Ohne eine schnelle und deutlich veränderte Haltung der amerikanischen Regierung müssen die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten für eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) auf Eis und in die Zeit nach der Präsidentschaft von Barack Obama gelegt werden. Diese Forderung hat der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange im Gespräch mit AGRA-EUROPE erhoben.
Der Niedersachse ist Vorsitzender des Ausschusses für Internationalen Handel im Europaparlament und dessen TTIP-Berichterstatter. Lange ist nach eigenen Angaben zuletzt zunehmend skeptisch geworden, ob es, wie von Präsident Obama und Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel jüngst gefordert, noch in diesem Jahr zu einem erfolgreichen Abschluss der Gespräche kommt.
Der SPD-Politiker betonte, die Interessen der europäischen Agrar- und Lebensmittelwirtschaft spielten immer eine wichtige Rolle, wenn die EU-Kommission in der Handelspolitik mit Ländern oder Staatenbündnissen über die künftigen Rahmenbedingungen für den Waren- und Dienstleistungsverkehr verhandle. Dies gelte nicht nur für TTIP, sondern auch für die Verhandlungen mit dem südamerikanischen Handelsblock Mercosur, mit Japan sowie für die Gespräche bei der Welthandelsorganisation (WTO).
Bei all den Verhandlungen gehe es zunächst um faire Wettbewerbsbedingungen, so Lange. Insofern sei die 2015 bei der WTO-Ministerkonferenz in Nairobi getroffene Vereinbarung, die Exportsubventionen abzuschaffen, die Dauer von Ausfuhrkrediten zeitlich zu begrenzen und Nahrungsmittelhilfen zum Abbau von Agrarüberschüssen einzuschränken, ein wichtiger Schritt gewesen. Daneben spielten Zölle und nichttarifäre Handelsbarrieren eine große Rolle.
Der Handelsausschussvorsitzende sprach sich dafür aus, dass weniger entwickelte Länder in einem „asymmetrischen“ Abkommen die Möglichkeit behalten, ihre Agrar- und Lebensmittelproduktion unter transparenten Schutzbedingungen fortzuentwickeln.
Nicht gleich Sturm laufen
Lange stuft die europäische Agrar- und Lebensmittelproduktion als „sehr produktiv und qualitativ hochwertig“ ein, was auch die Exportzahlen zeigten. „Marktzugang in große Märkte wie die USA oder Japan unter fairen Bedingungen kann hier weiteres Wachstum bringen“, erklärte der SPD-Politiker. Allerdings müssten die Produzenten auch die Risiken einkalkulieren, die sich aus einer starken Exportorientierung ergäben, was gerade jetzt an der Milchwirtschaft zu sehen sei. Wer exportieren wolle, müsse auch bereit zu Importen sein, gab Lange außerdem zu bedenken. In dem Zusammenhang appellierte er an die europäische Agrarlobby, gegen mengenmäßig begrenzte Importe von Qualitätsfleisch aus Amerika nicht gleich Sturm zu laufen.