansiedlung der ZMP beispielsweise als verlängerter Arm des Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministeriums. Durch den quasi behördlichen Status würde obendrein die Neutralität der Marktbeobachter betont. Alternativ könnten die Landwirtschaftskammern oder -ämter einen Teil der Marktberichterstattung übernehmen. Aber auch das müsste bezahlt werden.


Fazit


Keine Frage: Jede Institution, die sich nicht aus sich selbst heraus finanziert, muss sich kritisch durchleuchten lassen. Das ändert aber nichts daran, dass Absatzförderung und Markttransparenz vom Gesetzgeber als Ziele vorgegeben wurden. Nach der Urteilsverkündung trat schnell zutage, dass "der Absatzfonds" auf diesen Richterspruch nicht wirklich vorbereitet war. Die "Nichtigkeit" der Zwangsbeiträge stand offenbar nicht ernsthaft zur Debatte; es gab keinen Plan B für den jetzt eingetretenen Fall. Dieses Versäumnis ist heute schwer zu erklären. Umso mehr ist es jetzt an der Zeit, juristisch sichere und vernünftige Regelungen für das zu finden, was im Sinne der Landwirtschaft unbedingt erhalten bleiben muss. Markttransparenz jedenfalls ist unverzichtbar, Absatzförderung zumindest sinnvoll."

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.